Der Abgang vier weiterer Stammkräfte (Schäferlein, Woleman, Göbhardt, Seybold) verlieh dem im Zuge einiger angekündigter Abschiede moderat kalkulierten Generationswechsel im Frühsommer ungewollte Dynamik. Bis dahin galt im Jahn-Kader die Torhüterposition als eine der Haupt-Baustellen vor der neuen Spielzeit 2015/16. Mehrfach waren die Versuche einer geordneten Staffelübergabe daran gescheitert, dass die designierten Kandidaten nicht am alternden Routinier Rüdiger Beck vorbeikamen. Beim neuerlichen Anlauf verfolgten die Verantwortlichen eine Doppelstrategie, bemühten sich nach der vermeldeten Verpflichtung von Michael Kraut (vom FC Eintracht Bamberg) intensiv um einen bis dato unbekannten A-Junioren-Keeper des FSV Erlangen-Bruck. „Ich fand es extrem schade, dass mir da Steine in den Weg gelegt wurden“, blickt Tugay Akbakla auf die zähen Verhandlungen zurück.
Beim Trainingsauftakt in Forchheim war die Freigabe des 18-Jährigen immer noch nicht geklärt. Trotzdem „bin ich super in einer coolen Truppe aufgenommen worden. Die Älteren sind auf mich zugekommen“, sagt der Fürther mit türkischen Wurzeln, der seine Jugendjahre bei der SpVgg Greuther Fürth und der SG 83 Nürnberg-Fürth (bis zur B-Jugend) verbrachte. Wie die neuen Mannschaftskollegen hatte der Jungspund zum Bayernliga-Saisonstart einen schweren Stand, verlor zunächst das Duell um die Nummer eins gegen den zwei Jahre älteren Kraut. Nach fünf Gegentreffern und zwei Auftaktpleiten nutzte der Ex-Brucker seine erste Bewährungschance. Das mit ihm zwischen den Pfosten der erste Dreier gelang, trug sicher zum positiven Eindruck bei. Während der abgelöste Kraut schnell entschied, sich der Konkurrenz nicht zu stellen, verdiente sich Akbakla trotz mäßiger Punktausbeute die Rückennummer eins. Nach 19 Partien ist er unersetzlich; nicht nur von der Leistung her. Kann der Verein im Winter nicht mit einer Alternative nachlegen, stünde bei einer Verletzung weiter nur der 38-jährige Torwarttrainer Dirk Schrott zur Verfügung. Tugay Akbakla sagt: „Es freut mich, gleich in meinem ersten Jahr bei den Herren im Tor stehen zu dürfen. Sportlich können wir natürlich nicht zufrieden sein, auch ich hinterfrage unsere vielen Gegentore. Die Qualität für den Klassenerhalt besitzen wir aber allemal, ich versuche den Jungs mit meiner Art zu helfen.“
Tugay Akbaklas Art, dazu gehören großartige Reflexe besonders in Eins-gegen-Eins-Situationen und seine für einen 18-Jährigen beeindruckende Abgeklärtheit. Er strahlt - obwohl nur zwei Zu-Null-Spiele gelangen - Sicherheit auf seine Abwehr aus und dirigiert auch die erfahreneren Vorderleute lautstark. „Die Umstellung von der Jugend-Bayernliga fiel mir nicht so schwer, ich hatte ja in Bruck schon oft mittrainiert und in Testspielen bei den Herren geschnuppert. Anfangs hat mich zum Teil noch die Wucht der Gegner bei Flankenbällen beeindruckt, doch jetzt traue ich mich, zuzupacken.“ Seine eher geringere Körpergröße bereitet Akbakla genauso wenig Probleme wie der Spielaufbau, in den er sich künftig mit einem verbesserten schwachen Fuß einbringen will. Es sind ganz wenige Szenen gewesen, in denen sich die Trainer des Jahn veranlasst sahen, einen kleinen brodelnden Vulkan zu besänftigen. „Ich kann eben nicht verlieren“, erklärt Akbakla manch impulsive Geste, auch in Richtung Schiedsrichter. „Die Coaches versuchen mich dann zu beruhigen, damit ich mich wieder konzentriere. Das habe ich im Griff.“
Und noch einer hat beim in den vergangenen Monaten nicht gerade vom Glück verfolgten Bayernligisten ziemlich viel im Griff. Mit 1682 Einsatzminuten avancierte Tobias Dietrich mit gerade einmal 19 Jahren zum Dauerbrenner hinter Sven Becker und Torwart Akbakla. Der Neuzugang aus der Bayernliga-U19 der SG Quelle Fürth verpasste den Auftakt gegen Eichstätt urlaubsbedingt, wurde am 2. Spieltag in Erlenbach eingewechselt und trat dann in die Fußstapfen des typverwandten Rückrundengewinners Klaus Faßold, der sich verletzte und mit Gesundheitsbeschwerden ausfiel, zur Wintervorbereitung aber wieder zurückkehren soll. 19 Mal in Folge stand in dessen Abwesenheit Dietrich in der Startelf. „Mein Ziel war am Anfang, so viel Spielpraxis wie möglich mitzunehmen und mich weiterzuentwickeln. Dass der Trainer so konstant auf mich setzt, hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Die Freude darüber war halt durch die Ergebnisse gehemmt“, verrät der Mittelfeldmann und gesteht: „Die Winterpause brauche ich jetzt, um den Akku aufzuladen und den Kopf wieder etwas frei vom Fußball zu bekommen.“
Auch am Abiturienten geht der Kräfteverschleiß nicht spurlos vorbei. „Bis zum Winter habe ich fast die doppelte Zahl an Spielen gemacht im Vergleich zur Jugend. Dazu geht es intensiver und körperbetonter zur Sache. Die Zweikampfhärte war das erste und wichtigste, woran ich arbeiten musste. Kopfbälle und schnelleres Abspielen kamen gleich danach.“ Dietrich erfüllte in einem temporär unausbalancierten Gebilde die anspruchsvolle Rolle auf der Doppelsechs, eine Mischung aus technisch versiertem Ballverteiler wie defensivorientiertem Wachhund erfordert, immerhin so ordentlich, dass sich mitunter sogar Vize-Kapitän Max Bauernschmitt hinten anstellen musste. Nachholbedarf hatte Dietrich „nach drei Jahren in einer gespielten Elf“ wie die gesamte Mannschaft bei der Abstimmung der Laufwege. „Wir verstehen uns alle gut, bis zum Frohnlach-Spiel lief es auch taktisch Stück für Stück besser“, findet der unbekümmerte Jungspund aus Sachsen bei Ansbach. Persönlich will sich der 19-Jährige, für den nach diversen Vorstößen und Distanzschüssen bislang ein Treffer zu Buche steht, im neuen Jahr „mutiger und torgefährlicher“ ins Offensivspiel einbringen und dafür sorgen, dass sich der positive Trend auch in den Ergebnissen wiederspiegelt. Die im Sommer gesprengte Achse wäre so endgültig abgelöst.