2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
– Foto: André Nückel

Die persönliche Top-Elf eines Neusser Schiedsrichters

FuPa Niederrhein präsentiert die Top-Elf eines Neusser Schiedsrichters, der anonym bleiben möchte.

Im Format "Meine Top-Elf" haben die Akteure am Niederrhein die Möglichkeit, ihre persönliche Auswahl mit den Legenden der eigenen Laufbahn auf FuPa zu präsentieren.

Torhüter:
Emre Eroglu (SG Erfttal): Ein Modellathlet mit Top-Reflexen und einer astreinen Strafraumbeherrschung. Nein, jetzt ernsthaft. Ich erlebe ihn auf dem Platz als feinen Kerl. Er hat sich mal bei mir für einen Mitspieler entschuldigt, der mich beleidigt hat. Guter, fairer Sportsmann. Mit ihm führe ich eigentlich immer einen kleinen Plausch wenn wir uns sehen.

Abwehr:
Melih Can Kara (TuS Hackenbroich): Es war in einer bereits abgelaufenen Saison. In den ersten Minuten des Spiels als, das Spiel noch keinen Charakter hatte, dachte ich mir wie immer: "Guck dir mal an wer hier heute so mitkickt" (natürlich habe ich vorher die Spielberechtigung kontrolliert). Irgendwie kamen mir seine Beine komisch vor. Dann fiel mir auf, dass sie viel dünner als die der anderen Kollegen waren. "AH!" Ich frage ihn in einer Spielunterbrechung: "Was ist denn mit den Schienbeinschonern?" Seine Antwort war zwar lustig, aber für ein Spiel in der KLA auch ein bisschen dreist: "Muss ich die tragen? Bis jetzt haben die Schiedsrichter nichts gesagt!" Gut - dann bin ich halt der erste: In der achten Minute verwarnte ich ihn wegen dieser Unsportlichkeit.

Nils Henseler (SG Kaarst 2): Ein B-Jugendspiel vor ein paar Jahren. Ein Gegenspieler hieß mit Vornamen Thiago. Als Thiago das erste Mal von seinem Mitspieler gerufen wurde: Es war etwas wie "Thiago, spiel", sagte Henseler zu seinen Mitspielern recht ehrfürchtig: "Alter! Der hat ja einen geilen Namen, der heißt einfach Thiago! Und wie haben meine Eltern mich genannt? NILS!" Gelächter überall. Auch ich musste schmunzeln. Jetzt ratet mal, wer in der 72. Minute das Tor des Tages geschossen hat: Es war Nils - ein Traumtor aus 25-30 Metern. Das kannst du dir echt nicht ausdenken. Unfassbar.

Philipp Korth (SG Kaarst 2): Die Geschichte ist schnell erzählt. 89. Minute, Korths Mannschaft führt seit der 82. Minute mit 1:0, ist allerdings seit der 75. Minute nur noch zu zehnt. Da hatte mich jemand als "Missgeburt" beleidigt (er hat sich nach dem Spiel dafür entschuldigt; finde ich absolut top und damit ist die Sache für mich vergessen). Abseits, Freistoß für den Gegner, Kaarst 2 möchte wechseln. Korth kommt, ich pfeife das Spiel an und handgestoppte 3,8 Sekunden später grätscht er mit offener Sohle den Empfänger des Freistoßes auf Höhe der Mittellinie von hinten volle Möhre um. Also pfeife ich erneut und wechsele Korth durch einen Feldverweis quasi direkt wieder aus.

Bodo Fieren (TSV Bayer Dormagen II): Ganz einfach: Jeder braucht einen Polizisten im Team. Ich hätte auch jeden anderen kickenden Gesetzeshüter aus dem Kreis nehmen können, aber Bodo Fieren hat mal als Sachbearbeiter eine Zeugenaussage von mir bekommen, die schlussendlich sogar dazu geführt hat, dass ich vor Gericht aussagen musste. Warum? Richtig: Ich war als Schiri bei einem Spiel angesetzt, bei dem ein Spieler sich so benommen hat, dass er sich dafür vor dem Gericht verantworten musste.

Janis Glehn (SV Rheinwacht Stürzelberg II): In der Saison, in der die Zweite von Stürzelberg erst im Entscheidungsspiel gegen Rheinkraft II an dem Aufstieg in die KLB gescheitert ist, habe ich ein paar Mal Stürzelberg gepfiffen. Irgendwie war es eine Symbiose: Ich mochte die Mannschaft, die mochten mich. Janis sagte zu mir: "Du bist unser Lieblingsschiri!" Manchmal träume ich noch heute davon...

Mittelfeld:
Dennis Timmermanns (VfR Neuss): Dennis bekommt noch ein Kaltgetränk von mir. Das hat er sich nach dem Spiel damals nicht abgeholt, obwohl ich es ihm versprochen habe. Zur Erklärung: Irgendwie war der Typ an dem Tag überall auf dem Spielfeld. So kam es dazu, dass er drei Mal wirklich direkt neben mir stand, als ich irgendeine Situation abgepfiffen habe. Er fragte mich bereits beim zweiten Mal (natürlich humorvoll), ob ich das absichtlich mache. Als ich ihm das dritte Mal ins Ohr geflötet habe, habe ich gesagt, dass er beim nächsten Mal ein Getränk von mir bekommt. Nun ja, ich habe tatsächlich noch ein viertes Mal sein Trommelfell strapaziert. Ich hoffe ihm geht es gut! Dennis? Kannst du mich hören?

