Sophie war es, die als erste Tochter der Familie Schneider das Licht der Welt erblickte. Doch Anna ließ nicht lange auf sich warten, eine Minute und einen Kaiserschnitt später wurde sie geboren. Heute besuchen beide die elfte Klasse des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Kleve. In der hiesigen Fußball-Szene macht das Duo seit der Spielzeit 2009/10 auf sich aufmerksam. Die ersten Schritte gingen die Mädchen bei der SV Bedburg-Hau, die sich wenig später dem Projekt „Kämpferherzen“ anschloss, im vergangenen Jahr allerdings ausstieg. Anna und Sophie aber blieben der Mission treu. Mit dem Fußball begannen die Schneider-Zwillinge jedoch im Ausland.
Da ihr Vater lange im Dienst der Bundeswehr stand, blicken Anna und Sophie schon auf mehrere Umzüge zurück. Viele Jahre lebten sie im Großraum Dallas in den Vereinigten Staaten, wo sie sich für den Fußball begeisterten. „Unser großer Bruder hat uns auf den Geschmack gebracht“, sagt Sophie. Außerdem sei die Begeisterung für Frauenfußball in den USA groß, das Hobby daher naheliegender als in Deutschland.
Später zog es die Familie dann nach Schleswig-Holstein, seit nunmehr zehn Jahren leben Sophie und Anna in Kleve. Doch die vielen Umzüge hätten, so erklären sie, für ein ganz besonderes Band unter den Geschwistern gesorgt. Bewusst habe man sich auch immer wieder dafür entschieden, in die gleiche Schulklasse zu gehen. „Dass wir immer wieder in einem neuen Umfeld ankommen mussten, hat uns vielleicht besonders zusammengeschweißt“, sagt Anna, die in der vergangenen Spielzeit Spielführerin der U-17-Mannschaft des VfR Warbeyen in der Regionalliga war.
Was die Schneider-Zwillinge ebenfalls seit vielen Jahren verbindet, ist der Traum des Profifußballs. „Vor einigen Jahren hatten wir die Vorstellung, irgendwann vielleicht mit dem Fußball unser Geld verdienen zu können“, sagt Verteidigerin Anna. Mittlerweile habe sich dieser Traum verflüchtigt. Immerhin treffe man in jungen Jahren meist nur auf Konkurrenz aus dem Kreis Kleve. Die habe den Teams aus Warbeyen selten etwas anhaben können. „Gerade jetzt im Senioren-Bereich merken wir allerdings, dass der Sprung zu den Profis und die Konkurrenz sehr viel größer ist“, sagt Sophie, die im zentralen Mittelfeld aufläuft.
So konzentrieren sich die Zwillinge auf andere Ziele. Anna will nach dem Abitur Medizin studieren, Sophie Grafik-Designerin werden. Doch auch sportlich sind sie weiterhin ambitioniert. Mit dem VfR Warbeyen wollen sie in die Regionalliga aufsteigen – wenn möglich noch in diesem Sommer. „Wir hätten uns den Aufstieg verdient“, sagt Sophie. Aktuell steht die Mannschaft in der Niederrheinliga auf dem dritten Tabellenplatz. Allerdings beträgt der Rückstand auf den Spitzenreiter MSV Duisburg nur einen Punkt. Zudem würde auf den VfR noch ein Nachholspiel warten, sollte die Saison trotz der Corona-Krise noch fortgesetzt werden.
Bis dahin halten sich die Nachwuchs-Kickerinnen selbst fit. Jeden Tag erhalten die Mädels von ihren Betreuern Übungen, trainieren gemeinsam über Video-Konferenzen und gehen regelmäßig im Wald joggen. „Die Mädels sind die Zukunft des Vereins. Obwohl sie noch sehr jung sind, übernehmen sie bereits viel Verantwortung“, sagt Trainer Sandro Scuderi. Anna falle seit Jahren durch ihr bemerkenswert erwachsenes Auftreten auf, Sophie sei mit einem besonderen Ballgefühl gesegnet. „Sophie ist etwas stiller, dennoch ist sie wahnsinnig wichtig für die Mannschaft“, sagt Scuderi.
Doch Anna und Sophie sind selbstkritisch genug, weiter an sich arbeiten zu wollen. Anna wolle in den nächsten Jahren an ihrer Präsenz auf dem Platz feilen. „Ich will noch mehr Sicherheit ausstrahlen und meinen Mitspielerinnen so ein noch besseres Gefühl vermitteln“, sagt sie. Sophie selbst findet, dass sie nach Fehlern im Spiel noch zu viel mit sich hadere. „Ich muss lernen, solche Fehler schneller abzuhaken und einfach weiterzuspielen“, sagt sie. Und wenn es sportlich mal nicht läuft wie erhofft, dann könne man sich immer noch auf die Zwillingsschwester verlassen.
Zuhause spreche man fast ausschließlich über Fußball und gibt einander Tipps. Wie eng die Verbindung der Schneider-Zwillinge ist, zeigt sich auch dann, wenn eine der beiden sich auf dem Platz verletzt. „Dann ist man als Zwillingsschwester immer als Erste vor Ort, um zu helfen. Immerhin kann ich mich in niemanden so gut hineinversetzen wie in Anna“, sagt Sophie.