2024-05-02T16:12:49.858Z

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Trainer Javier Klug: "Ich muss mich vor meinen Spielern verneigen" Foto: Schmidt
Trainer Javier Klug: "Ich muss mich vor meinen Spielern verneigen" Foto: Schmidt

"Die Spieler waren zu keinem Zeitpunkt überfordert"

Bezirksliga-Trainer Javier Klug über seine erfolgreiche Zeit beim SV Rohrau

Trainer Javier Klug hat mit dem SV Rohrau nach dem Aufstieg in die Fußball-Bezirksliga in der Relegation den Klassenerhalt geschafft. Für den Coach war der 4:0-Erfolg gegen den TSV Möttlingen das letzte Spiel mit dem SVR. In der kommenden Saison wird Klug beim FC Gerlingen unter der Leitung von Coach Wolfgang Lamitschka wieder als Spieler auf dem Platz stehen, für einen Trainerjob fehlt ihm aktuell die Zeit. Im Interview spricht der 33-Jährige über seine Zeit in Rohrau und über seine Zukunft.

Aufstieg in die Bezirksliga durch einen Sieg gegen den TSV Dagersheim,Klassenverbleib in der Bezirksliga durch einenErfolg gegen den TSV Möttlingen: ZweiRelegationen innerhalb eines Jahres hat derSV Rohrau unter Ihrer Ägide erfolgreich bestritten? Wie erklären Sie sich, dass das Teamin diesen Partien besonders fokussiert ist?

Javier Klug: "Es ist das Ergebnis vieler, teilweiser sehr kleiner Bausteine, die am Ende das große Ganze möglich gemacht haben. Alle im Umfeld der Mannschaft haben dazu beigetragen. Spieler, Betreuer, unser Physio, die Funktionäre und mein Trainerteam waren organisatorisch, physisch und mental perfekt vorbereitet, wie auch schon im letzten Jahr gegen den TSV Dagersheim. Ein wesentlicher Vorteil war, dass wir den TSV Möttlingen beobachten konnten. Unser Matchplan war die logische Konsequenz der Gegneranalyse. Der größte und entscheidende Baustein war der positive und lockere Umgang mit der extremen Drucksituation. Vor so einem bedeutenden Spiel eigeninitiativ gemeinsam zu kochen, Mittag zu essen, spazieren zu gehen und sich nicht verrückt machen zu lassen, zeigt den ausgezeichneten Charakter der Mannschaft. Die Jungs sind zusammen groß geworden und eine große Familie. Es herrscht ein Zusammenhalt, den ich in dieser besonderen Ausprägung noch nicht erlebt habe. Sie sind gemeinsam A-Jugend-Meister geworden und haben die Aktiven von der Kreisliga B bis in die Bezirksliga geschossen. Diese Spielergeneration trägt das Sieger-Gen in ihrer DNA und kann gemeinsam noch viel erreichen."

"Die Brandrede war nur Mittel zum Zweck"

In der abgelaufenen Saison gab es Phasen, in denen Sie mit der Leistung der Mannschaft und der Einstellung einiger Spieler unzufrieden waren. Waren einige Akteure von der Bezirksliga zunächst überfordert?

Javier Klug: "Nein, die Spieler waren zu keinem Zeitpunkt mit der Bezirksliga überfordert. Der Kader war in der Breite und in der Balance der Mannschaftsteile nicht auf die Bezirksliga ausgelegt. Der Aufstieg war schlichtweg nicht geplant. Wir konnten die Spiele immer auf Augenhöhe gestalten und haben die Punkte in der Regel spät in der zweiten Halbzeit aus der Hand gegeben. In den entscheidenden Phasen des Spiels konnten wir oft nicht adäquat Einfluss nehmen. Weder bei Wechseln noch bei taktischen Veränderungen. Einschränkungen im Trainingsbetrieb und fehlender Konkurrenzkampf waren weitere Auswirkungen. Ich muss mich vor meinen Spielern und deren Leistung verneigen. Die Brandrede während der Saison war nur Mittel zum Zweck."

Ab welchem Zeitpunkt sahen Sie das Team in der Bezirksliga angekommen?

Javier Klug: "Am sechsten Spieltag beim 3:2-Auswärtssieg gegen den VfL Stammheim, unserem ersten Sieg und den ersten Punkten überhaupt. Ab diesem Zeitpunkt wusste die Mannschaft, dass wir in der Lage sind, Spiele zu gewinnen."

"Je höher, desto professioneller"

Welche Lehren müssen die Spieler aus dieser Saison ziehen, um in der kommenden Runde womöglich ohne ein Relegationsspiel den Klassenverbleib in der Bezirksliga zu erreichen?

