2024-06-03T07:54:05.519Z

Interview
Der gebürtige Deggendorfer Patrick Wiegers zählt seit sechs Jahren zum Kader von Traditionsverein Dynamo Dresden.
Der gebürtige Deggendorfer Patrick Wiegers zählt seit sechs Jahren zum Kader von Traditionsverein Dynamo Dresden. – Foto: Andreas Webel

Die Katze aus Deggendorf beim »FC Bayern des Ostens«

Niederbayerische Exportschlager: Patrick Wiegers - Teil 1: Nach Jahren bei Jahn Regensburg ist der Deggendorfer seit 2014 in Sachsen bei Dynamo Dresden aktiv

Sechs Jahre spielt und wohnt Patrick Wiegers inzwischen in Sachsen, genauer gesagt in Dresden. Obwohl der 30-Jährige also zeitlich und geographisch weit weg lebt von seiner niederbayerischen Heimat, hat er seine Wurzeln nicht vergessen. Zeuge dafür: Sein weiterhin vorhandener bairischer Dialekt. Der Deggendorfer zählt zu den Niederbayern, die zu Exportschlagern geworden sind - und es in den Profibereich geschafft haben. Im FuPa-Interview spricht der Familienvater über die aktuelle schwierige Corona-Lage, über das Niveau des deutschen Unterhauses und über den Mythos Dynamo.

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Patrick, die wichtigste Frage in der aktuellen Zeit vorweg: Wie geht es Dir in Dresden und Deiner Familie im niederbayerischen Deggendorf?
Gesundheitlich geht es mir und meiner Familie ganz gut, wir können uns nicht beklagen. Danke für die Nachfrage.

Fernab der aktuellen Schlagzeilen, die Dynamo Dresden zu diesem Thema produziert hat, leiten wir die aktuell wohl brennenste Frage aller Fußballfans direkt an Dich weiter: War es richtig, bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit den Bundesligen und der 3. Liga wieder zu starten?
Ob die Entscheidung richtig oder falsch war, wird man wohl erst mit etwas Abstand vollends beurteilen können. Meiner Meinung nach wären zum aktuellen Zeitpunkt andere Themen wichtiger gewesen als der Fußball - die komplette Öffnung von Schulen und Kitas beispielsweise. Die Gesundheit geht vor - das ist klar. Hoffen wir also, dass keiner der an den Spielen Beteiligten ernsthaft krank wird. Es ist aber zweifelsohne sehr wichtig, die Saison zu Ende zu spielen, weil einfach sehr viele Existenzen daran hängen.


»Dynamo Dresden ist der FC Bayern des Ostens«

Dresden durfte - weil in mehreren Tests Spieler und Mitglieder des Betreuerstabs positiv auf das neuartige Corona-Virus getestet wurden - zunächst nicht wieder starten, mittlerweile wart ihr zweimal im Einsatz (0:2 vs. Stuttgart, 0:3 in Hannover). Glaubst Du, dass die Restsaison zügig und fair durchgeboxt werden kann?
Über unsere Situation lässt sich sicherlich streiten. Ein sportlich fairer Wettbewerb ist für uns definitiv nicht mehr gegeben. Die komplette Mannschaft war zwei Wochen in häuslicher Quarantäne, während die anderen Teams schon gespielt und tagtäglich trainiert haben. Wir hingegen saßen Zuhause auf der Couch bzw. auf unseren Spinning-Bikes und konnten nur zuschauen. Die körperliche Fitness ist da. Es fehlt uns aber die Praxis, die man nur durch ein Mannschaftstraining bekommt. Hinzu kommt noch, dass die Mannschaften im hinteren Drittel, wo auch wir feststecken, immer wieder punkten und der Druck auf uns somit weiter steigt. Welche Motivationsschwierigkeiten das aktuelle Tabellenbild mit sich bringt, weiß jeder Fußballer. Ingesamt steht fest: Um in der Liga bleiben zu können, müssen wir möglichst viele Spiele gewinnen – egal, was die anderen machen. Neutral betrachtet wird es aber sehr schwer, die Saison fair und zügig zu Ende spielen zu können.

Warum bist Du dennoch davon überzeugt, dass Ihr heuer den Klassenerhalt packt?
Ergänzend zur vorherigen Frage bin ich der Meinung, dass wir gut in die Rückrunde gestartet sind, ordentlich gepunktet haben und das auch bis zum Schluss durchziehen können. Wir haben Qualität in der Truppe. Außerdem wissen wir um die Schwere der Aufgabe und haben den Abstiegskampf insgesamt angenommen.


