2023-06-02T12:20:29.853Z

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Starker Techniker in Diensten der SG Niedergründau/Lieblos: Azooz Al-Salman, ehemaliger irakischer U19-Auswahlspieler.
Starker Techniker in Diensten der SG Niedergründau/Lieblos: Azooz Al-Salman, ehemaliger irakischer U19-Auswahlspieler.

Gründauer Traditionsvereine sind eins

KLB GENHAUSEN: +++ Wie der FSV Niedergründau und der FSV Lieblos zur neuen SG zusammenwachsen +++ 14 Flüchtlinge sind auch zu integrieren +++

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GRÜNDAU . Jahrelang waren die beiden Gründauer Fußballvereine FSV Niedergründau und FSV Lieblos eigenständig. Seit dieser Saison gehen die Traditionsclubs erstmals in der Kreisliga B als SG Niedergründau/Lieblos gemeinsam auf Torejagd. Was bei den zweiten Mannschaften bereits seit einigen Jahren funktioniert, wird nun auch bei den ersten Mannschaften praktiziert. „Wie läuft die Zusammenarbeit eigentlich?“, fragte das GT die beiden Trainer, Hans Merz und Andreas Lenz, am Rande des ersten Punktspielwochenendes am Sonntag.

„Wir sind bisher sehr zufrieden, wobei natürlich noch nicht alles klappen kann, da wir ja nicht nur zwei, sondern eher sogar drei Vereine – zählt man die neuen Bundesbürger dazu – zusammenbringen müssen“, so Hans Merz im Bezug auf die Integration der insgesamt 14 Flüchtlinge in SG-Reihen. „So etwas kann natürlich nicht in vier Wochen Vorbereitung abgeschlossen sein“, pflichtet ihm der Liebloser Andreas Lenz bei. Um das Zusammenwachsen zu intensivieren, wurden zwar keine „Teambuilding-Maßnahmen“ – wie etwa über glühende Kohlen laufen – angeboten, dafür richtete man ein zweitägiges Trainingslager in Niedergründau aus, an dem jeweils zweimal pro Tag trainiert wurde und am Mittag gemeinsam gegessen wurde. Merz schmunzelnd zum Thema „Teambulding-Maßnahmen: „So etwas brauche ich nicht, für mich war die Grenzüberschreitung (Anm.: nach Lieblos) schon Überwindung genug“ – veranstaltet,

Mitunter hatte die neu gegründete SG im Training in der Vorbereitung 35 Mann auf dem Platz. Was einerseits der Traum vieler Vereine ist, die Sonntag für Sonntag Probleme haben, genügend Spieler für zwei Teams zu stellen, ist andererseits aufgrund der Gruppengröße in der täglichen Trainingsarbeit kontraproduktiv. Deswegen werden demnächst einige der Flüchtlinge, die in Sachen Taktik und Ordnung auf dem Platz noch Nachholbedarf haben, während des Trainings der ersten und zweiten Mannschaft gesondert üben. Diese Gruppe wird der Liebloser Michael Kraus übernehmen, der als Asyl- und Flüchtlingsbetreuer der Gemeinde Gründau meist erste Kontaktperson der neu ankommenden Flüchtlinge ist. „Wir werden separat Technik, Taktik und Koordination trainieren. Ganz wichtig ist die Taktik, da die meisten vorher nicht in einem Verein gespielt haben“, so Kraus. „Die Zusammenführung braucht noch Zeit, das ist aber kein Problem, wenn man sich die Zeit auch nimmt“, so Kraus über die neuen Mitspieler aus Syrien, Eritrea und dem Irak.

Während einige also fußballerisch erst am Anfang stehen, gibt es durchaus auch Spieler, die das Niveau der SG Niedergründau/Lieblos erheblich anheben. Allen voran Ezzulddjn „Azooz“ Al-Salman, der für sein Heimatland Irak in der U19-Juniorenauswahl auch schon bei Asienspielen auflief und am Sonntag beim Punktspielauftakt in den ersten 15 Minuten mit drei Beinschüssen für Raunen im Publikum sorgte. Allerdings nutzte er dieses Mittel nicht, um die Neuseser zu düpieren, sondern weil es in der Situation die beste Lösung war, sich des Gegenspielers zu entledigen. Wie auch der zweite Iraker in der Anfangself gegen Neuses II, Milat Nuri, der über die rechte Seite brandgefährliche Flanken schlug, besticht Al-Salman durch eine sehr gute Technik, Schnelligkeit und Laufstärke. Bei beiden Akteuren schwanden im Laufe der Partie die Kräfte, wie übrigens auch beim Rest des Teams, das die erste halbe Stunde Neuses II fast an die Wand spielte und offensiv sehr variabel angriff. Gegen Ende des Spiels ließ Niedergründau/Lieblos stark nach, setzte mit langen und weiten Bällen nur noch auf recht rustikale Offensivmittel.

„Wir haben beim Gründau-Pokal gut mitgehalten, aber es ist klar, dass sich vier Spiele in einer Woche bei uns auch bemerkbar machen“, erklärte der Niedergründauer Hans Merz den Kräfteverlust im Laufe des Spiels gegen Neuses II, das letztlich 2:2 endete. „Wir müssen nicht nur 60 Minuten, sondern auch über 90 Minuten die Leistung abrufen“, fordert Lenz. Dass die neue SG, die im monatlichen Wechsel in Niedergründau und Lieblos trainiert und spielt, nach sechs Testspielen, einer Pokalpartie (jeweils gegen höherklassige Mannschaften) und dem Ligaauftakt noch ohne Sieg ist, lässt die Verantwortlichen kalt. „Wir bleiben ruhig“, so Merz, und Lenz ergänzt: „Es dauert sicher noch drei, vier Monate, bis alles zusammengewachsen ist“. Die Favoritenrolle in der B-Liga, die manch ein Konkurrent der Gründauer SG zuschustern will, weisen beide von sich. „Platz fünf bis acht ist unser Ziel, wenn mehr rausspringen sollte, nehmen wir das aber gerne mit“, so Merz. Sollte Niedergründau/Lieblos die Leistung aus der ersten halben Stunde kontinuierlich abrufen können, ist der SG sogar mehr zuzutrauen.



Aufrufe: 01.8.2016, 23:00 Uhr
Christian Pomoja (Gelnhäuser Tageblatt)Autor