2024-06-14T06:55:53.576Z

Interview
Ritchie Böcker ist der sichere Rückhalt bei BW Spandau.
Ritchie Böcker ist der sichere Rückhalt bei BW Spandau. – Foto: Olaf Kapell

"Ich hasse Gegentore, will am liebsten alle Spiele zu null gewinnen"

Ritchie Böcker von BW Spandau spricht über seine möglicherweise beste Phase als Torhüter, den erfolgreichen Auftakt in 2022 und seine Erste-Hilfe-Maßnahme aus der Hinrunde

Ein Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/ - regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Ritchie Böcker, #467

Ritchie, der Auftakt in 2022 ist gemacht. Mit 6:2 war dieser auch recht erfolgreich. Zufrieden mit dem ersten Spiel?
Ja, ich bin sehr zufrieden. Das war unser letztes Hinrundenspiel und mir war es sehr wichtig, dieses zu gewinnen, damit die Serie, ungeschlagen in der Hinrunde, bestehen bleibt. So können wir jetzt fokussiert in die Rückrunde starten. Wichtig war es auch, nach dieser langen Pause und doch kurzen Vorbereitung, so zu beginnen.

Wie ist es als Torhüter, ärgert man sich trotzdem über die beiden Gegentreffer?
Ja, das definitiv. Ich hasse Gegentore, will am liebsten alle Spiele zu null gewinnen. Besonders schlimm sind Gegentore, die unnötig sind, oder wo man im Nachhinein denkt, hättest du da mal anders reagiert. Das heißt für das nächste Spiel wieder einen draufsetzen. Und was gibt es Besseres, als die wenigsten Gegentore in der Liga zu haben.

Das will ich wohl meinen, zudem haben es schon sechs Spiele ohne Gegentreffer. Reden wir hier auch von deiner persönlich besten Phase?
Ich würde sagen ja. In der Jugend gab es glaube ich eine ähnliche Phase, aber so wie es jetzt ist, war es im Männerbereich eher selten. Ich habe auch viel dafür getan, habe Beginn 2019 meinen Lebensstil etwas verändert und konnte 30 kg abnehmen. Dadurch ist man natürlich viel mobiler und fitter. Zudem muss ich sagen, seit dem ich Kontaktlinsen trage (seit Beginn dieser Saison) sehe ich auch endlich mehr. Das habe ich echt unterschätzt. Aber dank dem Trainer und dem Vorstand, die mich darauf hingewiesen haben, ist das auch deutlich besser. Trotzdem gibt es Sachen, die ich verbessern will und alles dafür gebe.

Hätte eine Laufbahn mit höher spielenden Vereinen dabei herausspringen können, wenn diese Änderungen schon vorher vorgenommen worden wären? Was gab den Ausschlag dafür?
Damals hatte ich ja schon das ein oder andere Mal abgespeckt. Besonders als ich mal eine kurze Zeit lang bei Falkensee Finkenkrug gespielt habe. Leider nur als Ersatzmann, dafür konnte ich in der Zweiten (Landesklasse West) aushelfen. Da war ich schon auf einem guten Weg, war aber in der Ernährung viel zu undiszipliniert. Es kam einmal ein einschneidendes Erlebnis, als ich beim Schuhe binden nicht mehr wirklich heruntergekommen bin. Der Bauch war einfach in weg. Ich war sehr unzufrieden mit mir und sehr unausgeglichen. Ab da sagte ich mir: so nicht! Ab da musste sich was ändern. Ansonsten denke ich darüber wenig nach. Bestimmt hätte es funktionieren können. Aber hätte, hätte Fahrradkette. Jetzt spiele ich mit einem geilen Team zusammen und das macht unglaublich viel Spaß, und wer weiß, vielleicht kommt ja irgendwann nochmal ein Angebot. Ich bin erst 30 und die guten Jahre beginnen erst. Ob ich es dann nochmal wage, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Je nachdem was die Zukunft so bringt. Ich bin bei Blau Weiß Spandau glücklich und der momentane Erfolg spricht für sich.

Wohin sollt der momentane Erfolg die Mannschaft denn führen - kann man den Aufstieg schon einplanen und ist in der Bezirksliga dann „Ende der Reise“?
Wir wollen natürlich die Serie so lange wie möglich aufrechterhalten und spielen natürlich für den Aufstieg. Aber die Rückrunde beginnt erst. Wichtig ist es jetzt, konstant weiterzuspielen. Was nächste Saison ist, werden wir sehen. Jeder Aufstieg ist natürlich schön, auch in die Landesliga. Aber soweit denke ich nicht. Denke lieber von Spiel zu Spiel.

