2024-04-30T13:48:59.170Z

Spielbericht
Ausgelassener Jubel nach dem Pokalsieg. Doch Alemannias erster „Feiertag“seit vielen Jahren hat einen faden Beigeschmack bekommen. Foto: Gras
Ausgelassener Jubel nach dem Pokalsieg. Doch Alemannias erster „Feiertag“seit vielen Jahren hat einen faden Beigeschmack bekommen. Foto: Gras
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Eine Nachspielzeit mit der Polizei

Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung nach Alemannias Pokalspiel im Bonner Sportpark.

Das schöne FVM-Pokalfinale hat dann ein unschönes Nachspiel für Fußball-Regionalligist Alemannia Aachen. Nicht nur das Sportgericht des Verbandes wird sich mit den Szenen nach Spielende beschäftigen, involviert ist inzwischen auch die Bonner Polizei. Sie ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Ein Ordner soll durch den Zaun an seinem Leibchen gepackt worden sein, das Leibchen wurde enger gezogen, es habe weitere Schläge gegeben, sagt ein Sprecher der Bonner Polizei. Vermutlich sollte der gewürgte Ordner so genötigt werden, das Tor zum Innenraum zu öffnen. Die Szene ereignete sich kurz vor dem Schlusspfiff. Der Mann kam ins Krankenhaus. „Er stand wie alle Ordnungskräfte unter Schock“, sagt Dirk Brennecke, Geschäftsführer des veranstaltenden Fußballverbandes Mittelrhein. Fünf weitere Ordner seien durch Tritte und Schläge verletzt worden, bestätigt die Polizei. Auf die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes wurde von zwei Seiten Druck ausgeübt: Zum einen von der Tribüne aus, zum anderen aber auch aus dem Innenraum, wohin einige Fans gesprungen waren.

Die Ermittlungen laufen, die Videos, die die Polizei aufgenommen hat, werden gerade gesichtet. Auch Privatleute haben ihre Aufnahmen zur Verfügung gestellt. Die Behörde nimmt weiterhin sachdienliche Hinweise unter der Nummer 0228-150 entgegen. Die Polizei, so hatte sie es vorab auch angekündigt, wollte primär verhindern, dass die beiden Fan-Gruppen aufeinander prallten. Deswegen sei mit Pfefferspray gesprüht worden. Für die Ordnung im Stadion war primär der ­Sicherheitsdienst zuständig.

Alemannias Geschäftsführer Martin vom Hofe wirkt ein bisschen erschüttert, dass der erste „Feiertag“ seit vielen Jahren einen solchen Beigeschmack bekommt. Mehr als eine Millionen Menschen verfolgten die Übertragung der Endspiele im Fernsehen, nie zuvor waren mehr Menschen bei einem FVM-Pokalfinale. Doch die Freude wird von einer kleinen Gruppe nachhaltig getrübt. „Die Begleitumstände sind sehr traurig“, sagt er. Er wolle auch nicht von „Alemannia-Fans“ in diesem Kontext sprechen. Der Pokalsieger sortiert die Ereignisse, der Verdacht besteht, dass „Gewalttouristen aus den Niederlanden“ im Aachener Fanblock standen. „Wir müssen die Dinge aufarbeiten. Niemand möchte solche Chaoten im Stadion haben.“

FVM-Präsident Alfred Vianden verurteilte das Verhalten einiger Aachener Fans „aufs Allerschärfste“. „Einzelne Personen sind gewaltsam in den Innenraum eingedrungen. Sie haben die Situation genutzt, um bewusst andere zu verletzten.“ Der Fußball wurde, so sieht es Vianden, missbraucht „als Bühne für ihre Gewalt“. Der Verband hatte sich schon vorab dagegen entschieden, Fans nach Spielende auf das Spielfeld zu lassen. „Mit dem Wissen um die Gewaltbereitschaft einiger Personen wollten wir das Risiko nicht eingehen“, sagt Brennecke.

Bei Alemannia und einigen Medien sind inzwischen auch Reklamationen über die FVM-Veranstaltung angekommen. Auch organisatorisch sei es ein „Tag der Amateure“ gewesen, heißt es. Tausende ­Aachen-Fans mussten sich durch ein Nadelöhr bei der Einlasskontrolle bewegen. Brennecke betont, dass nach den Vorkommnissen im Vorjahr die Fans absichtlich gestaut wurden, um dann an den letzten fünf Schleusen die Personen gezielt durchsuchen zu können.

Später waren die gekauften Sitzplatzkarten nicht mehr für die angegebenen Plätze gültig, weil kurzfristig für den gesamten Fanblock freie Platzwahl ausgegeben worden war. Die Situation ärgert auch den Veranstalter, aber aus Sicht des Verbandes war die Idee kundenfreundlich. Durch einen fehlerhaften Datentransfer seien Plätze doppelt besetzt worden. Damit später ankommende Fans nicht zum Beispiel mit verbliebenen Plätzen mit Sichteinschränkung vorliebnehmen mussten, wurden Ausweichplätze im „neutralen Block“ angeboten.

Der Verband trägt noch seine Erkenntnisse vom Finaltag zusammen. Die abschließende Analyse steht aus. Aber ausdrücklich halte sich der FVM Anzeigen wegen Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung vor, sagt Brennecke.

Aufrufe: 01.6.2019, 05:00 Uhr
Christoph Pauli | AZ/ANAutor