2024-05-02T16:12:49.858Z

Pokal
Die Stars im Elfmeterschießen: Keeper Florian Kirschke (li.) parierte den letzten Strafstoß, Réne Guder sorgte vom Punkt für die Entscheidung.objectivo/kugel
Die Stars im Elfmeterschießen: Keeper Florian Kirschke (li.) parierte den letzten Strafstoß, Réne Guder sorgte vom Punkt für die Entscheidung.objectivo/kugel

Emotionen nach dem letzten Elfer

SC Weiche Flensburg 08 feiert auf der Lübecker Lohmühle den Einzug ins Halbfinale des Landespokals

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Als sich Lübecks Torwart Benjamin Gommert um 22.14 Uhr am Mittwochabend vergeblich streckte und der letzte Flensburger Schütze René Guder neben Florian Kirschke zum zweiten Helden des Elfmeterdramas von der Lohmühle wurde, da sprudelten die Emotionen nur so aus den Fußballern des SC Weiche 08 heraus. Binnen Sekunden stapelten sich die Mitspieler und Betreuer über den beiden Protagonisten. Mit den rund 60 mitgereisten Anhängern aus Flensburg begann die Party schon auf dem Platz.

„Auch wenn am Sonntag wieder ein wichtiges Spiel ist, heute wird noch gefeiert“, sagte Guder vor dem Hintergrund der auf Disco-Lautstärke dröhnender Partymusik aus der Gästekabine.

Es war weit mehr als nur ein SHFV-Pokal-Viertelfinale, das der SC Weiche 08 in einem denkwürdigen Spiel beim Regionalliga-Rivalen VfB Lübeck mit 6:4 im Elfmeterschießen gewonnen hatte. „Wir haben in diesem Wettbewerb so viel Scheiße gefressen in den letzten Jahren, da ist das heute einfach mal verdient“, brachte Co-Trainer Marc Peetz die Gefühlslage auf den Punkt, um die sportlich korrekte Einordnung des großartigen 3:3 nach 120 Minuten gleich hinterher zu schieben. „Sportlich hatte dieses Spiel heute keinen Verlierer verdient.“

Seit 2012, als der ETSV Weiche zum ersten Mal im Endspiel stand und in der Nachspielzeit vom damals klassenhöheren VfB Lübeck aus allen Träumen gerissen wurde, hatte sich so etwas wie ein Pokalfluch über die Flensburger gelegt. Zwei weitere Finals hatte Weiche verloren, immer wieder auch mit Lospech zu kämpfen gehabt. Just in den beiden Jahren, als die Finalteilnahme für den DFB-Pokal-Einzug gereicht hätte, schied Weiche vorzeitig gegen Holstein Kiel aus. „Immer noch ein Tiefschlag in den letzten Jahren, beim letzten Finale selbst verschuldet, oft aber einfach auch durch Pech, dazu die ständigen Auswärtsspiele – das ist heute ein Tag, wo einfach die Emotionen rauskommen“, sagte der sichtlich aufgewühlte Kapitän Christian Jürgensen. „Das war wichtig für das Herz“, bestätigte Nedim Hasanbegovic, dessen Ausgleich zum 3:3 die Elfmeterlotterie erst möglich gemacht hatte. „Wir haben uns für die Moral belohnt.“

Neuzugang Nico Empen kannte die besondere Pokalgeschichte der Flensburger nur aus Erzählungen. Doch auch der beste Flensburger in den 120 Minuten, der sich am Ende – wie einige Akteure auf beiden Seiten – von Krämpfen geplagt nur noch mit Mühe auf den Beinen hielt, wusste um die besondere Bedeutung dieses Erfolgs. „Einfach unbeschreiblich“, sagte der 21-Jährige. „Wir waren drei Mal im Rückstand und sind immer wieder zurückgekommen. Und das bei einer der stärksten Mannschaften der Regionalliga.“

Auch persönlich empfand Empen so etwas wie Genugtuung. „Nach meinem Wechsel von St. Pauli nach Flensburg gab es auch einige kritische Stimmen. So ein Spiel wie heute, mit zwei Toren und einer Vorlage, hilft mir natürlich auch.“Empen war es aber auch, der sich gleich als Mahner betätigte. „Das war noch nicht das Finale“, erklärte er, dass die erstmalige DFB-Pokal-Teilnahme noch nicht gewiss ist. „Wir müssen die Spiele gegen vermeintlich schwächere Gegner genauso ernsthaft angehen. Vielleicht ist es gut, dass wir schon in der 1. Runde in Eichede gesehen haben, wie schwer es auch bei einem Oberligisten sein kann.“

Der SV Todesfelde, der nun im Halbfinale (entweder am 3. oder 31. Oktober) wartet, ist ein ähnliches Kaliber.Trainer Daniel Jurgeleit, aus dem die Freude über den lang ersehnten Triumph kurz nach dem Abpfiff ebenfalls ungewohnt herausgebrochen war, analysierte in den Katakomben der Lohmühle schon wieder gewohnt sachlich. „Das 3:2 war eigentlich der Todesstoß. Wir haben alle Tore zu psychologisch ungünstigen Zeitpunkten bekommen“, erklärte der 53-Jährige. „Aber da sind die Jungs zu Kerlen geworden und haben sich nicht selbst bemitleidet. Gefühlt waren wir ja vier Mal im Rückstand, nachdem mit Jonas Walter auch noch unser sicherster Schütze im Elfmeterschießen verschossen hat.“

Aus der „Dramatik eines wunderbaren Fights“ hofft Jurgeleit nun auf mehr. „So ein Spiel und so ein Erlebnis kann ein Startschuss sein“, sagte er. Die etwas holprig angelaufene Regionalliga-Saison soll mit dem Pokalerfolg erst so richtig Fahrt aufnehmen.
Aufrufe: 017.8.2017, 17:40 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor