2024-04-25T14:35:39.956Z

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Dieter Priglmeir
Dieter Priglmeir – Foto: mm

Erdinger Trainer und ihre kuriosen Entscheidungen

Das Sportgeflüster

Jogi Löw ist ein schlechter Trainer? Da hat jeder seine eigene Meinung. Kuriose Trainer-Entscheidungen und Methoden gibt und gab es aber auch völlig überraschend im Landkreis Erding.

„Du deckst den Neuner!“, sagte Helmut Grill zu mir. Naja, ich war Vorstopper, deshalb hat mich die Anweisung nicht verwundert. Allerdings war ich von meinen bisherigen Bezirksliga-Trainern gewohnt, dass sie die gegnerischen Stürmer beim Namen (und noch viel mehr) kannten. Egal, ich suchte meinen Gegenspieler. Und schon stand es 0:1 – geschossen von der 13, denn die Neun war gar nicht auf dem Feld.

Tja, so etwas meinten wir in den 1980ern mit der Falschen Neun, aber darum geht’s heute nicht.

Alle Welt fragt sich: Wie gut war Jogi Löw denn nun wirklich? Die Geschichte oben zeigt: Es gab und gibt sicher schlechtere Trainer. Oder zumindest welche, die kuriose Entscheidungen getroffen haben. Ein paar Beispiele:

Sehr engagiert war etwa Eichenrieds Trainer Arnold „Charly“ Hess, als er sich beim Kreisliga-Spiel in Eitting selbst einwechselte. „Er war aber halt schon jenseits der 40“, meint Teamkollege Wolfgang Föhringer. „Noch beim Sprint aufs Spielfeld hat er sich verletzt und ist direkt umgedreht. Bevor der Stadionsprecher mit der Durchsage fertig war, war Charly schon wieder draußen.“

40 Minuten schaffte immerhin ein damals 50-jähriger Coach im letzten Saisonspiel des FC Erding. „Er hat sich ohne Training selbst aufgestellt und damit nicht nur den Gegner überrascht“, erzählt Anderl Faltermaier. „Es ging um den Klassenerhalt in der Bezirksliga, und wir lagen 0:1 zurück.“ Ob die zwei Tore zum 2:1-Sieg vor oder nach des Trainers Faserriss gefallen sind, wisse er nicht mehr.

Unvergessen bleibt ihm auch der Aktionismus von Spielertrainer Hans-Peter Alt im Spiel der BSG Taufkirchen im Rosenaustadion gegen Schwaben Augsburg. Er hatte gerade einen frischen Mann eingewechselt, als innerhalb von fünf Minuten aus dem 1:0 ein 1:2 wurde. „Hansi war so sauer, dass er den Mann gleich wieder ausgewechselt hat – obwohl der wirklich nichts dafür konnte.“

Aber man hat’s eben nicht leicht als Trainer. Faltermaier selbst musste als Trainer der Eichenkofener Reserve seinem Spieler Gündüz Pala erklären, dass er gegen Türkgücü nicht spielen würde. „Er hatte nicht trainiert, stand dann aber mit Tasche und traurigen Augen vor mir.“ Gündüz, besser bekannt als Döner-Pala, macht ein kulinarisches Angebot. Faltermaier lehnte ab, fragte aber in der Kabine, ob jemand für einen Döner seinen Platz abgeben würde. „Drei haben die Hand gehoben.“

Von Eichenkofen nach Fürth, wo Herbert Erhardt einst die SpVgg trainierte und damit auch Hans Bruckmaier. Erhardt war bei der WM 1962 in Chile Kapitän der deutschen Nationalelf, hatte aber ein sonderbares Credo: Der Ball darf nur mit der Innenseite gespielt werden. „Wer den Außenrist benutzt hat, wurde sofort ausgewechselt“, erzählt Bruckmaier. Der Hintergrund: Erhardts Karriere beim FC Bayern war beendet, als ein gewisser Franz Beckenbauer auftauchte – der wohl beste Außenristspieler aller Zeiten.

