2024-06-14T14:12:32.331Z

Ligavorschau
Patrick Siefkes hoch konzentriert im D/A-Tor. Der Neue möchte die Position nicht mehr hergeben. Seine Stärken sieht der 25-Jährige als mitspielender Torhüter im Positionsspiel und in Eins-gegen-eins-Situationen.  Fotos Berlin
Patrick Siefkes hoch konzentriert im D/A-Tor. Der Neue möchte die Position nicht mehr hergeben. Seine Stärken sieht der 25-Jährige als mitspielender Torhüter im Positionsspiel und in Eins-gegen-eins-Situationen. Fotos Berlin

Der Kampf um die Nummer eins

Die SV Drochtersen/Assel gibt ihr Heimspiel-Debüt in der Fußball-Regionalliga Nord.

Sechs Jahre lang war Christoffer Schellin die unumstrittene Nummer eins auf der Torhüterposition bei der SV Drochtersen/Assel. Als Oberliga-Meister und Aufstiegsheld hat der 30-Jährige in der Fußball-Regionalliga Nord nun erstmals einen ernsthaften Konkurrenten. Wegen seiner hartnäckigen Verletzung hat Schellin seinen Stammplatz vorerst an den neu verpflichteten Patrick Siefkes (25) verloren. Die Beiden begegnen sich freundlich und wollen sich dem Konkurrenzkampf „sportlich“ stellen, wie sie sagen. Beide betonen ihren Ehrgeiz. Trainer Enrico Maaßen hofft, dass dies so bleibt und der Konkurrenzkampf beflügelt statt hemmt auf dieser „sehr sensiblen Position“.

Es sei schon ungewohnt, sagte Christoffer Schellin nach dem ersten Saisonspiel in der Regionalliga Nord beim VfL Wolfsburg II, bezüglich seiner Reservistenrolle auf der Auswechselbank. Seit er 2009 von der TuS Güldenstern Stade zur SV Drochtersen/Assel gewechselt war, war er sechs Spielzeiten lang die unumstrittene Nummer eins im Tor. „Ich habe hier viele Erfolge gefeiert, war dreimal Spieler des Jahres“, sagt der 30-Jährige. Ausgerechnet kurz vor Ende der abgelaufenen Meisterschaftssaison zog sich der Stammtorhüter einen Haarriss im Schambein zu. Der Heilungsprozess war hartnäckig, ist immer noch nicht komplett abgeschlossen. „Ich bin wieder bei 90 Prozent und recht optimistisch“, sagt Schellin. Derzeit versaue er Mannschaftsarzt Dr. Rik van den Daele fast täglich die Mittagspause, erzählt Schellin und lacht. Er könne aufgrund der Situation verstehen, dass der Verein reagieren musste. Schellin sagt, er sei sehr ehrgeizig und werde sich dem Konkurrenzkampf stellen.

Trainer Enrico Maaßen bezeichnet die Torhüterposition als „eine sehr sensible“. Er habe mit Schellin während des Trainingslagers sehr offen gesprochen und das Thema analysiert. Aufgrund der Ungewissheit wegen des Heilungsprozesses war klar, dass Schellin, der zweite Mannschaftskapitän, einen Konkurrent bekommen müsse. „Und wir brauchten einen sehr gestandenen Mann, der über Regionalligaerfahrung verfügt“, sagt Maaßen. D/A sei nach dem Aufstieg „nun in einem Bereich, in dem sich kein Spieler mehr ausruhen kann“. Egal wie verdienstvoll. Gleichwohl hat Maaßen auch dem Neuen, Patrick Siefkes, offen kommuniziert, dass er sich dem Konkurrenzkampf mit dem im Verein hoch angesehenen Christoffer Schellin stellen müsse. „Ich hoffe, dass sich die beiden in ihren Leistungen pushen“, sagt Maaßen, der viel Wert auf die Harmonie im Team legt.