Worin besteht die Herausforderung, die Serie fortzusetzen und welche Mannschaften könnten euch „gefährlich“ werden?
Die Herausforderungen besteht darin, den Fokus und die Konzentration hochzuhalten. Zudem dürfen wir uns nicht auf dem Erfolg ausruhen, sondern müssen uns in den Trainingseinheiten sowie im Spiel voll reinhängen, sodass wir nicht nachlässig werden. Gefährlich kann jede Mannschaft für uns werden. Einmal nicht richtig fokussiert und es kann alles passieren.

Fokussiert muss man auch sein, wenn auf dem Feld einem Spieler mal etwas zustößt. In der Hinrunde gab es so einen Fall. Gegen die Kickers 1900 hast du dabei schnell reagiert. Kannst du die Sache mal aus deinen Augen schildern?
Als die Situation entstand, war es in meinen Augen nichts Schlimmes. Ein normaler Zweikampf, wo der Spieler rückblickend betrachtet ganz blöd auf seinem Arm gelandet sein muss. Er stand auf und spielte weiter, um kurze Zeit später zusammenzubrechen. Das Spiel wurde unterbrochen und plötzlich wurde mein Name gerufen. Ich bin natürlich sofort hin und habe versucht zu schauen was los war. Der Spieler lag gekrümmt am Boden und hatte starke Schmerzen. Ich tastete den Bereich vorsichtig ab, um zu schauen, von wo der Schmerz kommen könnte. Es war auf der rechten Seite auf Höhe der Rippen/Niere. Ich sprach mit dem gegnerischen Trainer und meinte, man solle doch einen Krankenwagen rufen, da er doch sehr schlecht Luft bekam. Der Spieler wurde von Mona, der guten Seele des Vereinsheimes, zugedeckt, um warm gehalten zu werden. Als Physiotherapeut darf ich keine Diagnosen stellen, deshalb äußerte ich den Verdacht einer Rippenprellung oder eines Bruches. Plötzlich kam der Rettungshubschrauber und uns wurde erzählt, dass er mit Verdacht auf einer inneren Blutung oder Nierenverletzung schnell ins Krankenhaus muss. Da war ich auch etwas erschrocken. Das Spiel wurde natürlich nicht weiter fortgeführt. Am Ende waren wir sehr froh, als es hieß, dass der Spieler doch nicht so stark verletzt gewesen ist. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, Menschen in Not zu helfen.

Vom BFV wurdest du kurze Zeit später gleich ausgezeichnet. Eine Ehre für dich?
Ja, das war ein sehr besonderer Moment für Mona und mich. Ich habe mich sehr darüber gefreut, hatte sowas aber nicht erwartet.

Wie kann man sich generell deine Tätigkeit als Physiotherapeut neben der als Torhüter vorstellen - musst du nach den Spielen noch „Behandlungen“ und Massagen durchführen?
Ich biete meinen Mitspielern vor jedem Training Behandlungen an. Wenn sie auch vor dem Spiel Hilfe benötigen, werden sie auch behandelt. Da ich mich aber nebenbei auch noch auf das Spiel vorbereiten und konzentrieren muss, bekomme ich dabei noch Hilfe von meiner Frau und unsere Betreuerin Isabelle (beruflich Ergotherapeutin). Nach den Spielen werden eher weniger Behandlungen durchgeführt, dafür sind dann die Trainingstage da.

Zurück zum sportlichen. Warum habt ihr in dieser Saison so einen Lauf. Was sind die ausschlaggebenden Punkte für die starke Hinrunde?
Ich denke, wir haben eine gewisse Zeit gebraucht, um uns zu finden. Natürlich kannte sich der große Teil schon, es gab aber auch einige Neue. Zudem hatten wir häufig Probleme mit Ausfällen aufgrund von Arbeit, Fernstudium, etc. Leider war damals auch die Trainingsbeteiligung eher semi-optimal. Das konnten wir alles verbessern und zudem weitere gute Spieler für unser Team gewinnen. Wir sind jetzt auf fast jeder Position doppelt bis dreifach besetzt, können wechseln ohne Qualitätsverlust. Was gibt es Besseres?

Gibt es noch etwas, dass du abschließend loswerden möchtest?
Ich möchte mich gerne bei unseren Fans bedanken (Philipp und Mike besonders), die uns wirklich jedes Spiel unterstützen und auch schon eine kleine Choreo für uns vorbereitet haben. Das ist in der Liga nicht selbstverständlich.

Aufrufe: 029.1.2022, 18:30 Uhr
Marcel PetersAutor