Der Bezirksligist SG Nürnberg Fürth 1883 hat einen neuen Trainer. Bevor Patrick Frühwald aber das erste Training leitete, schaute er sich das 3:1 gegen Johannis 88 noch einmal fernab der Trainerbank an.
Guardiola konnte es sich auf seiner Couch in New York bequem machen, Patrick Frühwald dagegen fasste sich, mit Kugelschreiber und Notizblock bewaffnet, ein Herz und sah sich am Sonntagnachmittag das Spiel seiner neuen Mannschaft live vor Ort an - unter einem Baum, fernab des Publikums und scheinbar unbeobachtet. In nahezu jeder Spielszene zückte Frühwald sein Notizblöckchen, wie es Trainer eben so machen, wenn sie etwas sehen, was ihnen nicht gefällt. Guardiola macht das so, Van Gaal auch, Ewald Lienen sowieso.
Frühwald macht das jetzt auch wieder. Ab dieser Woche übernimmt der 42-Jährige das Traineramt bei der SG 83 und tritt damit die Nachfolge des in der Vorwoche entlassenen Guido Schillinger an. „Wir haben gesagt, dass es sinnvoll ist, die Mannschaft erst ein bisschen kennenzulernen und mindestens eine Trainingswoche mit dem Team zu absolvieren. Das war auch der Wunsch des Trainers“, erklärt Abteilungsleiter Thomas Bach die Tatsache, dass sein neuer Trainer zwar schon seit Mittwoch feststeht, er die erste Partie aber unter einem Baum und nicht auf der Trainerbank verfolgt hatte. Dort hatte gegen Johannis noch der zweite Abteilungsleiter und Interimstrainer Stefan Johannsen das Sagen. Der stand zwar ohne Stift und Zettel an der Linie, war am Ende aber auch erfolgreich. Mit 3:1 gewann die SG 83 auch ihr zweites Spiel unter der Interimslösung: „Wie man sieht, war es im Nachhinein zu Hundert Prozent die richtige Entscheidung“, sagt Bach.
Bereits nach dreizehn Minuten besorgte Sezer Ulus das 1:0. Und Julian Mandl wurde von Patrick Frühwald in der zwanzigsten Spielminute sicherlich als neuer Freistoßschütze ins Notizbuch eingetragen. Sein sehenswerter Treffer bedeutete das 2:0. Nach dem Anschlusstreffer in der 33. Minute konnte die SG kurz vor Schluss noch einen Konter zum 3:1-Endstand abschließen. „Die Grundtugenden sind vorhanden hier. Einsatz und Kampf habe ich heute auf jeden Fall gesehen“, sagt der Beobachter Frühwald, der zunächst für eine Spielzeit an der Regelsbacher Straße unterschrieben hat und zuletzt beim Landesligisten TSV Neustadt/Aisch unter Vertrag stand.
„Wir hatten eine klare Vorstellung von unserem neuen Trainer und genau diese Person hat uns jetzt zugesagt. Wir sind sehr zufrieden mit der Lösung“, sagt Bach, der nach dem verpatzten Saisonstart einen Schlussstrich unter die Zusammenarbeit mit Guido Schillinger setzte: „Das tut uns sehr leid, aber es hat insgesamt nicht gepasst. Wir haben gemeinsam die Situation reflektiert und sind zu diesem Schluss gekommen. Einstellung und Selbstvertrauen haben zuletzt einfach gefehlt“, sagt Bach über die Gründe der Trennung von Guido Schillinger, der auf Nachfrage keinen Kommentar mehr zu seiner Entlassung abgeben wollte.
Der Blick ist beim Ex-Trainer, wie auch bei der SG 83, schon wieder in die Zukunft gerichtet. Das Selbstvertrauen aus den vergangenen beiden Spielen möchte Frühwald möglichst für seine Premiere an der Linie mitnehmen, „aber“, sagt er, „es zählt jetzt erst mal nur der Klassenerhalt.“ Damit das klappt, hat er unter seinem Baum ja schon einmal möglichst viele Informationen gesammelt. Lediglich Stadionhefte scheinen an diesen entlegenen Ecken des Sportplatzes keine auszuliegen - und so wirkte Frühwald, angesprochen auf sein neues Engagement, dann doch etwas überrascht: „Wie kommen Sie eigentlich darauf?“, fragte er etwas verdutzt. „Ach so, das Stadionheft habe ich noch gar nicht gelesen.“ Er war auch zu beschäftigt. Mit dem Spiel und seinem Notizblöckchen.