2024-05-14T11:23:26.213Z

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Wolfgang Hammer
Wolfgang Hammer – Foto: TSG

Hammer: "Spaß hatte ich eigentlich überall"

Heidesheims Trainer Wolfgang Hammer über bisherige Stationen und sein Karriere-Ende im Sommer

MAINZ-BINGEN. Nach mehr als 40 Jahren als Coach im Amateurfußball sieht Trainerlegende Wolfgang Hammer die Zeit gekommen, um in den „Ruhestand“ zu treten. Wir sprachen mit dem 73 Jahre alten Wackernheimer, der noch bis Rundenende die TSG Heidesheim in der B-Klasse West I trainiert.

Herr Hammer, in Heidesheim haben Sie Ihre Zeit als Fußballer begonnen – und hier werden Sie ihre Karriere nun als Trainer beenden. Da schließt sich ein Kreis.

Ja, das kann man so sagen.

Sie haben sich geschworen, bis zum Ende mit hundertprozentigem Engagement alles zu geben. Wollen Sie es denn nicht lieber gemütlich ausklingen lassen – zumal der Aufstieg doch wohl eher nicht mehr machbar ist?

Das passt nicht zu meiner Einstellung. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, für Verein und Spieler im Rahmen meiner Möglichkeiten bis zum letzten Tag alles zu geben. Die Aufstiegsrunde muss erst einmal gespielt werden. Die Chance, hier noch eine entscheidende Rolle spielen zu können, ist zwar gering, aber nicht unmöglich. Hier würde ein gemütliches Ausklingen einer Wettbewerbsverzerrung gleichkommen, was unsportlich und nicht akzeptabel wäre.

Sie haben Ihre Jungs kürzlich als „Supertruppe“ bezeichnet. Wie haben Sie das gemeint – Sie haben ja schon qualitativ deutlich stärkere Teams trainiert?

Die Jungs sind sehr engagiert, lernbereit und charakterlich einwandfrei. Die sportliche Qualität betreffend haben Sie sicher Recht, aber das war nicht das Kriterium für diese Aussage. Die Bezeichnung Supertruppe könnte ich übrigens fast allen Spielern zuordnen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte.

Haben Sie noch alle Ihre Stationen im Kopf – und wo hat es Ihnen am meisten Spaß gemacht?

Spaß hatte ich eigentlich überall, weil jede Station Erfahrungen mit sich gebracht hat, auf die ich nicht verzichten möchte. Meine Stationen als Spieler waren TSG Heidesheim, SVW Mainz, Spvgg. Ingelheim und TSV Wackernheim. Als Trainer war ich für FSV Nieder-Olm, 1817 Mainz, Spvgg. Eltville, SV Guntersblum, Spvgg. Ingelheim, Fontana Finthen, FSV Winkel, TSV Zornheim, TSV Wackernheim, TSG Heidesheim und VfL Frei-Weinheim tätig.

Wie viele Aufstiege haben Sie als Trainer gefeiert – und wie oft sind Sie abgestiegen?

Aufstiege waren es drei – mit Nieder-Olm, 1817 und Wackernheim. Abstiege gab es leider mit dem TSV Zornheim – eines meiner schmerzlichsten Erlebnisse – und bei einem kurzfristigen Engagement in Frei-Weinheim.

Was war das unvergesslichste Erlebnis, das Sie erlebt haben?

Das ist kaum zu beantworten, da jeder Moment – ob bei Training oder Spiel, bei Erfolg oder Misserfolg – ein irgendwie unvergessliches Erlebnis darstellt. Natürlich waren die Aufstiege Highlights, die Abstiege Tiefpunkte – wie auch der verpasste Landesliga-Aufstieg mit Finthen, als wir im entscheidenden Spiel im Elfmeterschießen gescheitert sind. Oder jüngst, als die Runde coronabedingt abgebrochen werden musste und der zu Hilfe gezogene Quotient Heidesheim den Aufstieg verwehrte. Schlimmer waren für mich immer Verletzungen meiner Spieler. Unvergesslich wird immer der lebensbedrohliche Zustand eines Aktiven bei einem Spiel in Zornheim bleiben, der mit Herzproblemen per Hubschrauber in die Klinik musste.

Ist denn für Sie wirklich Schluss oder könnten Sie bei einem attraktiven Angebot nicht doch noch mal schwach werden?

Schluss ist erst Ende Juni! Man soll ja niemals nie sagen – aber man sollte den Zeitpunkt für eine Beendigung gewisser Aktivitäten selbst erkennen und bestimmen.

Alles klar. Aber was genau wollen Sie mit all der gewonnenen Freizeit künftig anfangen?

Es gibt Reisewünsche. Enkel, die sich auf Aktivitäten mit dem Opa freuen, sofern die Gesundheit mitspielt viel Tennis spielen und natürlich Fußball – aber nicht mehr aktiv.

Sie sind ja als besonnener Übungsleiter mit präzisen Analysen bekannt, der eher kopfgesteuert ist – kein Lautsprecher und schon gar kein Emotionsbündel. Werden Sie heimlich vielleicht doch eine Träne verdrücken, wenn alles vorbei ist?

Ich nehme das mal als Kompliment, vielen Dank. Eine Art Wehmut verspüre ich schon, was aber bei mir selbst keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung hervorruft. Und ich werde bestimmt als Zuschauer bei Amateur-Spielen sein. Zum Schluss möchte ich mich auch noch einmal bei allen Vereinsfunktionären bedanken, die mir die Möglichkeit gegeben haben, als Trainer zu agieren und auch bei den Schiris, die einen wichtigen Job machen – der leider zu wenig gewürdigt wird. Auch wenn deren Entscheidungen nicht immer die ungeteilte Zustimmung eines Trainers hervorrufen, sollten Diskussionen – wenn überhaupt – niveauvoll und nicht beleidigend geführt werden.

Das Interview führte Michael Heinze.



Aufrufe: 017.2.2022, 10:00 Uhr
Michael HeinzeAutor