2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

"Habe alles gegeben, aber es hat einfach nicht gereicht“

Serie – Teil 25: Internationale Turniersiege in Kitzbühel und gegen Chelsea +++ Als B-Jugendlicher spielte er bereits in der U19-Bundesliga +++ Sinan Kurt ließ ihn staunen +++ Profivertrag am Waldhof 

Darmstadt/Unter-Flockenbach. Der Deutsch-Grieche spielte in der Jugend überwiegend für namhafte Clubs aus dem Südwesten. Den Anfang und den Großteil seiner Jugendzeit verbrachte er bei Waldhof Mannheim, wo er auch als einziger Spieler des 1998er-Jahrgangs in der Saison 2014/15 in die damalige A-Jugend hochgezogen wurde und sich somit in der Bundesliga beweisen durfte.

Diese Gelegenheit bekam Tzimanis auch in der kommenden Saison, allerdings nicht mehr am Waldhof, sondern in der Thüringer Landeshauptstadt. Er folgte einem Angebot von Rot-Weiß Erfurt, wo er sich problemlos durchsetzte. Wegen der räumlichen Distanz zu den Eltern, vor allem seine Mutter beharrte immer darauf, dass er möglichst häufig zuhause sein sollte, nahm er viele lange Zug- und Autofahrten auf sich. Allerdings wurde auch dieser enorme Aufwand nicht belohnt. Die Belohnung erhielt er erst wieder in der Heimat.

Mütterliche Fürsorge

Von der U10 bis zur U14 trug er das Trikot des 1. FC Kaiserslautern. „Beim FCK haben sie mir einen Platz im Internat angeboten, doch meine Mutter bestand darauf, dass ich weiter zuhause wohne“, sagt Tzimanis über seine Zeit auf dem Betzenberg. Vor allem aufgrund seines jungen Alters sei es für seine Mutter eine Herzensangelegenheit gewesen, dass ihr Junge noch weiterhin die elterliche Fürsorge und Unterstützung erhalte, die es in diesem Lebensabschnitt bedürfe.

Fast täglich Fahrdienst vom Vater

Allerdings bedeutete dies, dass Tzimanis von seinem Vater fast täglich von Mannheim nach Kaiserslautern und wieder zurückgefahren werden musste. Doch das reichte den beiden Fußballverrückten immer noch nicht. Zusätzlich kickten Vater und Sohn gelegentlich auf dem heimischen Bolzplatz. Dabei bekam Tzimanis häufig die Buchstabenkombination „SL“ von seinem Vater zu hören, was „Schütze läuft“ bedeutete. Einer der beiden stand im Tor und der andere war der Schütze auf das Tor. Falls ein Ball am Tor vorbei ging, musste der Schütze dem Ball direkt hinterherlaufen. Dadurch war selbst beim lockeren Kick die nötige Spannung beim Torschuss vorhanden, denn niemand läuft gerne seinem eigenen Ball hinterher.

In Kitzbühel vor großer Kulisse

Im Trikot des FCK konnte er so eines seiner fußballerischen Highlights erleben. Bei einem internationalen Turnier im österreichischen Kitzbühel kam es zum Kräftemessen mit Inter sowie AC Mailand, Youngs Boys Bern, dem FC Bayern München und dem Hamburger SV. Gegen den HSV standen die Roten Teufel im Finale und behielten dort sogar die Oberhand. „Da habe ich das erste Mal vor richtig vielen Zuschauern gespielt“, schaut Tzimanis stolz auf dieses Ereignis zurück.

Underdog-Erfolg gegen FC Chelsea

Nach seiner Rückkehr an den Waldhof zur U15 konnte er ein weiteres Erlebnis dieser Art feiern. Mit dem SVW siegten sie bei einem Hallenturnier in Hamburg gegen die Altersgenossen des FC Chelsea. „Da waren wir schon der absolute Underdog. Ich glaube kaum, dass einer von ihnen Waldhof Mannheim vorher kannte“, sagt Tzimanis über den Erfolg über den weltbekannten Londoner Club.

FCB mit Sinan Kurt spielt die Waldhöfer schwindelig

In der Spielzeit 2014/15 schnupperte Tzimanis dann mit dem SVW das erste Mal Luft in der Bundesliga. In dieser Zeit kam er auf stolze 20 Einsätze in der A-Junioren-Bundesliga Süd / Südwest. Er, der eigentlich noch in der B-Jugend hätte spielen können, aber schon in die U19 hochgezogen worden war, erinnert sich vor allem an ein Duell mit dem FC Bayern München und den damals hochgehandelten Sinan Kurt. Bei einem Gastspiel in München gerieten die Waldhöfer ordentlich unter die Räder und verloren im November 2014 in München mit 1:9. Kurt steuerte dabei drei Treffer bei. „Der Typ hat uns drei Dinger eingeschenkt und wir wussten nicht von wo“, erkennt er die Leistung des viel umjubelten Talents neidlos an. Diese Begegnung war aber ein Spiegelbild für die komplette Saison. Am Ende der Spielzeit hatten die jungen Mannheimer nur fünf Punkte aus 26 Partien eingefahren und stiegen mit 22 Punkten Rückstand auf den Tabellenvorletzten ab. Für Tzimanis war im Gegensatz zu seinen Mitspielern das Abenteuer Bundesliga noch nicht vorbei.