Mehr Internationalität wagen – keine Angst, das hat jetzt nichts mit Fußball zu tun. Eishockey-Trainer Markus Knallinger schwärmte von den Ottawa Senators und streute gern mal Übungen ein, die laut Daniel Krzizok „vielleicht ein NHL-Spieler kapiert, für uns war das ein bisschen zu hoch“. Unvergessen war auch die Ankündigung von Petr Vorisek: „Jetzt spielen wir russischen Aufbau.“ Krzizok weiß heute noch nicht, was der Tscheche damit gemeint hat.

Und dann noch ein kurzer Exkurs zum Handball, denn auch da läuft es nicht immer glatt, wie Werner Lauer verrät. „Unser Trainer hat uns mal zu siebt auf den Platz geschickt.“ Heutzutage normal, aber damals war’s Feldhandball – und das spielt man zu elft.

Die Fußballer dagegen übertreiben halt gern: Auf dem alten Eittinger Platz spielte der SV Walpertskirchen lange zu zwölft, ehe der Trainer zu Sepp Heilmeier sagte: „Äh, geh doch bitte mal runter – bevor es noch einer merkt.“ Das war kurz vor dem Halbzeitpfiff, und es stand 3:0 für den Gast.

Von der schlechtesten Oberdinger Trainingseinheit aller Zeiten spricht Sebastian Held: „Es lag 30 bis 40 Zentimeter Schnee, und der Trainer hat uns so lange über den Platz laufen lassen, bis der Schnee zusammengetreten war. Das war am Dienstag, und am Donnerstag haben wir vor lauter Eisplatten gar nicht mehr trainieren können.“

Vielleicht wäre das das richtige Geläuf für das 5:2 gewesen, das in Wartenberg vor dem Training gespielt wurde und eher an Eishockey erinnert.„Da wollte keiner in die Mitte“, erinnert sich Willi Pöppel. Schon gar nicht Coach Anton Lechner, der weder sich noch andere schonte. Pöppel: „Es war ein Wunder, dass außer blauen Flecken nie was passiert ist.“

Apropos Wunder: Die Markt Schwabener hielten ihren Coach Günther Neef aus Buch am Buchrain vermutlich für verrückt, als er in der 75. Minute mit Alex Strecker einen Torwart als Feldspieler einwechselte. Eine Minute später verwandelte der eine Ecke direkt. Man versteht halt nicht immer jeden Schachzug.

Und so manchen Trainer halten auch nur die Gegner für – sagen wir mal – seltsam. In Fraunberg wundert man sich noch heute, warum Armin Wachter seine Wartenberger Fußballer zuhause warm laufen und im Trikot in den Nachbarort kommen ließ. Und in Nandlstadt brachte die besondere Wachtersche Art die heimischen Fans mal so auf die Palme, dass die Wartenberger sich eine Stunde lang nicht aus der Kabine trauten. Trainer werden eben nicht immer verstanden.

Ingolf Gretzschel ging das in Schwaig auch so. Er war sehr erfolgreich, stieg mit dem Team in die Kreisliga auf. Und er verwendete gern Fremdwörter. Bei einem Trainingsspiel forderte er mehr Tempo mit einem forschen „Und jetzt voll piano!“ Er habe sich dann etwas gewundert, dass sich die Mannschaft zurückfallen ließ, erzählt Rainer Hellinger. Irgendwann habe aber die Mannschaft die Transferleistung erbracht und bei „voll piano“ Vollgas gegeben.

Verblüfft habe auch Kurzeittrainer Christian Kessler. „Seine Spielformen mit sechs verschiedenen Stationen haben uns Kreisklassekicker einfach überfordert“, erzählt Hellinger. Lustig sei dann auch die Aufforderung gegen den FC Moosinning gewesen, mal aus 20 Metern zu schießen, „zumal er normalerweise selbst den Ball keine zehn Meter weit brachte“. Hellinger: „Und dann wird das Spiel angepfiffen, und der haut den Ball aus 25 Metern in den Winkel.“

Fazit: Nicht zu schnell urteilen! Manchmal sind die Fußballlehrer doch besser als ihr Ruf. Mit dem oben erwähnten Helmut Grill schafften wir es letztlich noch auf Rang vier – und das ist nichts weniger als die beste Platzierung in der Vereinsgeschichte.

DIETER PRIGLMEIR

Aufrufe: 03.7.2021, 08:30 Uhr
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