2024-04-30T13:48:59.170Z

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Pfeift schon lange im Konzert der Großen, hier das DFB-Pokalspiel zwischen Wolfsburg und dem SV Sandhausen: Guido Winkmann.
Pfeift schon lange im Konzert der Großen, hier das DFB-Pokalspiel zwischen Wolfsburg und dem SV Sandhausen: Guido Winkmann. – Foto: Pressefoto Eibner

Guido Winkmann - Der Unparteiische aus Nütterden

Gui­do Wink­mann ist Bun­des­li­ga-Schieds­rich­ter, Po­li­zist und vor­über­ge­hend Po­li­ti­ker mit Land­rats-Am­bi­tio­nen.

Mit 47 Jah­ren schickt der Deut­sche Fuß­ball-Bund sei­ne Bun­des­li­ga-Schieds­rich­ter in den Ru­he­stand. Der Ver­band hält die kör­per­li­chen An­for­de­run­gen in die­sem Hoch­leis­tungs­sport für der­art be­tag­te Men­schen für zu hoch. Wer noch nicht ge­nug hat von öf­fent­li­cher Ent­schei­dungs­fin­dung, der darf sich al­ler­dings wei­ter in den Köl­ner Vi­de­okel­ler set­zen, der so vie­le Fuß­ball­freun­de mit sei­nen nach­träg­li­chen Kor­rek­tu­ren je­des Wo­chen­en­de aufs Neue er­freut.

Im Kel­ler wird schlie­ß­lich nicht ge­rannt. Gui­do Wink­manns Kar­rie­re als ei­ner der füh­ren­den deut­schen Schieds­rich­ter ist al­so nicht ganz am En­de an­ge­langt, ob­wohl er jetzt die Al­ters­gren­ze für die Spiel­lei­ter auf dem Bun­des­li­ga-Ra­sen er­reicht hat. Viel­leicht aber hat die Tat­sa­che, dass er sich auf das En­de die­ses Le­bens­ab­schnitts zu be­weg­te, in Wink­mann et­was aus­ge­löst. Er hat sich wohl nicht zu­fäl­lig im ver­gan­ge­nen Jahr als par­tei­lo­ser Kan­di­dat für die Land­tags­wahl im Kreis Kle­ve auf­stel­len las­sen. Den Grund da­für hat der Po­li­zist aus Nieu­kerk so be­schrie­ben: „Mein Mot­to lau­tet: nicht me­ckern, ma­chen.“ Das mit dem Me­ckern kennt er ja vom Fuß­ball­platz.

Guido Winkmann erhielt bei der Kommunalwahl 30.000 Stimmen

Zu me­ckern hat­te er of­fen­bar ge­nug in der gro­ßen Kom­mu­nal­po­li­tik. Selbst als er als Drit­ter der Wahl mit gut 30.000 Stim­men knapp ei­ne Stich­wahl ver­passt hat­te, woll­te er sich nicht auf ei­ne Emp­feh­lung für an­de­re Kan­di­da­ten fest­le­gen. Nicht, weil er es et­wa für un­fair ge­hal­ten hät­te, son­dern weil er kei­nen Kan­di­da­ten für ge­eig­net hielt. „Wenn ich ei­nen ge­eig­ne­ten Kan­di­da­ten ge­se­hen hät­te, wä­re ich nicht an­ge­tre­ten“, sag­te er.

Und als es im ver­gan­ge­nen Jahr dar­um ging, den Ort für ein Co­ro­na-Impf­zen­trum im Kreis fest­zu­le­gen, kam Wink­mann noch ein­mal aus der De­ckung. Ob­wohl er der Land­rä­tin Sil­ke Go­ri­ßen ei­gent­lich 100 Ta­ge Ru­he ver­spro­chen hat­te, mel­de­te er sich zu Wort. „Mehr als 30.000 Men­schen ha­ben mir ih­re Stim­me ge­ge­ben. Noch­mals dan­ke ich für das Ver­trau­en. Grund­sätz­lich woll­te ich mich erst spä­ter mel­den, aber die Si­tua­ti­on er­for­dert auch mal kri­ti­sche Wor­te – auch in Pan­de­mie-Zei­ten“, er­klär­te er, „ein Impf­zen­trum in Hön­ne­pel ist frag­wür­dig, es wird auch den Zu­sam­men­halt im Kreis Kle­ve nach­hal­tig schwä­chen.“