Abenteuer Rot-Weiß Erfurt

Es folgte der Wechsel zu Rot-Weiß Erfurt. Der Kontakt kam durch Thomas Hertel, den damaligen U19-Trainer der Erfurter zustande. Ihm sei Tzimanis als jüngerer Jahrgang positiv aufgefallen und er fragte ihn, ob er nicht mal Lust habe, in Thüringens Landeshauptstadt vorbeizuschauen. Tzimanis schaute es sich drei Tage an, Internats- und Wohnungsbesichtigung inklusive. Es gefiel ihm auf Anhieb und er entschied sich für den Wechsel zu den Rot-Weißen und eine andere Stadt, die nicht mehr durch tägliches Pendeln zu erreichen war. Somit war er gezwungen, sich zumindest unter der Woche eine Bleibe zu suchen. Diese fand er im Haus der Athleten, in dem er zusammen mit anderen Spitzensportlern lebte.

Unweit des Steigerwaldstadions unter einem Dach mit Radsportlern, Basketballern und Leichtathleten. Der Verein bot Spielern, die – wie Tzimanis - von weiter wegkamen, Hilfe beim Führerschein an, indem ein Großteil der Kosten übernommen wurde. „Wir mussten aber einen Brief an den Trainer verfassen und beschreiben, warum man unbedingt den Führerschein machen möchte“, Tzimanis über die Bedingung dazu.

Eng getakteter Alltag

Fortan war sein Alltag zeitlich eng getaktet: Frühstück, Schule, 10 Uhr Training, Mittagessen, Schule, Zweite Einheit, Abendessen mit den Mannschaftskollegen. So sah das Programm größtenteils unter der Woche aus. Am Wochenende ging es dann zu Auswärtsspielen in den hohen Norden nach Bremen, Hamburg und Kiel oder auch in Richtung Osten nach Berlin, Cottbus und Leipzig. Meistens mit dabei, egal wie weit auch die Entfernung war: sein Vater. Mit ihm ging es nach den Spielen, die häufig auch samstags stattfanden, dann direkt nach Mannheim, um wieder bei der Familie zu sein.

Mit der Bahn Richtung Heimat

Falls sein Vater mal nicht dabei sein konnte, ging es mit der Bahn in Richtung Heimat. „Ich hatte damals die Bahncard 25“, berichtet Tzimanis. Von Erfurt sei er zuerst nach Frankfurt gefahren, wo er umsteigen musste oder dort schon abgeholt wurde. Von Frankfurt aus ging es schließlich nach Mannheim. Obwohl er schon selbst hätte fahren können, intervenierte wieder Tzimanis‘ Mutter. Für einen Fahranfänger sei die über dreistündige Fahrt mit dem Auto nach einem Bundesliga-Spiel einfach ein zu großes Risiko gewesen, dass ihrem Jungen etwas passieren könne.

Erneuter Abstieg aus der Bundesliga

Leider wurde auch dieser enorme Aufwand am Ende der Saison 2015/16 nicht belohnt. Auch mit den Rot-Weißen stieg er aus der Bundesliga Nord/Nordost ab. Diesmal aber wesentlich knapper. Vier Punkte fehlten am Ende auf Eintracht Braunschweig. Doch erfolglos war die Zeit in Erfurt definitiv nicht. Tzimanis konnte neben den Erfahrungen in der höchsten deutschen Spielklasse auch sein Fachabitur machen, aber er stand vor der Entscheidung zwischen der weiterhin sportlich guten Perspektive in Erfurt oder dem vertrauten und familiären Umfeld in Mannheim.

Aufwand endlich belohnt – Profivertag bei Waldhof Mannheim

Wegen des Abstiegs mit RWE aus der Bundesliga und dem damit verbundenen Gang in die Regionalliga (in Baden-Württemberg mit der Oberliga gleichzusetzen), in der er am Waldhof auch spielen konnte, entschied sich Tzimanis für die Familie und die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte. Dort spielte er zunächst wieder für ein halbes Jahr A-Jugend, ehe er zu den Aktiven hochgezogen wurde und einen Profivertrag erhielt. Bei den Profis, die zu den Top-Teams der Regionalliga Südwest gehörten, war er als Innenverteidiger eingeplant und im erweiterten Kader.

