2024-05-22T11:15:19.621Z

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– Foto: Volkhard Patten

Flucht in eine ungewisse Zukunft

Abou­ba­car Cis­se ist aus Gui­nea ge­flüch­tet +++ Die Mit­spie­ler vom VfL Ben­rath schät­zen ihn +++ Der 19-Jäh­ri­ge macht ei­ne Aus­bil­dung

Abou­ba­car Cis­se ist 19 Jah­re alt und spielt Fuß­ball beim VfL Ben­rath. „Ein Rie­sen­ta­lent“, schwärmt sein Trai­ner Bo­tan Me­lik. Nicht al­lein auf dem Fuß­ball­platz sieht der Coach ei­nen ech­ten Ge­winn in sei­nem Spie­ler, der zu Sai­son­be­ginn vom MSV Düs­sel­dorf zum Ben­ra­ther Be­zirks­li­gis­ten wech­sel­te. „Abou­ba­car ver­brei­tet stets gu­te Lau­ne“, ver­rät Me­lik. La­chen und Spä­ße ma­chen ist das Mar­ken­zei­chen des quir­li­gen Ab­wehr­ak­teurs.
„Ich la­che oft und gern“, stimmt Abou­ba­car zu, des­sen Lä­cheln sich al­ler­dings spon­tan ein­trübt, wenn er nach dem Grund für sei­ne po­si­ti­ve Aus­strah­lung ge­fragt wird. „Ich ver­drän­ge da­mit mei­ne Ver­gan­gen­heit“, be­kennt er. Ge­dan­ken an die Zeit in sei­nem Hei­mat­land Gui­nea, wo er als Wai­sen­kind in ei­ner Er­satz­fa­mi­lie auf­wuchs und sei­ne Kin­der- und Ju­gend­jah­re von we­nig Lie­be und har­ter Ar­beit ge­prägt wa­ren. Angst und Schre­cken be­stim­men noch heu­te sei­ne Er­in­ne­rung dar­an.

„Mei­ne El­tern ha­be ich nie ken­nen­ge­lernt, und mei­ne Er­satz­mut­ter hat mich nicht gut be­han­delt“, lau­tet sein bio­gra­fi­sches Fa­zit. Mit 16 hat er es nicht mehr aus­ge­hal­ten und sich auf den Weg ge­macht in ei­ne bes­se­re Zu­kunft. „Als ich mei­ne Hei­mat ver­las­sen ha­be, wuss­te ich gar nicht, wo­hin ich ge­hen soll­te“, er­zählt Abou­ba­car Cis­se. Ma­li war sei­ne ers­te Sta­ti­on. Zu Fuß und per Bus ging es durch den Se­ne­gal wei­ter bis nach Al­ge­ri­en. Als Ob­dach­lo­ser ver­dien­te er sich mit Au­to­wa­schen et­was Geld. Über Ma­rok­ko führ­te ihn sei­ne Odys­see als blin­der Pas­sa­gier per Schiff nach Eu­ro­pa. Die Angst vor ei­ner Po­li­zei­kon­trol­le war ste­ter Be­glei­ter.

Über Spa­ni­en kam Cis­se mit dem Zug schließ­lich nach Deutsch­land. „Das Ti­cket hat ein Frem­der be­zahlt“, er­in­nert er sich. Tod­mü­de und to­tal er­schöpft lan­de­te er in Düs­sel­dorf, wo er als­bald Hil­fe in ei­ner Flücht­lings­stel­le er­hielt und, um zu blei­ben, ei­nen Asyl­an­trag ge­stellt hat. Zwölf Mo­na­te Flucht in ei­ne un­ge­wis­se Zu­kunft hat­ten vor­erst ein En­de ge­fun­den.

An sei­ner In­te­gra­ti­on in die neue Le­bens­welt Deutsch­land hat sich der Flücht­ling aus West­afri­ka über­aus ak­tiv be­tei­ligt. Im Sprach­kur­sus lern­te er en­ga­giert und schnell, die deut­sche Spra­che zu be­herr­schen. Im „L‘ Ab­baye“, dem „et­was an­de­ren Re­stau­rant“ der Ju­gend­be­rufs­hil­fe, hat er ei­nen Aus­bil­dungs­platz ge­fun­den. Da­durch hat er erst mal Blei­be­recht. Ge­mein­sam mit an­de­ren Flücht­lin­gen wohnt er in ei­ner Wohn­ge­mein­schaft.

Und dann ist da na­tür­lich noch der Fuß­ball. „Der eig­net sich per­fekt zur In­te­gra­ti­on“, be­tont Trai­ner Me­lik, der das Mi­gran­ten­schick­sal kennt. Im Al­ter von sie­ben Jah­ren muss­te sei­ne Fa­mi­lie auf­grund po­li­ti­scher Ver­fol­gung die Tür­kei ver­las­sen. „Mein On­kel ist da­mals er­mor­det wor­den“, er­zählt Bo­tan Me­lik. Kein Wun­der, dass es für den VfL-Coach selbst­ver­ständ­lich ist, Abou­ba­car Cis­se zur Sei­te zu ste­hen. „In un­se­rem Ka­der sind 17 Na­tio­na­li­tä­ten ver­tre­ten“, sagt Me­lik und lacht. Da ist je­der will­kom­men.

In­fo: Die Flucht dau­er­te zwölf Mo­na­te

Na­me Abou­ba­car Cis­se

Al­ter 19 Jah­re

Hei­mat­land Gui­nea

Flucht Zwölf Mo­na­te über Ma­li, Se­ne­gal, Al­ge­ri­en, Ma­rok­ko, Spa­ni­en bis nach Deutsch­land

Aus­bil­dung in der Gas­tro­no­mie im L‘ Ab­baye

Spie­ler VfL Ben­rath, zu­vor MSV Düs­sel­dorf und TuRU

Aufrufe: 023.11.2019, 21:00 Uhr
RP / Helmut SenfAutor