2024-06-04T08:56:08.599Z

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Symbolfoto: Tobias Benner / pixelio.de
Symbolfoto: Tobias Benner / pixelio.de

Die Bundesliga atmet durch

Landesarbeitsgericht entscheidet, dass die Befristung der Verträge von Profi-Fußballern zulässig ist

Dem deutschen Profi-Fußball bleiben radikale Umwälzungen erst einmal erspart. In einem Rechtsstreit zwischen dem Bundesligisten FSV Mainz 05 und seinem früheren Torwart Heinz Müller entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, dass Vereine ihren Spielern auch weiterhin befristete Verträge geben können.

Als der Vorsitzende Richter Michael Bernardi sein Urteil verlesen hatte, drehte sich Dr. Johan-Michel Menke um und zeigte seinen Kollegen unter den Anwesenden im Saal 116 des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz die Siegerfaust. In diesem Moment fiel eine große Last von den Schultern des 38-jährigen Anwalts. Denn er hatte gerade nicht mehr oder weniger als die Existenz des deutschen Profi-Fußballs in seiner jetzigen Form gesichert.

Denn die vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts kippte die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz im Fall Heinz Müller und stellte im Urteil fest, dass „die Befristung eines Arbeitsvertrages zwischen einem Fußballverein der ersten Bundesliga und einem Lizenzspieler zulässig ist, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist“.

Ein Arbeitsleben mit besonderen Umständen

Im Falle von Heinz Müller sei die Befristung wegen der Eigenart der geschuldeten Arbeitsleistung als Fußballprofi gerechtfertigt. So bringe der Beruf des Profi-Fußballers einige „nicht prognostizierbare Umstände“ mit sich, wie etwa Verletzungen, Trainerwechsel, Änderungen in der Zusammensetzung des Kaders oder ein Zurückbleiben der Leistung des Spielers. All das sei mit einer Befristung von Verträgen nicht vereinbar.

Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, denn das Landesarbeitsgericht hat eine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zugelassen. Ob Müller und sein Anwalt Horst Klettke diesen Weg gehen, ließ der Jurist offen. „Wir werden nun die ausführliche Begründung abwarten und dann entscheiden“, sagte er. „Es gibt für alle Positionen Begründungen, die man nicht mit einem Fingerstreich wegwischen kann.“
Auf der Gegenseite war die Erleichterung dagegen spürbar. „Wir sind natürlich enorm erleichtert, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Dieser Tag hat eine besondere Bedeutung für den Profisport“, sagte 05-Präsident Harald Strutz, der gemeinsam mit Manager Christian Heidel bei der Verhandlung als Vertreter des FSV Mainz 05 anwesend war. Auch Heidel zeigte sich erleichtert. „Dieses Urteil dient dem Fußball und ist eine sehr gute Entscheidung. Es wäre sonst ein großes Problem für den gesamten Mannschaftssport entstanden“, sagte der 52-Jährige. „Das gesamte System wäre aus den Fugen geraten und es wäre zu nicht absehbaren Veränderungen gekommen. Ein anderes Urteil hätte die Existenz vieler Vereine in Mitleidenschaft ziehen können.“

Dabei hatten die 05er kurz zuvor noch alles auf eine Karte gesetzt. Nachdem die Mainzer erst Bereitschaft für eine außergerichtliche Einigung gezeigt hatten, kehrten sie nach einer Pause in den Saal zurück und bestanden auf ein Urteil. „Wir haben während der Verhandlung das Gefühl bekommen, dass der Richter unseren Argumenten folgt und haben uns deshalb dazu entschieden, auf ein Urteil heute zu bestehen.“

Das war nicht ohne Risiko, denn das Gericht hätte auch anders entscheiden können. „Wir haben auch eine Verpflichtung, im Interesse unserer Vereinsmitglieder zu handeln, weil es ging ja nicht nur um die Frage des befristeten Arbeitsvertrages, sondern es standen ja auch sehr hohe Entschädigungsansprüche an“, begründete Strutz die Entscheidung.

Zudem wies das Landesarbeitsgericht auch die weiteren Berufungspunkte von Müller ab. So bestätigte es die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Mainz vom 19. März 2015, wonach der ehemalige 05-Torhüter weder einen Anspruch auf eine Verlängerung seines Vertrages per Option um ein Jahr bis 30. Juni 2015 habe, noch auf Prämienzahlungen in Höhe von 261000 Euro, nachdem er von Ex-Trainer Thomas Tuchel in der Rückrunde der Saison 2013/14 aus dem Bundesligakader geschmissen worden war.

Weitere Instanzen sind möglich

„Das Spiel ist noch nicht vorbei“, sagte Richter Bernardi. Denn falls Müller und Mainz 05 sich weiter nicht außergerichtlich einigen und der Torwart Berufung einlegen würde, ginge der Fall an das Bundesarbeitsgericht oder sogar an den Europäischen Gerichtshof. Und dann würde wieder über die Zukunft des deutschen Profi-Fußballs entschieden werden.

Kommentar (von Dennis Rink)

"Die Vernunft hat gesiegt. Mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichtes ist das Schreckgespenst, dass die Profivereine ihre Fußballer künftig im schlimmsten Fall bis zur Rente auf dem Gehaltszettel haben, zum Glück vom Tisch – vorerst natürlich, weil es noch nicht rechtskräftig ist. Allerdings hat der Vorsitzende Richter Michael Bernardi nicht nur genau richtig entschieden, sondern auch schlüssig argumentiert. Profi-Fußballer sind eben keine normalen Arbeitnehmer. Nicht bei ihrem Gehalt und nicht bei den Anforderungen, die ihre Branche an sie stellt. Es ist nun einmal so, dass die Berufsjahre eines Bundesligaspielers aufgrund des Leistungsanspruches begrenzt sind.

Natürlich steht Gianluigi Buffon mit seinen 38 Jahren noch im Tor von Juventus Turin, aber mit 50 wird er das mit Sicherheit nicht mehr tun, hätte aber immer noch einen gültigen Vertrag. Oder andersherum betrachtet: Wäre eine Befristung von Spielerverträgen unzulässig, würde sich der Kader jedes Klubs automatisch aufblähen. Ältere Spieler bleiben und jüngere kommen immer wieder dazu – bis die Vereine ihre Angestellten nicht mehr bezahlen können. Nach gültigem Arbeitsrecht müssten dann betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden und es würde der Sozialplan greifen. Die Ersten, die dann gehen müssten, wären die jüngeren Spieler. Die älteren könnten bleiben. Für immer. Gut, dass nun vor Gericht die Vernunft gesiegt hat."

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Aufrufe: 018.2.2016, 13:17 Uhr
Dennis RinkAutor