2024-05-16T07:18:09.875Z

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Felix Ruml war für die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga am Ball. Jetzt steht er in Gilching zwischen den Pfosten.
Felix Ruml war für die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga am Ball. Jetzt steht er in Gilching zwischen den Pfosten. – Foto: Getty Images

Ganz oder gar nicht: Die außergewöhnliche Geschichte des Felix Ruml

Warum ein Stau auf der Autobahn den 27-Jährigen womöglich eine Karriere im Profifußball gekostet hat

Am 9. Mai 2015 stand er das letzte Mal für die SpVgg Unterhaching in der 3. Liga im Kasten. Erneut zwischen den Pfosten stand er dann erst wieder über zwei Jahre später am 16. Juli 2017 - für den TSV Gilching-Argelsried. Was war passiert? Das ist die außergewöhnliche Geschichte des Felix Ruml. Alles beginnt mit einem Stau auf der Autobahn.

Wir schreiben den 16. Mai 2015. Die SpVgg Unterhaching ist in der 3. Liga in höchster Not, nach der 1:5-Pleite eine Woche zuvor gegen Dynamo Dresden muss zuhause gegen Preußen Münster ein Sieg her. Es ist ein Endspiel um den Klassenerhalt für die Hachinger. "Ich hätte spielen sollen, doch weil auf der Autobahn Stau war, bin ich knapp zu spät zum Treffpunkt gekommen. Ich habe einfach zuvor nicht Radio gehört und hatte es einfach nicht mitbekommen", erinnert sich Ruml. Ein Fauxpas mit schwerwiegenden Folgen. Der damalige Coach Claus Schromm streicht ihn aus disziplinarischen Gründen aus der Mannschaft.

Rüffel von Präsident Manfred Schwabl - der Anfang vom Ende.

Auch Präsident Manfred Schwabl war damals nicht gut zu sprechen auf seinen jungen Keeper und ließ sich wie folgt zitieren: "Klar bin ich da richtig sauer. Bei so einem Spiel darf das nicht passieren, da komme ich eine Stunde zu früh. Der Stau ist seit einer Woche, da fährt man halt früher daheim los." Es war der Anfang vom Ende für den talentierten Schlussmann bei den Hachingern. Ruml ärgert sich selbst am meisten über seinen Lapsus: "Ich saß nach dem Spiel bestimmt eine Stunde lang im Auto und war richtig wütend. Ich konnte nicht glauben, was geschehen war." Zu allem Übel steigt die SpVgg eine Woche später tatsächlich in die Regionalliga ab. Ruml muss schauen, wo er bleibt: "Ich hatte ein paar Angebote aus der Regionalliga, aber für war nichts Passendes dabei." Dann folgt der knallharte Schnitt.

Krasser Cut: Er hört auf.

"Ich habe eine krasse Entscheidung getroffen: Kein Fußball mehr für mich", erzählt Ruml. Er beginnt eine Ausbildung zum Bürokaufmann, die ihm richtig Spaß macht. Aber warum die knallharte ad hoc-Entscheidung, dem runden Leder komplett abzuschwören? "Ich habe dem Fußball große Teile meiner Jugend geopfert. Ich habe Fußball immer als Job angesehen. Mir wurde klar, ich kann diesen Job aber nicht weiter ausüben, also lasse ich es und suche mir etwas anderes. Das mag wenig emotional klingen, aber so konnte ich mit der Situation besser umgehen." Zwei Jahre spielt der Fußball daraufhin in seinem Leben keine Rolle mehr.

Ein Sommerurlaub in Bibione bringt den TSV Gilching-Argelsried ins Spiel.

Bis er im Sommer 2017 beim Landesligisten Gilching aufschlägt. Wie kam`s dazu? "Das war purer Zufall. Mit der Familie machen wir jedes Jahr einmal Urlaub in Bibione. Am Abend beim Essen kam der Trainer der zweiten Mannschaft des TSV Gilching vorbei und mein Bruder Maxi, der beim TSV kickt, kannte ihn natürlich. Wir sind ins Gespräch gekommen und beide haben mich anschließend die ganze Woche bearbeitet, ich solle doch einfach mal vorbeikommen. Dann hat sich das eben ergeben." Mit seinem Bruder zusammen spielen zu können habe natürlich auch eine Rolle gespielt. "Meine Eltern freuen sich jede Woche, wenn sie uns zusammen in einer Mannschaft auflaufen sehen", lacht Felix Ruml.

Was hat er in Zukunft noch vor?

Freilich ist in der Landesliga alles ein paar Nummern kleiner. Mittlerweile hat er wieder Spaß am Fußball, auch wenn die Erwartungshaltung schon manchmal schwierig ist. "Es heißt dann immer: Der hat doch 3. Liga gespielt, warum hält der den nicht." Aber da stehe er mittlerweile drüber. So lange er körperlich fit ist, will er noch zwischen den Pfosten hin und her hechten. Und danach? Torwarttrainer in einem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) würde ihn reizen, vielleicht sogar bei den Löwen. "Ich war ja früher selbst in der Jugend des TSV und muss sagen, ich mag Sechzig einfach. Mir taugt diese kämpferische Mentalität, auch wenn sicher nicht immer alles klappt." Für Felix Ruml könnte sich der Kreis dann schließen. Jungen Keepern den Weg in den Profifußball zeigen - was ihm letztlich verwehrt blieb.

Aufrufe: 028.2.2021, 07:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor