2024-04-30T13:48:59.170Z

FuPa Portrait
Viele Jahre lange coachte Andreas Seiler als Spielertrainer (im Bild den SV Wortelstetten) Mannschaften aus dem Zusamtal. Jetzt hört er auf.
Viele Jahre lange coachte Andreas Seiler als Spielertrainer (im Bild den SV Wortelstetten) Mannschaften aus dem Zusamtal. Jetzt hört er auf. – Foto: Karin Tautz

„Endlich mehr Zeit für die Familie“

Fast zwei Jahrzehnte war Andreas Seiler im Zusamtal als Spielertrainer unterwegs +++ Auch durch Corona hat bei ihm die Lust auf ein weiteres Engagement nachgelassen – jetzt hört er auf +++ Wie der 45-Jährige ohne „Nebeneinkünfte“ seine Zukunft gestalten möchte

In vier Monaten wird er 46 Jahre alt. Von Kindesbeinen an hat Andreas Seiler, den viele einfach nur „Andi“ nennen, viel Zeit auf den Fußballplätzen verbracht. Fast zwei Jahrzehnte lang war er dabei als Spielertrainer bei Vereinen im Zusamtal tätig. Doch jetzt hat der gelernte Schlosser und Metallbauer genug vom Coachen, Organisieren und all den anderen Dingen, welche sein lange Zeit so geliebtes Hobby teilweise in Stress ausarten ließen. Vor allem durch Corona ist der verheiratete Vater eines fünfjährigen Sohnes zur Einsicht gekommen, dass ein Leben nach der Arbeit auch ohne Fußball nicht langweilig sein kann.

„Endlich habe ich mehr Zeit für die Familie“, freut sich Seiler, der in Wertingen wohnt und an den Wochenenden nun viel Gemeinsames mit Ehefrau Anke und dem an Autismus erkrankten Sohnemann Jona unternehmen möchte. Seien es Ausflüge mit dem Fahrrad durch die Region, Fahrten zu Wanderungen in den Bergen oder einfach nur in nahe gelegene Orte, um gemeinsam ein Eis zu Essen oder in einem Biergarten Brotzeit zu machen. Auch mehr Verwandtenbesuche könnte es geben. Dass Corona bald kein Hindernis mehr für solche Dinge ist, das hofft Seiler sehr: „Irgendwann wird der ganze Spuk hoffentlich vorbei sein“, kann es der 45-Jährige kaum noch erwarten, bis viele durch die Pandemie bedingten Einschränkungen aufgehoben werden.

Ohne Corona, sinniert Seiler, würde er womöglich auch die nächste Saison als Trainer beim SV Wortelstetten – seinem derzeitigen Verein als Coach seit 2018 – wieder jedes Wochenende auf dem Sportplatz stehen. Die Pandemie mit einem zweimaligen Saisonabbruch habe ihm als leidenschaftlichem Fußballer zunächst schon zu schaffen gemacht. „Wenn du es gewohnt warst, unter der Woche zweimal auf dem Trainingsplatz zu stehen und am Sonntag ein Spiel zu bestreiten, dann fehlt dir nach so vielen Jahren schon etwas“, blickt Seiler auf den Beginn der Krise zurück. Doch je länger diese andauerte und er sein Freizeitverhalten zwangsläufig veränderte, desto mehr konnte er sich mit dem Gedanken anfreunden, sein Hobby aufzugeben.

Andi Seiler befürchtet, dass er nicht der Einzige ist, der sich so entschieden hat. Einige andere Kicker werden sich nach so einer langen Pause ebenfalls nicht mehr überwinden können, die Fußballstiefel bei einem Neubeginn zu schnüren. Vor allem diejenigen, die 30 Jahre und älter sind, „und solche, die an Gewicht zugelegt haben, schmunzelt Seiler. Er denkt da insbesondere an Spieler aus den Reservemannschaften. Da habe gar mancher zehn Kilogramm und mehr auf die Rippen bekommen, so seine Beobachtungen.

Auch er selbst habe im vergangenen Jahr gewichtsmäßig gewaltig zugelegt. An die zehn Kilo seien es mindestens gewesen. Deswegen ist Seiler im vergangenen Februar auf die Idee gekommen, zwei Monate lang Intervallfasten einzulegen. Er habe durchgehalten und dabei neun Kilogramm abgespeckt. Doch drei bis vier Kilo seien in den vergangenen Wochen bereits wieder dazugekommen, gesteht Seiler etwas nachdenklich.