Kannst Du als langjähriger Zweitliga-Spieler bestätigen, dass das Niveau des deutschen Unterhauses stetig steigt?
Ja, das kann ich bestätigen. Im Vergleich zu meiner ersten Saison in der 2. Liga vor acht Jahren – damals bin ich mit Regensburg aufgestiegen - ist das Niveau deutlich gestiegen. Die fußballerische Qualität hat im deutschen Profibereich generell zugenommen - auch in der 3. Liga zum Beispiel. Generell entwickelt sich im Unterhauses der Fußball enorm weiter, keine Frage.

Liegt das an vielen abgestiegenen Traditionsvereinen wie Stuttgart, Hannover oder Hamburg – oder an der generell breiteren Masse an Qualität?
Natürlich spielen inzwischen viele vermeintlich große Vereine in der 2. Bundesliga, die ordentlich Qualität in den Kadern haben. Jedes Team hat aber inzwischen gute Einzelspieler in den Reihen, die ein Nachwuchsleistungszentrum besucht haben und deshalb bestens ausgebildet sind. Es geht auch immer mehr in die Richtung, dass Toptalente in unsere Liga ausgeliehen werden, um sich hier zu zeigen.

In der stark besetzten 2. Liga nimmt Dynamo Dresden noch einmal eine Sonderrolle ein. Der Ost-Klub gilt als "anders".
Dynamo muss man als Fußballfan einfach mal erlebt haben, um mitreden zu können. Der Mythos, der diesen Verein begleitet, ist unbeschreiblich. Für die Menschen in der Region ist der Vereine eine Religion. Dresden lebt von seiner Emotionalität, von seinen Erfolgen in den Vergangenheit. Wenn man so will, ist Dynamo der FC Bayern München des Ostens – zumindest von den Titeln her. Von der Leidenschaft der Fans sind beide Klubs allerdings nicht miteinander vergleichbar – da hinkt uns der Rekordmeister doch deutlich hinterher. Ähnliches findet man wohl nur in England.

Vier Zweitliga- und 19 Drittliga-Spiele absolvierte der 30-Jährige (im Hintergrund) bisher für die Sachsen.
Vier Zweitliga- und 19 Drittliga-Spiele absolvierte der 30-Jährige (im Hintergrund) bisher für die Sachsen. – Foto: Olaf Sankat


Warum hast Du Dich nach Deiner ausschließlich in Bayern stattfindenden Karriere vor sechs Jahren entschieden, nach Sachen zu wechseln?
Ich wollte zu einem super Verein mit einer langen Tradition und begeisterten Fans wechseln. Dynamo erfüllt all diese Kriterien als einer der wenigen Klubs in Deutschland. Als das Angebot aus Dresden dann tatsächlich auch kam, war ich überglücklich. (überlegt) Nun bin ich schon sechs Jahre hier. Es scheint mir also zu gefallen (lacht).

Sachsen und Bayern - passt das überhaupt zusammen?
Auf jeden Fall. Beide Kulturen sind sich sehr ähnlich. Sowohl Sachsen als auch Bayern sind ja ein Freistaat, wir sind also was Besonderes (lacht). Nach sechs Jahren in diesem Bundesland kann ich auch feststellen, dass die Leute doch sehr ähnlich ticken: Sachsen und Bayern sind offen, gesellig und haben eine ordentliche Bierkultur (schmunzelt). Natürlich ist das niederbayerische helle Bier unschlagbar. Aber auch das sächische Bier kann man durchaus trinken (schmunzelt). Die sächsische Schweiz und die Elbauen erinnern mich auch irgendwie an Zuhause. Es passt also zusammen.

Fühlst Du Dich nach Jahren fern der Heimat überhaupt noch als Niederbayer?
Ich bin und bleibe Niederbayer. Ich kann und will meine Wurzeln nicht verstecken. Meinen Dialekt beispielsweise wird man immer erkennen, trotz intensivster Bemühungen, Hochdeutsch zu sprechen. Es klappt jedoch nicht immer - eigentlich nie (lacht). Soweit es die Zeit zulässt, bin ich auch sehr, sehr gerne dahoam. Deshalb ist es schade, dass heuer keine Feste stattfinden. Ich denke aber, ich kann es irgendwann nachholen, mit der Lederhose aufs Gäubodenfest zu wandern.

Im zweiten Teil des Exportschlager-Interviews spricht Patrick Wiegers über seine Vergangenheit bei Deggendorf, Plattling und Regensburg, über seinen Ruf als ewige Nummer 2 und über die mentale Herausforderung, den Kasten zu hüten.

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Aufrufe: 06.6.2020, 09:30 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor