2024-04-25T14:35:39.956Z

Kommentar
Nicht erwünscht von der Politik: Stehende Besucher bei einem Amateurspiel.
Nicht erwünscht von der Politik: Stehende Besucher bei einem Amateurspiel. – Foto: Rocco Bartsch

Die größte Gefahr in der Pandemie: Der Amateurfußball-Fan

Ein Kommentar zum Stehplatz-Verbot im Amateurfußball von FuPa-Redakteur Mathias Willmerdinger

"Näher am Menschen" - mit diesem Slogan schmückt sich gern jene Partei, die in Bayern seit mehr 60 Jahren das Sagen hat. Mit dem sturen Festhalten an der sinnfreien Regelung, bei Amateurfußball-Spielen keine Stehplätze zu erlauben, beweist die Staatsregierung allerdings: Weiter weg von den Leuten da draußen kann man gar nicht sein!

All die Skandale um Masken, Impfungen und so weiter und so fort haben in der Pandemie uns eines gelehrt: Es ist bei Politikern aller Couleur aus der Mode gekommen, Fehler einzugestehen, sie zu korrigieren und dafür auch geradezustehen! Da wird sich hinter noch so abstrusen Paragraphen und Floskeln verschanzt, um das eigene Fehlverhalten zu kaschieren. Dieses Schauspiel war nun auch wieder im Bayerischen Landtag zu bestaunen. Statt die Sinnlos-Regel, keine Stehplätze bei Amateur-Fußballspielen zuzulassen, zu kassieren und aufzuheben, wird daran festgehalten, auch wenn es noch so absurd ist. Fehler gemacht? Wir doch nicht.

In Bayern gilt derzeit: Im Freien dürfen sich auf Sportplätzen 500 Menschen versammeln. Das wäre für die allermeisten Amateurvereine eine gute Nachricht, wenn die Sache einen nicht ganz unwesentlichen Haken hätte: Die Zuschauer dürfen sich ausnahmslos auf markierten Sitzplätzen niederlassen, und auch nur wenn sie sich vorher registrieren haben lassen und bereit sind, ihre Daten vier Wochen speichern zu lassen.

Ganz abgesehen davon, dass die wenigsten Amateurklubs in den unteren Klassen 500 Sitzplätze anbieten können, ist dieser auferlegte Zusatzaufwand ein weiterer Schlag ins Gesicht aller Vereins-Ehrenamtler, die seit nunmehr fast eineinhalb Jahren auch jede noch so dicke Kröte geschluckt haben, die sie von der Politik serviert bekommen haben. Zum Vergleich: In Innenräumen sind wieder 1.000 Besucher erlaubt. Registrierung zur Kontaktnachverfolgung? Ne, die braucht’s da nicht, meint die Staatsregierung. Um es nochmal zu verdeutlichen: 500 Personen im Freien, 1.000 drinnen - das ist völlig konträr zu sämtlichen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen!

Virologen predigen seit Monaten, die Ansteckungsgefahr tendiert draußen gegen null und ist in Innenräumen um ein Vielfaches höher. Alles ein schlechter Witz also? Mitnichten. Der Eindruck lässt sich nicht leugnen: Zuschauer bei Fußballspielen sind nicht erwünscht. Oder wie ist der dicke Knüppel zwischen die Beine der Freizeitkicker sonst zu verstehen? Es möge sich bitte ein Politiker melden, der diese Regelung noch plausibel erklären kann.

Da stellt sich die Frage: Was um alles in der Welt hat der Breitensport im Allgemeinen und der Amateurfußball im Speziellen verbrochen, um so schäbig behandelt zu werden? Für die Politik besitzt der Amateursport offensichtlich weiterhin keinerlei Relevanz. Da werden die über 4.500 Fußballvereine in Bayern nur wieder mit dem Nebensatz abgespeist, "man werde in den nächsten Tagen eine praxistaugliche Regelung finden". Das lässt nichts Gutes erahnen…

Die Corona-Zahlen in Deutschland sind in den vergangenen Wochen drastisch gesunken. Es gibt Regionen in Bayern, die nähern sich dem Inzidenzwert null an. Die beiden Städte Bayreuth und Straubing haben das sogar schon erreicht (Stand 17.6.2021). Heißt: In den letzten sieben Tagen hat sich in diesen Städten kein einziger Mensch mehr mit dem Virus infiziert. Lockerungen der strikten Regeln, die harte Eingriffe in unser aller Leben gefordert haben, können da nur die logische Konsequenz sein. Aber die Politik, in der Krise mit nie gekannter Machtfülle ausgestattet, tut sich damit äußerst schwer.

Solche vollkommen unverständliche Regelungen, die bei den Fußballfreunden von Aschaffenburg bis Berchtesgaden nur Frust und Kopfschütteln hervorrufen, tragen zur Politikverdrossenheit bei. Näher am Menschen? Eher ganz weit weg.

Aufrufe: 017.6.2021, 17:22 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor