2024-05-02T16:12:49.858Z

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Yvonne Cremer ist seit zwei Jahren Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach.
Yvonne Cremer ist seit zwei Jahren Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach. – Foto: Sascha Köppen

"Der Fußball ist in seinen Strukturen eher starr und antiquiert"

Die Vorsitzende des Fußballkreises Mönchengladbach/Viersen über die kommende Saison und die Diskussionen zu mehr Frauen in Führungspositionen.

Frau Cremer, Sie sind zwar jetzt seit zwei Jahren an der Spitze des Fußballkreises Mönchengladbach/Viersen, haben aber durch die Pandemie noch keine normale Saison erlebt. So einen Auftakt stellt man sich anders vor, oder?

Cremer Allerdings! Das Ausmaß dieser Pandemie und die Auswirkungen auf die Gesellschaft und damit auch auf den Amateursport konnte niemand vorhersehen. Wir sind gezwungen, mit dieser Situation umzugehen, und wichtig ist es jetzt, neue Strategien zu entwickeln, wie der Amateurfußball zu einer neuen Normalität findet.

Welche Aufgaben sind aufgetaucht, von denen man vorher noch nicht mal eine Ahnung hatte?

Cremer Für die Vereine und die spielleitenden Stellen im Verband waren es insbesondere neue Aufgabenstellungen. Kernpunkte des Sports, Begegnung und direkter persönlicher Austausch waren nicht mehr möglich, stattdessen ist die Digitalisierung eingezogen: digitale individuelle Trainingsformen in den Vereinen, digitaler Austausch zu oft komplexen spiel- und satzungstechnischen Fragen in den Verbandsgremien. Wichtig und zugleich schwierig war es, im Austausch zu bleiben, die digitalen Optionen waren hier ein wichtiger, wenn auch nicht ausreichender Ersatz.

Die Inzidenzwerte gehen erfreulicherweise zurück. Bei den Vereinen sorgt es für Unmut, dass sie zwar wieder auf den Platz dürfen, aber trotz niedriger Inzidenzen nur mit negativem Test. Wie stehen Sie zu dieser Frage, zumal Studien ja belegen, dass im Freien das Ansteckungsrisiko sehr gering ist?

Cremer Wir sind auf die Vorgaben der Corona-Schutzverordnung angewiesen, Testmöglichkeiten bestehen inzwischen für alle ohne großen Aufwand. Ich hoffe aber, dass es im Laufe der Pandemie noch sportartspezifische Nachbesserungen in der Verordnung geben wird.

Wie sehen aktuell die Planungen für die neue Spielzeit aus? Gehen Sie davon aus, dass der Starttermin 22. August, den der Verband jüngst in den Raum gestellt hat, realistisch ist?

Cremer Wir fiebern alle einem pünktlichen Saisonstart entgegen und beobachten bis dahin die Inzidenzlage sehr genau, um auf veränderte Gegebenheiten frühzeitig und angemessen reagieren zu können.

Wie viel Vorbereitungszeit sollte man den Vereinen nach der langen Pause einräumen?

Cremer Kommt darauf an, wen man fragt, hier gehen die Meinungen stark auseinander, von zwei bis zehn Wochen. Pauschal kann man dies nicht beantworten, da viele individuelle Faktoren eine große Rolle spielen, zum Beispiel Fitness, Altersstruktur, Mannschaftsgefüge. Ich hoffe, dass wir für alle einen guten Kompromiss schaffen.

Während der Amateurfußball ruhte, gab es in der Führung des DFB eine regelrechte Schlammschlacht. Eine sehr aktive Gruppe fordert inzwischen eine Frauenquote im Vorstand ein, auch den Vorsitz einer Frau zu übergeben, wird diskutiert. Sie selbst stehen einem Kreis vor. Macht es Sie wütend, dass es sich teilweise noch immer so anhört, als seien das alles revolutionäre Vorschläge? Es sollte doch normal sein.

Cremer In der Gesellschaft sollte das normal sein, aber besonders der Fußball ist in seinen Strukturen noch eher starr und antiquiert. Ich bin kein Freund oder keine Freundin einer Frauenquote. Fachkompetenz sollte hier das Schlagwort sein und die Fragestellung, wie man es schafft, qualifizierte Personen zu fördern und in solche Positionen weiterzuentwickeln. Die Strukturen in den Vereinen und Verbänden schrecken oft gute Nachwuchskräfte ab, dies betrifft nicht nur Frauen. Das ist ein langer Weg, tatsächlich ist die veränderte Lage, auch durch die Pandemie, eine Chance, hier neue Wege zu gehen.

Welche Erfahrungen mit der Akzeptanz im Kreis haben Sie selbst in der Zwischenzeit gemacht?

Cremer Fehlende Akzeptanz ist mir im Kreis nie begegnet. Der Wortlaut ist zwar überall im Fußball männlich geprägt, aber das führt meist eher zu lustigen Situationen. Ich bin von einem Vereinsvertreter mal mit den Worten verabschiedet worden: „Mach et jot, Jung.“ Das habe ich als Kompliment aufgefasst.

Sollte man einmal ein Amt noch eine Ebene höher an Sie herantragen, wäre das für Sie vorstellbar?

Cremer Ich begegne, wie immer im Leben, neuen Herausforderungen und Aufgabenstellungen offen.

Sascha Köppen führte das Gespräch.

Aufrufe: 07.6.2021, 12:00 Uhr
RP / Sascha KöppenAutor