Ei­ne Fest­stel­lung aus be­ru­fe­nem Mund. Denn Wink­mann steht ei­gent­lich für den Zu­sam­men­halt zwi­schen dem Nor­den und Sü­den des Krei­ses. Auf­ge­wach­sen ist er in Nüt­ter­den, den Ort be­zeich­net er als Hei­mat, sein Ab­itur hat er am Kon­rad-Ade­nau­er-Gym­na­si­um in Kle­ve-Kel­len ge­macht, und er wohnt in­zwi­schen in Nieu­kerk. Wink­mann pfeift für den SV Nüt­ter­den, dem er da­mit auch ein biss­chen grö­ße­re Be­kannt­heit in Deutsch­land ver­schafft hat. Ge­spielt hat er dort auch, aber es war früh ab­zu­se­hen, dass er als Schieds­rich­ter ein be­son­de­res Ta­lent mit­bringt. Schon mit 15 lei­te­te er die ers­ten Spie­le, und mit 27 Jah­ren wur­de er erst­mals auf der Lis­te der DFB-Schieds­rich­ter ge­führt. 30 war er, als er sein ers­tes Zweit­li­ga­spiel pfiff, vier Jah­re dar­auf fei­er­te er das Bun­des­li­ga-De­büt bei der Be­geg­nung zwi­schen En­er­gie Cott­bus und der TSG Hof­fen­heim. Äl­te­re Men­schen wer­den sich er­in­nern, dass Cott­bus mal in der Ers­ten Li­ga spiel­te. En­er­gie tritt mitt­ler­wei­le in der Re­gio­nal­li­ga Nord­ost an, der vier­ten Li­ga.

Kuriose Geschichten auf dem Platz mit Guido Winkmann

Guido Wink­mann da­ge­gen hielt sich in der ers­ten Klas­se. Er be­stand den Wett­be­werb, dem auch die bes­ten Schieds­rich­ter jähr­lich aus­ge­setzt sind, schaff­te die Leis­tungs­tests, die Be­wer­tung bei je­dem Spiel. Und es ge­lang ihm auch, sich in der schö­nen neu­en Welt der Fern­se­hen schau­en­den As­sis­ten­ten aus dem Köl­ner Kel­ler zu be­wäh­ren. Mit­un­ter durch denk­wür­di­ge Ent­schei­dun­gen. So ließ er im April 2018 die Spie­ler von Mainz und Frei­burg zur Halb­zeit aus dem Ka­bi­nen­gang zu­rück auf den Ra­sen mar­schie­ren, weil sei­ner Kol­le­gin Bi­bia­na Stein­haus in der Dom­stadt auf­ge­fal­len war, dass es in der letz­ten Mi­nu­te doch wohl ein hand­ver­däch­ti­ges Ein­grei­fen ei­nes Frei­bur­ger Fuß­bal­lers im ei­ge­nen Straf­raum ge­ge­ben ha­ben könn­te. „Gui­do, war­te, Gui­do, war­te“, ha­be Stein­haus auf sei­nen Kopf­hö­rer ge­ru­fen, er­in­nert er sich. Er über­prüf­te die Sze­ne am TV-Ge­rät am Spiel­feld­rand, be­fand, dass die Kol­le­gin rich­tig ge­se­hen hat­te, und ver­häng­te ei­nen Elf­me­ter. Pa­blo de Bla­sis ver­wan­del­te – statt 0:0 hieß es zur Pau­se 1:0. „Wink­mann hat sich völ­lig kor­rekt ver­hal­ten“, so der DFB.

Nicht ganz so kor­rekt ging es am Ran­de ei­nes Spiels in Köln zu. Der da­ma­li­ge FC-Ma­na­ger Jörg Schmadt­ke be­schimpf­te Wink­manns Team als „Ei­er­köp­pe“. Und er wei­ger­te sich, ei­ne DFB-Stra­fe an­zu­er­ken­nen, „weil Ei­er­kopp im Rhein­land kei­ne Be­lei­di­gung ist“. Wink­mann nahm es mit Hu­mor. Das kann er näm­lich auch.

Das be­legt die­se An­ek­do­te: Im Bun­des­li­ga­spiel zwi­schen Köln und Mainz ging der Köl­ner Stür­mer Jhon Cor­do­ba schwer ge­trof­fen zu Bo­den. Er hat­te of­fen­bar schlim­me Schmer­zen. Wink­mann eil­te her­bei und frag­te, ob er für me­di­zi­ni­sche Hil­fe sor­gen sol­le – auf Deutsch und auf Eng­lisch. Cor­do­ba re­agier­te nicht. Weil es sich um ei­ne der un­ter Aus­schluss der Öf­fent­lich­keit aus­ge­tra­ge­nen Be­geg­nun­gen der Co­ro­na-Zeit han­del­te, drang je­des Wort nach drau­ßen – auch zu Achim Bei­er­lor­zer an der Sei­ten­li­nie. Weil der Main­zer Coach zu­vor den FC be­treut hat­te, rief er auf den Platz: „Der ver­steht nur Spa­nisch.“ Wink­manns Re­plik: „Auf Spa­nisch kann ich nur Cer­ve­za.“ Aber auch oh­ne Bier ging al­les gut aus.

Aufrufe: 03.5.2021, 13:00 Uhr
RP / Robert PetersAutor