Pflichtspiele nur in der Waldhof-Zweiten

Zu einem Pflichtspieleinsatz im Regionalliga-Team kam es nicht. „Ich war als junger Spieler einfach noch nicht so weit. Ich habe alles gegeben, aber es hat einfach nicht gereicht“, begründet er die verpasste Chance. Dennoch überwiegen bei ihm die positiven Gedanken: Harder13-Cup in der Mannheimer SAP Arena mit dem SV Sandhausen, dem Karlsruher SC und einem Tor gegen SV Darmstadt 98. Ein Benefizspiel mit Mike Hanke als Gegenspieler und das erste „richtige Trainingslager“ im türkischen Side. Pflichtspielpraxis sammelte er in dieser Zeit primär Im Landesliga-Team.

Tzimanis agierte hier jedoch nicht auf der gewohnten (Innen-) Verteidiger-Position, sondern rutschte immer weiter nach vorne. Dies auch sehr erfolgreich. Er machte in der Spielzeit 2017/18 ganze 17 Tore für die zweite Mannschaft. Dies blieb nicht unbemerkt und der Verteidiger suchte zusammen mit der Sportagentur 4 for you Sportmanagement nach einer Veränderung und neuen Herausforderung.

Regionalliga-Debüt beim FC Astoria Walldorf

Tzimanis und die Sportagentur sahen die beste Alternative beim aufstrebenden Regionalligisten. Wie es das Schicksal so wollte, feierte er ausgerechnet gegen seine alten Weggefährten vom SVW das langersehnte Regionalliga-Debüt. Aber es blieb bei diesem einmaligen Einsatz in der vierthöchsten Spielklasse Deutschlands. Am Wochenende wurde er meistens bei der zweiten Mannschaft in der Verbandsliga Nordbaden eingesetzt, was den Deutsch-Griechen nicht zufrieden stellte und er sich nach nur einem Jahr für einen Transfer zu Wormatia Worms entschied. Die erste Saison in der Nibelungenstadt verlief noch nach seinen Vorstellungen und er kam auf die Spielzeiten, die er sich erhoffte. Doch im zweiten Jahr änderte sich die Situation. „Der Trainer sah ein paar Spieler vor mir“, Tzimanis über die Entscheidung von Wormatia-Coach Kristjan Glibo, „aber wir haben uns im Guten getrennt.“

Neues Ziel: Hessenliga und beruflicher Erfolg

„Ziel war immer, in der höchstmöglichen Klasse zu spielen“, sagt Tzimanis über seine Ambition im sportlichen Bereich. Dieses Ziel kann er nun beim SV Unter-Flockenbach mit der beruflichen Perspektive kombinieren. Der Kontakt zum hessischen Verbandsligisten entstand durch SVU-Manager, Rana Nag. Dieser kannte Tzimanis noch aus der Zeit am Waldhof, wo er mit dessen Sohn, Morris Nag, zusammenspielte. Über den Kontakt entstand auch der Übergang zur beruflichen Ausbildung. Tzimanis absolviert im Autohaus Ebert in Bensheim eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik und möchte diese nun erfolgreich abschließen. Einen sauberen Abschluss dieser Saison möchte er auch im Fußball erreichen. Der SV Unter-Flockenbach ist nach der Vorrunde Tabellenführer und strebt den Aufstieg in die Hessenliga an. „Ich bin guter Dinge, dass wir die Liga gut bespielen und am Ende aufsteigen werden“, Tzimanis selbstsicher über sein Ziel. Ein Ziel, das mit vielen Umwegen, Ehrgeiz und Disziplin verbunden war und immer wieder neu gesteckt werden musste.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)
- Teil 8: Giorgio del Vecchio (TSV Schott Mainz)
- Teil 9: Marco Waldraff (SV Niedernhausen)
- Teil 10: Manuel Konaté-Lueken (RW Walldorf)
- Teil 11: Sandro Loechelt (Wormatia Worms)
- Teil 12: Marvin Esser (SG Walluf)
- Teil 13: Patrick Huth (TSG Pfeddersheim)
- Teil 14: Ilker Yüksel (Hassia Bingen)
- Teil 15: Tim Burghold (SV Niedernhausen)
- Teil 16: Noel Wembacher (RW Darmstadt)
- Teil 17: Tobias Schneider (RWO Alzey)
- Teil 18: Noah Michel (Türkgücü Friedberg)
- Teil 19: Marleen Schimmer (San Diego Waves)
- Teil 20: Deniz Darcan (SG Eintracht Bad Kreuznach)
- Teil 21: Max Pflücke (FC Basara Mainz)
- Teil 22: Jann Bangert (SV Rot-Weiß Hadamar)
- Teil 23: Aleksandar Biedermann (Wormatia Worms)
- Teil 24: Volkan Tekin (SV Dersim Rüsselsheim)

Aufrufe: 015.3.2022, 05:00 Uhr
Thomas MirkesAutor