Um die Fußball-Lehrerlizenz von Türkgücü Münchens Coach Serdar Dayat gibt es Ungereimtheiten. Peter Neuruer, langjähriger Bundesliga-Trainer, spricht von einem Skandal.
München - Türkgücü München hat vorübergehend einen neuen Coach. Serdar Dayat übernimmt das Trainer-Amt bei den Münchenern bis mindestens Sommer 2021. Jetzt kommt raus, dass es bei dem Erwerb der Fußballlehrer-Lizenz des Istanbulers zu Ungereimtheiten kam. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, haben Peter Neururer und Rudi Bommer sich im Jahre 2009 unabhängig voneinander beim DFB gemeldet, weil Dayat die von ihnen aufgeführten Praktika gar nicht angetreten hatte.
Der ehemalige Jugendchef von Fenerbahce soll sogar seinen Praktikumsbericht im Wortlaut aus dem Internet abgeschrieben haben. Der DFB sah damals keinen Grund, Dayat die Lizenz wieder zu entziehen. Der Nachfolger von Alexander Schmidt war für ein mehrwöchiges Praktikum beim MSV Duisburg angemeldet, dass er aber unter Neururer nie angetreten hat.
Knapp zwölf Jahre nach dem Vorfall haben wir mit dem Kult-Coach darüber gesprochen. Der langjährige Bundesliga-Trainer kann es nicht fassen, dass Dayat jetzt Chef-Trainer bei Türkgücü München ist und erinnert sich genau an den Vorfall: „Das war damals ein absoluter Skandal!“, sagt Neururer auf Rückfrage von Fussball Vorort/FuPa Oberbayern am Telefon. Auch nach zwölf Jahren ist die Wut des inzwischen als TV-Experten tätigen Ex-Trainer noch zu spüren: „Der hat alles verdient, aber mit Sicherheit nicht die Bundesliga-Trainer Lizenz.“
Neururer schildert den Fall aus seiner Sicht: „Der (Serdar Dayat, Anm. d. Redaktion) ist gar nicht zum Termin für das Praktikum erschienen und hat dann noch einen Praktikumsbericht abgegeben, wobei er gar nicht da war. Das habe ich dann dem DFB gemeldet.“
Dayat war daraufhin vom Deutschen Fußball-Bund zum Kontrollausschuss zitiert worden. Warum der DFB nicht reagiert hat und Serdar Dayat die Lizenz nicht entzogen hat, ist Neururer auch heute noch völlig unklar: „Die Beschwerde lag beim DFB vor, und wenn der Verband das durchgehen lässt, dann ist das nicht meine Angelegenheit.“
Auf Anfrage des Münchner Merkurs sagt der DFB:
„Nach Prüfungen durch den DFB-Kontrollausschuss wurden am 16. Oktober 2009 im DFB-Präsidium zu dem Fall folgende Beschlüsse gefasst:
1. Keine Entziehung der Lizenz von Herrn Dayat durch das Präsidium des DFB gemäß § 29 Nr. 1. a) der Ausbildungsordnung des DFB.
2. Gegen Herrn Dayat wird kein sportgerichtliches Verfahren wegen des Verdachts eines unsportlichen Verhaltens eingeleitet.
3. Im vorliegenden Verfahren hat sich gezeigt, dass die Bestimmungen der DFB-Ausbildungsordnung und der APO hinsichtlich des Prüfungsverfahrens (z.B. Ableistung und Kontrolle des Praktikums, Anwesenheitspflicht) unzureichend sind. Die Bestimmungen sollten daher unter Einbindung des DFB-Trainer-Lehrstabs überarbeitet werden.
‚Zu 3: Entsprechende Änderungen und Präzisierungen der Ausbildungsordnung wurden im Anschluss vorgenommen und traten zum 1. Juli 2010 in Kraft.“
Dayat selbst äußerte sich vor zwölf Jahren zu dem Vorfall wie folgt: „Ich habe nicht die Chance erhalten, Einblicke zu bekommen, beim MSV Duisburg etwas zu lernen. Ich habe nie ein Praktikum gemacht - weil mich der Klub nicht gelassen hat", sah sich der damals 40-Jährige in der Opferrolle.
Neururer, der schon lange im Geschäft ist und fast alles schon miterlebt hat, ist fassungslos über die Nachricht, dass Serdar Dayat jetzt einen Drittligisten trainiert und der DFB nur dabei zusieht: „Damit nehmen solche Leute anderen Leuten, die es regulär und richtig machen, die Arbeitsplätze weg.“
Türkgücü München hat zu den Vorwürfen auf Anfrage ein Statement abgeben: „Serdar Dayat besitzt eine Fußballlehrer-Lizenz. Diese hat er rechtmäßig vom DFB erhalten. Mehr gibt es zu dem Thema nicht zu sagen.“, sagte Türkgücü-Geschäftsführer Max Kothny.
(Mario Gjevukaj)