Javier Klug: "Je höher die Liga, desto professioneller muss ich mich verhalten. In allen Bereichen. Auch die Integration von Neuzugängen und das Verinnerlichen der Philosophie eines neuen Trainers spielen immer eine große Rolle. Ich will keine Ratschläge für die Zeit nach meiner Tätigkeit in Rohrau geben. Aber ich habe einen Wunsch: Dass der SV Rohrau den weiteren Weg erfolgreich gestaltet, auf seine eigene authentische Art."

Der Klassenverbleib hat für Sie einen höheren Stellenwert als der Aufstieg im vergangenen Jahr. Warum?

Javier Klug: "Der Klassenerhalt ist für mich mehr wert, weil die Konstanz über die drei Jahre ein Beleg für die Qualität unserer Arbeit ist. Das überaus erfolgreiche erste Jahr und der verrückte Aufstieg im Juni 2016 gegen den TSV Dagersheim waren nur schwer zu toppen. Mit dem 4:0 über einen starken A-Ligisten in der Relegation haben wir den finalen Beleg erbracht, dass die Mannschaft sich noch mal weiterentwickelt hat. Während der schwierigen Bezirksligasaison hat man das selten und nur ansatzweise gespürt."

"Ich bin dem SV Rohrau und den Jungs sehr dankbar"

Was empfinden Sie mit ein paar Tagen Abstand nach dem 4:0-Sieg gegen Möttlingen. Freude über den Erfolg, Trauer darüber, dass sie den Verein verlassen?

Javier Klug: "Der Abschluss ist der prägendste Eindruck, an den man sich erinnert. Nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch ich für mich selbst. Die Erleichterung war daher sehr groß. Ich denke, ich darf jetzt auch mal mit mir selbst zufrieden sein. Doch das alles überlagernde Gefühl ist Dankbarkeit. Ich bin dem SV Rohrau und den Jungs sehr dankbar für eine meiner wertvollsten Lebenserfahrungen. Die Menschen in Rohrau sind immer sehr herzlich mit mir umgegangen. Ich könnte eine Liste mit 100 Personen aufführen, denen ich danken möchte. Eine Person will ich an dieser Stelle herausheben, meinen Spielleiter Ilyas Beytaroglu. Er hat das alles möglich gemacht, er war von mir überzeugt und hat sich für mich starkgemacht."

Aus beruflichen und damit verbunden zeitlichen Gründen nehmen Sie Abschied vom SV Rohrau. Sie heuern allerdings als Spieler beim FC Gerlingen in der Kreisliga A an. Ist dort der zeitliche Aufwand geringer? Neuer Trainer in Gerlingen ist Wolfgang Lamitschka, der bekanntlich von seinen Akteuren ein hohes Maß an Engagement einfordert.

Spezielle Konstellation beim FC Gerlingen

Javier Klug: "Ich habe aus beruflichen und privaten Gründen aktuell nicht die Zeit, eine Trainertätigkeit so auszuüben, wie ich mir das vorstelle. Als Trainer will ich die Mannschaft und den Verein mitreißen, Inhalte vermitteln, Spieler weiterentwickeln und natürlich erfolgreich sein. Dazu benötigt man sehr viel Zeit. Als Spieler ist das anders, man ist flexibler. Ich bin jetzt 33 Jahre alt. Es ist meine letzte Chance, zumindest als Spieler meiner Leidenschaft auf einem gewissen Niveau nachzugehen. Mit dem FC Gerlingen hat sich für mich eine spezielle Konstellation ergeben. Mit Wolfgang Lamitschka habe ich einen Trainer, der professionell arbeitet. Mittelfristig will ich wieder als Trainer tätig sein. Ich sehe das Abenteuer FC Gerlingen auch als eine Weiterbildung durch die Perspektive eines Spielers. Ich will meinen Horizont erweitern. Die finale Entscheidung haben wir als Familie getroffen. Auch George Berberoglu, mein Schwippschwager, wechselt zum FC Gerlingen. Mit einem Spieler von seiner Klasse noch einmal spielen zu dürfen, ist mir eine große Ehre. Auch von ihm möchte ich viel lernen. Dass unsere Frauen und Kinder dann sonntags auf den gleichen Sportplatz fahren können, ist für unsere Familie eine schöne Sache."

Warum gönnen Sie sich nach dem aufreibenden Jahr beim SV Rohrau keine Pause?

Javier Klug: "Ich spiele seit 25 Jahren Fußball. Die letzten sieben Jahre war ich Trainer. Das waren intensive Jahre. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein soll, wenn man nicht mehr die Kickstiefel schnürt, das runde Leder am Fuß hat und die frische Luft über dem Rasen einatmet."

Video und Fotogalerien

Vom entscheidenden Spiel in der Relegationsrunde gegen den TSV Möttlingen gibt es ein Video und eine Fotogalerie.

Aufrufe: 025.6.2017, 10:26 Uhr
Thomas Oberdorfer, Gäubote Autor