Niklas Jung (TuS Reuschenberg): Ich spaziere die Schinkenstraße in El Arenal entlang als mir jemand zuwinkt. Zunächst denke ich, er will mich ärgern, weil sein Bundesligaverein gerade gegen meinen gewonnen hat (Wir beide tragen das entsprechende Trikot). Also habe ich ziemlich genervt reagiert. Erst als er mich mit "Ey, Schiri" ansprach, habe ich ihn erkannt. Jetzt hat auch meine Top-11 wenigstens eine Ballermann Story.

Laurin Titze (FK Helpenstein): Was soll ich sagen? Ich brauche natürlich einen Schiedsrichter im Team. Laurin ist nicht nur der Schiedsrichter aus unserem Kreis, der in der höchsten Liga pfeift, Laurin spielt auch noch bei einem ganz netten Grüppchen von Jungs mit. Mit denen kann man auch ganz gut ein oder zwei Bierchen trinken, auf einer Kirmes in der Umgebung... aber an der Pfeife gefällst du mir besser, Laurin.

Angriff:
Simon Müller (VdS Nievenheim): Ihm habe ich ein Tor geklaut. Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Tat mir auch total leid, war aber nicht zu ändern. Der gegnerische Torwart kommt aus dem Kasten und Müller lupft den Ball astrein über ihn. Das ist das entscheidende 4:2. In der 90. Minute. Dachte ich! Der Torwart wehrte den Ball mit den Händen (etwa 18m vor dem Kasten) nach oben ab. Ich war ein bisschen sauer auf den Torwart und habe abgepfiffen. Verdammt! Hätte ich mal noch eine Sekunde gewartet. Der Ball fällt hinter dem Torwart runter, Müller nimmt sich den Ball, schiebt ihn ins leere Tor und ganz Nievenheim jubelt über die Erlösung. Zumindest so lange, bis sie verstehen, dass ich etwas dagegen hatte. Natürlich nicht wirklich, aber ich habe das Spiel nunmal abgepfiffen. Also habe ich den Torwart rausgeschmissen und es ging mit einem Freistoß weiter. 3:2 war auch einfach viel gerechter (lacht).


Trainer:
Ralf Ritter (SV Rot-Weiß Elfgen): Ein absolut bekloppter und verrückter Kerl, was den Fußball angeht. Und das meine ich positiv. Er ist bestimmt noch sauer auf mich, weil ich bei unserer letzten Begegnung, die war sogar in dieser Saison, nach dem Spiel zu ihm gesagt habe, dass ich bezweifle, dass seine Söhne ihr fußballerisches Talent vom Vater haben. An der Seitenlinie geht er zu 187% mit. Aber, zumindest bei mir, bleibt immer alles im Rahmen. Wir verstehen uns gut.


Schiedsrichter:
Andre Horst (SG Neukirchen-Hülchrath): Ein liga- und mannschaftsübergreifend beliebter Schiedsrichter. Andre ist immer auf Ballhöhe, erklärt seine Entscheidungen und würde wahrscheinlich noch immer so manches Sprintduell in der Kreisliga gewinnen. Fachlich und auch menschlich finde ich ihn top und halte ihn für einen der Top-Männer an der Pfeife (nein, ich bin nicht Andre Horst).


Zur Person:
Der Schiedsrichter aus dem Kreis Neuss/Grevenbroich möchte gerne anonym bleiben, hat aber trotzdem ein paar ausführliche Worte an die Fußballer vom Niederrhein:

"Eins vorweg: Auch wir Schiris vermissen die Sonntage mit euch gemeinsam auf dem Platz. Wahrscheinlich denken sich die meisten jetzt: Naja, euch vermisst keiner (lacht). Das mag sein, aber wären wir nicht da, würde euch doch auch etwas fehlen. Denn es gibt eigentlich wenig was schlimmer ist, als wenn ein Spiel nicht stattfinden kann. Und das kann es ohne uns nunmal nicht. Ich hätte noch eine zweite Mannschaft mit Spielern füllen können, über die ich etwas erzählen könnte.

Wieso möchte ich anonym bleiben? Das Leben als Schiedsrichter ist manchmal lustig, manchmal aber auch eher weniger. Es ist einfach egal wer ich bin. Ich bin unparteiisch. Und einer Sache dürft ihr euch sicher sein: Als Schiedsrichter sind wir nicht nachtragend. Nach Ausfüllen des Spielberichts vergessen wir, was im Spiel gewesen ist. Zumindest so lange es bei Kritik (ob gerechtfertigt oder nicht) bleibt. Was wir nicht vergessen sind Beleidigungen. Aber wenn es mal wirkliche "Probleme" mit einer Mannschaft gibt, dann pfeife ich diese Mannschaft in absehbarer Zeit nicht mehr. Schon aus eigenem Interesse. Um mir niemals alte Sachen vorhalten zu lassen. Ich finde: Lasst uns auf dem Platz ruhig unterschiedlicher Meinung sein. Am Ende muss ich aber irgendwas entscheiden. Und recht kann ich es sowieso nicht allen machen. Nach dem Spiel geben wir uns alle die Hand und freuen uns auf die nächste Woche."

Möchtest Du ebenfalls Deine Top-Elf vorstellen? Dann klicke hier, um die Maske zu erhalten. Anschließend bitte ausfüllen und uns per E-Mail an fupa@rp-digital.de zuschicken.

Aufrufe: 06.6.2020, 08:00 Uhr
Stefan JanssenAutor