2024-06-04T08:56:08.599Z

Ligabericht
„Ich kann die Mitspieler auch lenken, selbst wenn ich nicht den Ball habe“, sagt Rudi Bartlick (Mitte). Foto: Brüssel
„Ich kann die Mitspieler auch lenken, selbst wenn ich nicht den Ball habe“, sagt Rudi Bartlick (Mitte). Foto: Brüssel

Der Lyriker und Kämpfer auf dem Platz

Rudi Bartlick zählt zu Abbachs Stützen und spielte beim SSV Jahn +++ Er liebt Latein und Ovid. Bei Kicker-Kür steht er zur Wahl

Vor elf Jahren hatte Rudi Bartlick dieses eine Probetraining beim SSV Jahn Regensburg, das dem Youngster scheinbar den Weg zur Profi-Laufbahn verhieß. „Coach war Günter Güttler, sein Co-Trainer Markus Weinzierl“, erinnert sich der Mainburger. Er habe Potenzial für die erste Mannschaft, wurde ihm beschieden. Doch als es galt, den Betriebsunfall Bayernliga mit einem Etat von 1,2 Millionen Euro zu reparieren, war für den jungen Amateur kein Platz mehr. Bartlick kickte für SSV Jahn II.

„Mein Verhältnis zum TSV Bad Abbach ist eine Liebesgeschichte.“ Rudi Bartlick

„Natürlich hatte ich als Junge davon geträumt, Profi zu werden. Als daraus nichts wurde, war es aber nicht besonders schlimm. Mir wurde schnell klar, dass mein Weg ein anderer ist“, sagt der 31-Jährige in der Rückblende. Seine Fußballkarriere blieb höheren Amateurklassen vorbehalten. Die SpVgg Landshut, Jahn II, Freier TuS Regensburg und SV Seligenporten waren mit Bayern- und Landesliga seine Stationen, ehe die „Liebesgeschichte“, wie er selbst sagt, mit TSV Bad Abbach begann. Im Frühjahr 2012 heuerte er während der Saison auf der Freizeitinsel an. „Auch wenn es sich bei den vielen Vereinen dumm anhört: Ich bin ein Spieler, der Kontinuität braucht. Die habe ich in Bad Abbach gefunden.“

Fasziniert von der Götterwelt
Beim TSV ist er der Stabilisator, der Kämpfer, der Lenker, der Teamplayer – all diese Charakterisierungen vereinen sich auf den Hallertauer, der mit sechs Jahren beim TSV Sandelzhausen begann. „Ich werde aber nie versuchen, mich wichtig zu machen. Ich gehe mit hundert Prozent in jedes Spiel, sonst würde ich nicht auflaufen. Und verbal will ich meine Mitspieler auf dem Platz pushen“, beschreibt sich der Kicker. Im zweiten U13-Jahr wechselte er von Sandelzhausen zu „Spiele“ Landshut, blieb dort bis zu den C-Junioren und steuerte in der U17 die Adresse Post-Süd Regensburg an. „Aber Regensburg war ein bissl weit weg von Mainburg, daher hat es mich in der U19 wieder nach Landshut verschlagen.“

In der Schule hatte der junge Hopfenstädter ein ungewöhnliches Lieblingsfach: Latein. „Ich weiß, da gibt es nur zwei Haltungen dazu – entweder man liebt Latein oder man hasst es“, schmunzelt er. Bartlick wählte es neben Sport zu seinem Studienfach an der Uni Regensburg, heute ist er Lehrer für beide Fächer an einem Gymnasium in Deggendorf. „Ich sage den Schülern immer bei Latein: Lernt’s sauber mit und seid’s fleißig.“ Seine Leidenschaft am Latinum entzündet sich vor allem an der reichen mythologischen Götterwelt. „Mit Staatstheorien oder anderen politischen Schriften aus der Klassik habe ich es nicht so. Aber die Metamorphosen von Ovid packen mich.“ Der römische Dichter beschreibt – stets in Versen – die Welt von ihrer Entstehung bis zu historischen Personen wie Cäsar und Augustus, reichhaltig verpackt in Sagen und Mythen. „Gerade die Vorstellung, dass Götter sich in vielerlei Gestalten zeigen, fasziniert mich.“

„Die Kombination Latein und Sport imponiert manchem Spieler.“ Rudi Bartlick

Wenn er unter Fußballern von seinem Beruf erzählt, „imponiert manchen schon die ungewöhnliche Kombination aus Sport und Latein. Vorteile auf dem Platz habe ich dadurch aber nicht“, lacht Bartlick, der mit seiner Verlobten in Regensburg lebt. In sein Studium habe er viel Zeit investiert. Nach den Juniorenjahren spielte Bartlick noch ein Jahr bei Landshuts Herren, dann ging er auch studienbedingt zum Jahn, wo er drei Spielzeiten für Team II in der Landesliga auflief. „Ich hätte verlängern können, wollte aber als 23-Jähriger nicht mehr in einer U23 kicken.“ Er wechselte zum Freien TuS Regensburg. „Dort begann eine überragende Zeit mit Spielern wie Christoph Hegenbart, Florian Dieterle, Flo Schinn oder Bastian Schmiofski.“ Höhepunkt war der Bayernliga-Aufstieg im Jahr 2010 unter Coach Günter Brandl. Doch es folgte der unmittelbare Abstieg, die Mannschaft zerfiel. Bartlick blieb zunächst, hörte aber bald den Ruf von Trainerikone Karsten Wettberg aus Richtung SV Seligenporten. „Noch innerhalb der ersten Wechselfrist bin ich zum Bayernligisten gegangen.“ Angesichts der nahenden Examen stellte sich der Weg aber als zu weit heraus. „90 Kilometer nach Seligenporten waren zu viel Stress neben dem Uni-Abschluss.“

„Liebesgeschichte“ auf Umwegen
Zur Winterpause sollte es zum TSV Bad Abbach gehen – über Umwege. „Eigentlich war ich mit dem FC Tegernheim so gut wie einig.“ Zufällig traf er seinen Studienkollegen Daniel Beerschneider aus Neustadt, damals Stürmer bei Abbach. „Schon am Tag darauf hat sich der TSV gemeldet und mich mit seinem Konzept voll überzeugt.“ Ab da begann die „Liebesgeschichte. Ich fühle mich tierisch wohl in Abbach. Ich habe mir in all den Jahren kein einziges Angebot eines anderen Vereins angehört.“ Mit jetzt 31 Jahren „tut jeder Lauf ein bisschen mehr weh. Aber ich weiß umso genauer, was mein Körper braucht.“ Er werde nicht ewig weiterspielen, „aber momentan brauche ich das noch, auf dem Platz zu stehen. Es macht Spaß.“ Eine Spielertrainerrolle könne er sich später mal vorstellen.

Dass er zu den elf Kandidaten für die FuPa-Kür zu „Ostbayerns Spieler des Jahres“ zählt, hat ihn „völlig überrascht, eine tolle Sache! Ich hoffe bloß, dass ich nicht Letzter werde“, sagt Rudi Bartlick schmunzelnd. Am 30. Januar bei der Sportgala heißt’s: „Alea iacta est“, der Würfel ist gefallen.


Aufrufe: 017.12.2017, 13:00 Uhr
Martin RutrechtAutor