2024-05-16T10:25:37.604Z

Interview
Steffi Jones - ehemalige Weltmeisterin im Frauenfußball und Organisatorin der Frauen-WM 2011 in Deutschland - war sich nach dem Schnuppertraining auch für zahhlreiche Autogramm- und Fotowünsche nicht zu schade. Archivfoto: Wagner.
Steffi Jones - ehemalige Weltmeisterin im Frauenfußball und Organisatorin der Frauen-WM 2011 in Deutschland - war sich nach dem Schnuppertraining auch für zahhlreiche Autogramm- und Fotowünsche nicht zu schade. Archivfoto: Wagner.

"Fußball hat mir wahnsinnig geholfen"

Die ehemalige Fußball-Weltmeisterin Steffi Jones über den Frauenfußball, die Entwicklung des VfL Wolfsburg und Integration

WIESBADEN. Am verganenen Wochenende fand in Wiesbaden der Ball des Sports statt. Im Zuge dessen organisierte der Veranstalter Deutsche Sporthilfe ein von den beiden ehemaligen Weltklasse-Fußballerinnen Steffi Jones und Sandra Minnert mitbetreutes öffentliches Fußballtraining für Mädchen im Alter zwischen 7 und 13 Jahren. Bei der die beiden prominenten Damen mit großem Engagement und Begeisterung mitwirkten. Wir haben mit Steffi Jones im Anschluss an das Training gesprochen.

Steffi, deine Mitstreiterin Sandra Minnert sagte, dass ihr bei solchen Veranstaltungen wie heute "das Herz aufgeht". Inwieweit gilt das für dich auch?

Ich kann mich den Worten von Sandra nur anschließen. Es ist eine tolle Veranstaltung. Wir sind froh, dass wir hier den Frauen- und Mädchenfußball vorstellen durften. Ich glaube wir haben viele glückliche Mädchen erlebt, die Spaß hatten. Das war das Ziel heute.

Über 100 Mädchen waren da. Hast du mit solch einem Andrang gerechnet?

Man wünscht es sich natürlich immer. Auch wenn man es im Vorhinein nie genau weiß. Es war ein Samstag, viele Eltern haben auch mehrere Kinder, die ja vielleicht auch spielen oder andere Dinge tun müssen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass der Verein und die Stadt so engagiert mitgeholfen haben. Das zeigt auch die Tatsache, dass der Oberbürgermeister hier vorbeigekommen ist.

Vor einer Weile hast du zu Kreismädchenreferent Rainer Wagner gesagt, dass man in der "Fußball-Diaspora" Wiesbaden den Frauen- und Mädchenfußball gar nicht aufbauen könnte. Wie siehst du das jetzt?

Es war eine Motivation, dass ihn ein bissche locke nach dem Motto "Hier, sieh mal zu...". Das hat er gemacht und ich glaube wir konnten sehen, dass hier viel passiert ist. Gerade auch mit dem MFFC Wiesbaden.

Wie siehst du die Entwicklung des MFFC Wiesbaden, der ja gerade in die Verbandsliga aufgestiegen ist und dort oben mitspielt?

Das ist wirklich ein toller Verein. Das ist ein Vorbild, ein absoluter Vorreiter.

Kann der MFFC auch mal in Sphären des großen Vorbilds, des 1.FFC Frankfurt vordringen?

Das kann jeder schaffen. Wenn er die Strukturen hat. Der 1.FFC Frankfurt hat auch mal als kleiner Verein - als SG Praunheim - angefangen, hat dann durch Manager und Sponsoren eine gute Infrastruktur geschaffen. Das ist wichtig, damit man den Spielerinnen eben auch einiges bieten kann. Wenn man das schafft, kann man natürlich irgendwann auch mal eine Art 1.FFC Frankfurt werden.

Dass hier heute so viele Mädels waren, zeigt das, dass der Frauenfußball populärer geworden ist?

Ja. Wenn ich mal zurückschaue zu meiner Zeit in den 1980er Jahren, da gab es das noch nicht. In den 1990er Jahren wurde es mehr, aber heute ist es schon wirklich toll zu sehen, wo der Frauenfußball steht und so wie Sandra auch vorhin sagte: Man muss sich heutzutage nicht mehr rechtfertigen, dass man als Mädchen Fußball spielt. Und das macht mich ein Stück weit stolz. Weil wir in dieser Hinsicht ja auch Pioniere waren.

Muss man sich in irgendeiner Hinsicht vor dem Männerfußball verstecken?

Gar nicht. Weil wir uns nicht mit dem Männerfußball vergleichen. Von daher stellt sich für mich diese Frage nicht. (lacht)

Wie schafft man das auf lange Sicht, Mädels für das Fußballspielen zu begeistern?

Durch Vorbilder. Durch permanentes Werben für den Frauen- und Mädchenfußball. Und eben mit der Botschaft, dass Fußball mehr ist, als ein Sieg oder eine Niederlage. Denn Fußball gibt den Mädels viel mehr: Soziale Kompetenz, Persönlichkeitsentwicklung. Insofern kann ich immer nur sagen: Macht es, es ist eine tolle Sportart und liebe Eltern: Unterstützt eure Mädels dabei !

Apropos Vorbilder: Die Mädels des VfL Wolfsburg haben jetzt gerade das Double gewonnen aus Meisterschaft und Champions League, ein neues Stadion bekommen und bei der Wahl zur Weltfußballerin durch Nadine Keßler und Welttrainer Ralf Kellermann abgeräumt. Ist der VfL die neue Macht im deutschen Frauenfußball?

Der VfL Wolfsburg hat definintiv sehr viel Geld auch in den Frauenfußball investiert. Das ist ein sehr professionell geführter Verein, wo wir sehr froh darum sind. Weil wir immer das Risiko sehen, dass wenn ein Lizenzverein eine Frauenmannschaft mit aufbaut und die aber nicht zu 100 Prozent unterstützt, macht das keinen Sinn. Insofern ist der VfL Wolfsburg ein tolles Beispiel, wie man eine Frauenabteilung unterstützen kann.

Ist durch das Engagement von VW beim VfL nicht auch ein wenig Wettbewerbsverzerrung gegeben?

Nein. So sehen wir das auch gar nicht. Uns ist wichtig, dass die Strukturen stimmen. Dass die Mädels die besten Bedingungen haben. Es ist legitim, jeder würde das annehmen, von daher ist das für mich eine feine Sache.

Welche Rolle spielt der Frauenfußball für die Integration?

Mir ging es als Mädchen häufig so, dass ich aufgrund meiner Hautfarbe diskriminiert wurde und ich eben festgestellt habe, dass der Fußball keine Unterschiede macht, wo man herkommt oder wie man aussieht. Jeder darf gegen den Ball treten. Das hat mir wahnsinnig geholfen. Deswegen spreche ich heute immer davon, dass der Fußball verbindet, dass er Kulturen zusammenbringt sowie Toleranz und Integration lebt.

aufgezeichnet von Philipp Durillo

Aufrufe: 014.2.2015, 04:00 Uhr
Philipp DurilloAutor