Patrick Siefkes ist erst 25 Jahre alt, hat den Konkurrenzkampf als ehrgeiziger Torhüter aber schon während seiner gesamten Laufbahn er- und gelebt. Die Neuverpflichtung hat im Testspiel gegen Zweitligist Eintracht Braunschweig die D/A-Verantwortlichen überzeugt und im ersten Saisonspiel gegen den großen Favoriten VfL Wolfsburg II das Vertrauen in ihn bestätigt. „Man sieht sofort seine gute Ausbildung“, sagt Maaßen über den mitspielenden Torhüter.

Siefkes ist in Dessau geboren. Torhüter wurde der Nachwuchsfußballer durch Zufall. Bei einem Pfingstturnier ging der damalige D-Junior ins Tor, nachdem sich der Torhüter seiner Mannschaft verletzt hatte. Er wurde sogleich zum besten Torhüter des Turniers gewählt. Kurios: Fortan war er als Torhüter in der Kreisauswahl, in seinem Heimatverein spielte Siefkes aber weiter im Feld. Das änderte sich in der C-Jugend. Er wechselte den Verein und spielte zwei Jahre in der Landesauswahl. Danach wurde es leistungsorientiert: Im ersten B-Jugendjahr spielte Siefkes für den Halleschen FC und war an dessen Sportschule. Wiederum ein Jahr später lockte der 1. FC Magdeburg. Statt Verbandsliga spielte Siefkes in der U 17-Regionalliga. Der nächste Schritt nach vorn folgte sogleich: Nach nur einem Jahr ging es für Siefke als Stammtorhüter in die U 19-Bundesliga zum FC Carl Zeiss Jena. 2009 wurde er in den Profikader des Drittligisten übernommen. In der zweiten Saison kam er zum Ende hin zu seinem Profidebüt, weil der Stammtorhüter suspendiert worden war. Siefkes machte vier Spiele. „Und eigentlich hat das wunderbar geklappt“, sagt er, „aber für die nächste Saison wurde ein neuer Torhüter verpflichtet.“ Er sagt noch heute, dass er nicht wisse, warum er nicht Stammtorhüter bleiben durfte. Siefkes musste mit der Entscheidung des Vereins leben, er blieb noch drei weitere Spielzeiten beim FC Carl Zeiss Jena: In der 3. Liga blieb er ohne Einsatz, nach dem Abstieg in die Regionalliga Nord-Ost kam er nur auf zwei, in der dritten Saison sammelte er Spielpraxis im zweiten Team in der Oberliga.

„Ich habe nicht den Anspruch, auf der Bank zu sitzen“, sagt Siefkes. So wechselte Siefkes 2013 zum Regionalligisten FSV Wacker Nordhausen. Zwei Spielzeiten lang war er Stammtorhüter. Nun ist er nach den Bemühungen der SV Drochtersen/Assel in Kehdingen gelandet – und will spielen. „Ich bin ehrgeizig und werde alles dafür tun, auch im Tor zu bleiben“, sagt er nach seinem erfolgreichen Debüt mit D/A. Er und Schellin begegnen sich respektvoll. Der Konkurrenzkampf sei rein sportlich und solle auf dieser Ebene bleiben, betonen beide.

Noch hat Siefkes nicht viel von seiner neuen Fußballheimat gesehen. Ein bisschen von Stade und Drochtersen, am Strand von Krautsand hat er schon mal vorbei geschnuppert. Sein erster Eindruck ist durchweg positiv. „Und glauben Sie mir, Nordhausen ist nicht schön“, sagt er und lächelt scheu. Vom Umfeld her habe er in jedem Fall einen Schritt nach vorn gemacht, sagt er. Noch wohnt Siefkes in einem Mietzimmer in Barnkrug. Er sucht eine Wohnung in Stade. Bedingung bei seinem Wechsel war, dass er seine Ausbildung als Bürokaufmann, er ist im dritten Lehrjahr, beenden kann. Dass sei übrigens der größte Unterschied zwischen den Regionalligisten Nordhausen und D/A: Beim FSV sei er der einzige gewesen, der nebenher noch arbeitete, bei D/A machen alle noch etwas anderes. Seine Freundin ist derzeit in Erfurt, wenn alles klappt, folgt sie ihm nach Stade. Siefkes hat einen Ein-Jahres-Vertrag. Im Dorfverein Drochtersen sind längere Beziehungen aber bekanntlich nicht selten, sobald sich jemand heimisch fühlt...