Als er noch Woche für Woche auf dem Fußballplatz stand, war dies freilich anders: Da musste er sich selten Gedanken um sein Gewicht machen. Jetzt, da gemeinsames Spiel und Training nicht mehr möglich sind, würden sich viele Kicker mit privaten Laufeinheiten fit halten. Doch das sei nicht unbedingt sein persönliches Ding, verrät der Wertinger, der aber froh ist, dass etliche seiner Spieler in den vergangenen Monaten zahlreiche Kilometer zurückgelegt hätten.

Auf die Frage, wie er ohne die Aufwandsentschädigungen, die er in all den Jahren als Übungsleiter bei den Vereinen erhalten habe, künftig zurechtkomme, antwortet Seiler ehrlich: „Natürlich fehlt dieses Geld für die Urlaubskasse.“ In seinem Beruf als Schlosser und Metallbauer seien die Einkünfte überschaubar. „Andere aus meiner Branche gehen in ihrer Freizeit nebenbei zum Schweißen, ich stand als Trainer auf dem Fußballplatz, ist Seiler dankbar, dass er mit der Ausübung seines Hobbys etwas dazuverdienen konnte.

Angefangen hat die Trainerlaufbahn des Zusamtalers im Jahr 2003 bei seinem Heimatverein TSV Unterthürheim. Dort schaffte der ehemalige Bezirksligaspieler des TSV Wertingen gleich im ersten Jahr seiner Tätigkeit den Aufstieg von der Kreisklasse in die Kreisliga Nord. „Wir hatten eine bockstarke Mannschaft“, erinnert sich Seiler. Denn neben ihm als Spielertrainer standen mit Johannes Petrasch – er kam von der SSV Dillingen – sowie mit Johannes Putz und Fabian Knötzinger Akteure auf dem Platz, die zuvor oder dann später höherklassig unterwegs waren. Am Ende wurden die Unterthürheimer als Neuling starker Vierter. Seiler ging nach vier Jahren als Spieler zurück zum TSV Wertingen und lehrte dort den Gegnern in der Bezirksliga mit seiner „linken Klebe“ das Fürchten. Doch schon ein Jahr später landete er wieder als spielender Coach in Unterthürheim und erlebte dort mit dem Verein weitere Höhen und Tiefen. Vor allem ein schlimmer Betriebsunfall mit Trümmerbruch im rechten Fuß setzte ihn für Monate außer Gefecht. 2013 wechselte Seiler als Spielertrainer zum VfL Zusamaltheim in die A-Klasse West III. Eine Zeit, die er ebenfalls nicht missen möchte. Doch als ihm der damalige Abteilungsleiter Jochen Manzenrieder im dritten Jahr seines Wirkens nach wenigen Spieltagen den Laufpass gab, war Seiler gekränkt. In seiner Zusamaltheimer Zeit war er besonders gestresst, da er nach Spielschluss stets die Uhr im Nacken sitzen hatte. In Ingolstadt wartete an den Sonntagen seine damalige Freundin und jetzige Frau auf ihren Liebsten, beim VfL hätten es sich Spieler und Verantwortliche gewünscht, dass er sich nach dem Spiel Zeit nimmt, um im Sportheim noch ein paar Bierchen zu trinken. Mit solchen Problemen hat er künftig nicht mehr zu kämpfen.

Sportlich lief es für Seiler beim TSV Zusamzell (2015 bis 2018) am schlechtesten. Der Trainingsbesuch ließ oft zu wünschen übrig. Mit Richard „Blacky“ Dietrich habe er in „Zell“ aber einen Betreuer kennengelernt, der ein ganz „ besonderer Freund“ geworden sei. Ihn möchte er auch in Zukunft zwischendurch treffen. Vielleicht bei einem Spiel der „Zeller“, denn ganz ohne Fußball geht es bei Seiler natürlich nicht. Wenn es die Zeit erlaubt, werde er sich in der Region gelegentlich schon noch Spiele anschauen. Fußballerisch fit halten möchte sich Seiler künftig bei den Alten Herren des TSV Wertingen. Denn ganz kann es der „Noch“-Coach des SV Wortelstetten natürlich nicht lassen.

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Aufrufe: 017.5.2021, 16:47 Uhr
Wertinger Zeitung / Günther HerdinAutor