2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten

Erfolgreiches Flüchtlingsteam des SuK Canlar

Beim SuK Canlar hat eine ausschließlich aus unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen bestehende A-Jugend ihre erste Saison erfolgreich abgeschlossen. Die Gemeinschaft des Teams hilft bei der Integration

Der Gegner aus Amshausen hat das letzte Saisonspiel kurzfristig abgesagt und so jagen Ibrahima, Ahmed, Majid und die anderen Spieler der A-Jugend des SuK Canlar ihrem eigenen Keeper die Bälle aus Spaß um die Ohren. Auf den ersten Blick wirken die Jungs im Alter von 17 bis 19 Jahren wie die normale A-Jugend eines Innenstadtvereins.

Doch es sind die persönlichen Geschichten jedes einzelnen Spielers, die diese Mannschaft des SuK Canlar zu einem besonderen Team des Bielefelder Jugendfußballs macht. Denn das Team besteht ausschließlich aus unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen, von denen der größte Teil erst seit zwei Jahren in Deutschland lebt.

„Ich habe gesehen, dass die Jungs kicken können und mir gedacht: Jetzt machen wir mal eine reine Flüchtlingsmannschaft“, erinnert sich Trainer Galib Al-Saad an die Anfänge seines Teams vor etwas mehr als einem Jahr. Damals nahm Al-Saad mit einer Gruppe des Ummelner Wohnprojekts „Amal“, in dem der ehemalige Oberligaspieler des SV Lippstadt sich ehrenamtlich engagiert, an einem vom SV Gadderbaum ausgerichteten Turnier für Flüchtlingseinrichtungen teil. Al-Saad erkannte das Potenzial der über das ganze Stadtgebiet verteilten Jugendlichen und ergriff die Initiative. „Ich habe mit den Betreuern und Einrichtungsleitungen gesprochen und mir die Handynummern besorgt“, berichtet der Trainer über die organisatorischen Schwierigkeiten, die er auf dem Weg zur Umsetzung seines Projekts zu nehmen hatte.

Nachdem die überwunden waren und mit dem SuK Canlar ein Partner auf Seiten des Vereinssports gefunden worden war, stand einer Anmeldung von Al-Saads Herzensprojekt zumindest formal nichts mehr im Weg. Denn sportlich musste das neue Team erst langsam aneinander und an Fußball über den ganzen Platz gewöhnt werden. „Die meisten hatten noch nie auf dem Großfeld gespielt und haben mich gefragt, ob sie wirklich von Grundlinie zu Grundlinie laufen müssen“, muss Al-Saad schmunzeln, wenn er an die ersten Trainingseinheiten seiner Jungs zurückdenkt.

»Es sind Dinge passiert, die ich nie wieder erleben will«

Fast schon erwartungsgemäß ging der Saisonstart mit vier deutlichen Niederlagen in die Hose. Doch danach hatte sich das Team gefunden und setzte in der Rückrunde zu einer Serie von insgesamt acht Siegen an, die am Saisonende den dritten Tabellenplatz der Kreisliga B bedeuteten.

Im Gespräch mit den Spielern wird deutlich, dass der sportliche Erfolg für Sie dennoch nur einen Teil ihrer kleinen Erfolgsstory ausmacht. „Wir wollen freundlich und respektvoll zu uns und zu den Gegnern sein. Und wir wollen lernen“, beschreibt Khadar, der 2015 aus Somalia nach Deutschland floh, dass es bei den Jungs aus dem Gadderbaumer Sportpark immer auch um etwas mehr als den Sport geht.

Der 19-jährige Spielmacher ist ein gutes Beispiel für die Fluchtgeschichten, die fast alle seiner Mannschaftskollegen so oder ähnlich erzählen könnten. Geflohen vor dem brutalen Bürgerkrieg und der drohenden Einziehung zur Armee, erfuhr er kurz nach seiner Ankunft in Deutschland, dass seine Eltern von den islamistischen al-Shabaab-Milizen getötet wurden. Wenn er über Somalia und seine Flucht spricht wird der freundliche Junge ernst und nachdenklich. „Da sind schreckliche Dinge passiert, die ich nie wieder erleben will“, berichtet Khadar in fließendem Deutsch und verabschiedet sich schnell wieder zum Bolzen mit den anderen.

Nicht zuletzt die Gemeinschaft des Teams habe vielen geholfen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden und schneller Deutsch zu lernen: „Wir sind wie eine Familie und helfen uns gegenseitig“, erzählt der 18-jährige Azher, der 2015 aus Syrien nach Deutschland geflohen ist und noch zur Schule geht. Teamkollege Jooan (17) ergänzt: „Der Trainer sagt uns vor jedem Spiel, dass es um Respekt geht. Respekt ist das Wichtigste.“

Der 17-Jjährige ist zwar eines der Küken im Team, spricht aber fünf Sprachen fließend und hilft deshalb beim Übersetzen für seine älteren Mitspieler. „Vielleicht werde ich Dolmetscher, hier bin ich es ja schon“, denkt das Sprachengenie des SuK lachend über mögliche Berufsperspektiven nach, die sich dann nicht zuletzt durch die SuK-A-Jugend ergeben hätten. Noch so ein Beispiel, dafür dass vieles hier ein bisschen anders läuft.

Aufrufe: 016.6.2017, 17:30 Uhr
Mathis KleinitzAutor