Zum Spiel: Am Sonntag empfängt Aufsteiger SV Drochtersen/Assel um 15 Uhr den BV Cloppenburg – Heimspieldebüt in der Regionalliga. Trainer Enrico Maaßen hat den Gegner beim 1:1 gegen Flensburg beobachtet. Am Donnerstag hat er die Mannschaft zum Videostudium gebeten. Der Gegner wisse, wie Regionalligafußball funktioniere, auch wenn es für Cloppenburg nur um den Klassenerhalt gehe, so Maaßen. Was die erfahrenen BV-Spieler machen, habe alles Hand und Fuß. „Wir müssen höllisch aufpassen, die stehen defensiv und warten auf Fehler.“ Unter dem neuen Trainer Uwe Groothuis habe sich das Spiel des BV Cloppenburg verändert, es gehe nicht mehr nur hoch und weit. „Die haben schnelle Außen und Offensivleute“, sagt Maaßen. Bei aller gebotenen Vorsicht will Maaßen aber, dass D/A als Heimmannschaft „aktiv Fußball spielt“.

Einen Film mit den beiden Torhütern Patrick Siefkes und Christoffer Schellin schon jetzt und aktuelle Meldungen nach dem Abpfiff gibt es unter

www.tageblatt.de

Drochtersens Auftakterfolg in Wolfsburg „ist schon eine Marke“

Der Gegner: D/A hatte den BV Cloppenburg schon während der ersten Saison der eingleisigen Oberliga Niedersachsen 2010/11 als Gegner. Am elften Spieltag verlor D/A sein Heimspiel mit 0:3. Aus dem heutigen Kader standen Christoffer Schellin, Meikel Klee, Henry Sung und Benjamin Zielke sowie der jetzige Co-Trainer Markus Zimmermann in der D/A-Startelf. Das Rückspiel ging mit 1:4 verloren. Es war das erste Spiel des damals neuen Trainers Norbert Riedel. Aus dem heutigen Kader spielten Schellin, Klee und Sören Behrmann. Am Ende der Saison gehörte D/A als Tabellen-17. zu den sechs Absteigern der 20 Mannschaften starken Liga mit 36 Punkten. Die TuS Güldenstern Stade stieg als Letzter ab. Der TuS Heeslingen rettete sich gerade eben als 14. mit 47 Punkten. BV Cloppenburg wurde Vizemeister hinter Regionalliga-Aufsteiger und Meister SV Meppen.

Im Jahr darauf stieg Cloppenburg als Vize in die Regionalliga auf. In der vergangenen Saison schaffte Cloppenburg als Drittletzter nur den Klassenerhalt dank des Drittliga-Aufstiegs von Werder Bremens U 23.

Der Trainer: Uwe Groothuis hat den BV Cloppenburg vor dieser Saison übernommen. Er hat einen Ein-Jahres-Vertrag und soll den Klassenerhalt schaffen. Der 61-Jährige begann seine Karriere bei Kickers Emden und spielte mit Bremerhaven ein Jahr lang 2. Bundesliga. Seine Laufbahn beendete er bei seinen Kickers, führte diese als Kapitän 1991 in die Oberliga Nord und wurde zu Niedersachsens Spieler des Jahres gewählt. 2010 wurde Groothuis zum zweiten Mal Cheftrainer von Kickers Emden und war damit auch Gegner von D/A in der eingleisigen Oberliga. „Wenn ich nach Kehdingen komme und das Stadion wiedersehe, kommt bestimmt der Ach-ja-Effekt“, sagt Groothuis, der sich nicht mehr so gut erinnert. Das D/A-Debüt gegen Wolfsburg sei „schon eine Marke“, so Groothuis. Über D/A hat er sich im Internet informiert. Seine Mannschaft komme wie D/A über die Geschlossenheit. Im Heimspiel gegen Weiche Flensburg erkämpfte der Außenseiter ein 1:1.

Der TAGEBLATT-Tipp: D/A gewinnt mit 3:1. (jan)

Aufrufe: 030.7.2015, 14:28 Uhr
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