2024-05-17T14:19:24.476Z

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Safak Cetin kennt die Siochtweise beider Parteien: F: Zink
Safak Cetin kennt die Siochtweise beider Parteien: F: Zink

Gutmütiger Fußballer, nachlässiger Schiedsrichter

Nürnbergs Fußballer: Safak Cetin wollte etwas über seinen Sport lernen und nimmt seit 15 Jahren verschiedene Perspektiven auf dem Platz ein

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Nürnbergs Fußballer, das sind viele kleine Geschichten, die der Amateurfußball schreibt. In unserer Serie sammeln wir sie — vom Knoblauchsland bis zum Fernsehturm. Diesmal mit Safak Cetin vom TSV Südwest, bei dem der Name dieser Rubrik nur zur Hälfte zutreffend ist.

Safak Cetin war einfach nur neugierig. Wo vielen Jugendlichen ganz andere Dinge den Kopf verdrehen, wollte der junge Safak nur eines: lernen, lernen, lernen. „Die Regeln haben mich einfach interessiert“, sagt er heute, 15 Jahre später. „Ich wollte einfach alles über den Fußball wissen.“ Also meldete er sich mit einer Handvoll Mitspielern aus der Jugend des FC Stein zu einem Schiedsrichter-Lehrgang an.

Den meisten genügte es, bei den Schulungen einfach nur ein bisschen zu! lernen, danach ein paar Jugendspiele zu leiten. Es ist ein harter Weg bis nach oben, man muss ganz unten anfangen, über Jahre dabei bleiben. Das wollten die meisten der jungen Fußballer damals jedoch nicht.

Safak Cetin aber ist geblieben. Bis heute. Sein erstes Spiel bei den Erwachsenen? So ganz genau erinnert er sich nicht mehr, sagt er. Aber Cetin wäre kein guter Mitarbeiter einer Softwarefirma, wenn er die Vorzüge der Technik nicht zu nutzen wüsste. Jedes Spiel hat er feinsäuberlich in einer Excel-Liste eingetragen, „auch wenn ich die in den vergangenen Jahren nicht mehr ganz so gepflegt habe“.

Ein paar Klicks, ein bisschen scrollen, schon ist das erste Spiel des damals 15-jährigen Schiedsrichters gefunden. „Kalchreuth II gegen Glaishammer II, damals noch in der Reserveliga“, sagt Cetin. Knapp 700 weitere Spiele sollten folgen, von ganz u! nten ging es für Safak Cetin tatsächlich fast bis nach ganz o! ben. Als Linienrichter hat er es bis in die Junioren-Bundesliga geschafft, war bundesweit unterwegs, in Berlin, Dresden und Wattenscheid.

In der Region durfte er Spiele bis zur Landesliga leiten, „aber da wird es echt schwierig, da kommt es auf Details an, wenn man noch vorankommen will“. Safak Cetin aber kam nicht mehr voran, er war an seinem Limit angekommen. Der Grund: „Ich glaube, dass ich einfach zu sehr Fußballer bin. Wenn es 3:0 steht und einer in der 90. Minute eine Notbremse macht, ist das nach den Regeln eine Rote Karte, selbst wenn das Spiel gelaufen ist.“ Cetin aber kennt auch die andere Seite, er spielt seit Jahren für den TSV Südwest in der Kreisklasse, früher beim ATV Frankonia. Die Schiedsrichterbeobachter, die es auf diesem Niveau natürlich gibt, hätten ihn auf seine Schwäche oft hingewiesen, „ich war einfach zu nachlässig, habe zu viel durchgehen lassen“. Schöne Momente gab es dennoch sehr viele. Gemeinsam mit seinem „guten Freund“ Benjamin Cortus, der gerade als Schiedsrichter in die Bundesliga aufgestiegen ist, hat er viele Spiele geleitet — darunter auch mehrere Testspiele der Sp Vgg Greuther Fürth. „Die haben in der Vorbereitung mal gegen einen griechischen Erstligisten und Genclerbirligi aus der Türkei gespielt, das war schon etwas Besonderes“, sagt Safak Cetin.

Die Profis hat er dabei nicht anders wahrgenommen als die vielen Tausend Amateurfußballer, denen er auf dem Platz begegnet ist. Sehr bodenständig seien viele gewesen, Ausnahmen gibt es wie überall, „da kann man keine pauschale Aussage treffen“.

Inzwischen pfeift er wieder in der Kreisliga, hat aber zuletzt die Pfeife zu Hause gelassen und sich wieder mehr aufs Fußballspielen konzentriert. Spaß will er dabei haben, sagt Cetin, „die Liga ist mir egal“. Als Sportler ist er aber merklich ruhiger geworden, seit er auch die andere Seite kennt. „Ich war auch zuvor nie der Bad Boy“, sagt er, aber seine letzte Gelbe Karte? „Nicht erinnern“ kann er sich an die, „das muss mindestens fünf oder sechs Jahre her sein“.

Wenn er in 15 Jahren Schiedsrichterdasein eines gelernt hat, dann: „Meckern bringt überhaupt nichts, der Schiri wird seine Entscheidung eh nicht mehr zurücknehmen.“ Das hat er auch vergangene Woche wieder beherzigt. Mit seinem TSV Südwest ist Safak Cetin nach zwei Relegationsspielen in die Kreisliga aufgestiegen.

Aufrufe: 023.6.2016, 12:33 Uhr
Michael FischerAutor