2024-06-14T14:12:32.331Z

Allgemeines

Die merkwürdige Trainer-Rotation in Liga acht

Das Wechselspiel auf der Bank geht nicht minder schnell vor sich als im Profibereich.

Trainer haben einen schweren Stand in der Dresdner Stadtoberliga. Allein im vergangenen Sommer gab es elf Trainerwechsel bei den derzeitigen Protagonisten dieser Liga. Der achthöchsten Spielklasse, wohlgemerkt.

Aber es ist eben die höchste Spielklasse des Dresdner Stadtverbandes, und diese Liga ist innerhalb der Landeshauptstadt ein starkes Zugpferd. Stefan Zock, Geschäftsführer des städtischen Fußballverbandes, gibt zwar zu den häufigen Übungsleiterwechseln keinen Kommentar ab: „Das ist halt die Politik der Vereine“, aber er sieht auch positive Tendenzen. „Trainer sind in der Stadt gefragt. Besonders gut ausgebildete Trainer. Unser letzter C-Lizenz-Lehrgang war mit 35 Teilnehmern voll besetzt. Für den kommenden Lehrgang im nächsten Winter waren die verfügbaren Plätze binnen einer Woche ausgebucht. Es besteht hoher Qualifikationsbedarf“, sagt Zock.

Die letzten Trainerentlassungen betrafen zwei Teams im Abstiegskampf. So musste Jan Vogel von Motor Trachenberge gehen, obwohl er erst mit dem Team von der Aachener Straße den Aufstieg in diese Liga geschafft hatte. Die Angst vor einer Rückkehr in die Stadtliga A ist bei dem Traditionsverein, der auch schon höherklassigen Fußball erleben durfte, hoch. Und Vogel wollte zum Saisonende seine langjährige Tätigkeit beenden. Trotzdem sprechen auch die Trachenberger Spieler von einer traurigen Begebenheit. Routinier Sebastian Türk äußerte sich dementsprechend: „Jan ist seit Jahren hier im Verein, war Kapitän und Aufstiegstrainer. Es ist traurig“. Schmidt übernahm das Zepter und feierte mit einem sensationellen 2:0 in Hellerau einen Einstand nach Maß. Dennoch hofft der 50-Jährige auf die Unterstützung seines Vorgängers: „Es wäre super, wenn Jan mir zur Seite stehen könnte. Er kennt die Jungs, kennt die Stärken und Schwächen“.

Helwig kommt für Kabelka

Auch Mike Kabelka musste seinen Stuhl bei Turbine räumen. Der 42-Jährige war erst im Sommer als bisheriger Coach der zweiten Vertretung in die Erste aufgerückt, musste aber auf einige Spitzenleute verzichten. Felix Röthig, mit 19 Toren der Schützen-Primus, und Stefan Puchta wechselten nach Weixdorf. Zuletzt lag Turbine auf einem Abstiegsrang und Kabelka musste für den langjährigen DSC-Co-Trainer Uwe Helwig Platz machen. Bekannt wurde nun auch, dass der Kontrakt mit Frank Selber bei Rotation im Sommer nicht mehr verlängert wird. Eigentlich grotesk, da die Elf zu diesem Zeitpunkt auf Rang zwei im Tableau mit nur einem Punkt Rückstand zu Spitzenreiter Weixdorf noch Aufstiegsambitionen hegt. „Natürlich ist der Zeitpunkt wohl etwas komisch, es betrifft aber eine längerfristige Planung im Verein“, erklärt Abteilungsleiter Mario Bräuer.

Markus Seidel, in der Hinrunde vom Landesklasse-Aufsteiger Striesen nach Radeberg gewechselt, erklärt das Dilemma: „Du bist ja als Coach darauf angewiesen, welche Möglichkeiten du im Verein vorfindest. Wenn du einen Kader von 15 Spielern hast und dann am Wochenende drei verletzt sind, drei arbeiten müssen und drei zu irgendwelchen Familienfeiern unterwegs sind, dann stehst du vor einem Problem“.

Fußball in der Stadtoberliga ist immer noch Freizeitsport. Die Spieler zelebrieren Woche für Woche zwar vergleichsweise gutklassigen Fußball, legen auch im Training schon mal eine Schippe drauf, aber Familie und Beruf haben Vorrang. Wenn bereits Anfang August die neue Saison eingeläutet wird, sind viele noch mit ihren schulpflichtigen Kindern im Urlaub. Andere arbeiten im Handel oder sie stehen im Schichtdienst und können nur selten trainieren. Und solchen Ehrgeiz wie ein Christian Dallhammer aus Dölzschen, der dreimal in der Woche von Chemnitz aus nach Dresden kommt, ist vorbildlich, aber auch selten. In Dölzschen schüttelt man über diese Kapriolen um die Übungsleiter nur den Kopf. „Wir wussten von Beginn an, dass es höchst schwer werden würde, die Klasse zu erhalten. Wenn wir wieder absteigen, bricht die Welt nicht zusammen. Wir hatten Spaß, haben viel gelernt in diesem Jahr“, sagt Dallhammer.

Auch Holger Schwenke vom SV Helios schaut skeptisch auf die Trainer-Bewegungen: „Ich musste ja auch im Sommer in Loschwitz gehen. Trotz Klassenerhalt. Aber hier bei Helios ist ein Trainerwechsel kein Thema. Zumindest momentan, aber Wunderdinge darf man auch nicht von mir erwarten“. Den 53-Jährigen plagen akute Torwartsorgen. Paul Boden hat sich schwer verletzt, Eric Schneider ist erkrankt. Am vorletzten Spieltag stand mit Torsten Linke (43) der Keeper der Alten Herren im Kasten. Am Sonntag musste nun sogar mit Marco Gaudl ein etatmäßiger Feldspieler aushelfen. „Da ist auch jede Menge Idealismus im Spiel“. Gerade dieses wöchentliche Reagieren auf gesperrte oder verletzte Spieler, dieses ständige Umstellen der Mannschaft, machen die Stadtoberliga nicht ausrechenbar, spannend und prestigeträchtig. Darauf möchte (fast) kein Verein verzichten.

Aufrufe: 018.4.2016, 11:23 Uhr
Jens JahnAutor