2024-05-08T14:46:11.570Z

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Zweite Mannschaften als Dauergäste: Chiara Loos (rechts) vom TSV Schott, hier gegen Bayern München II, könnte in der eingleisigen Zweiten Liga auf viele Reserveteams treffen.	Archivfoto: hbz/Henkel
Zweite Mannschaften als Dauergäste: Chiara Loos (rechts) vom TSV Schott, hier gegen Bayern München II, könnte in der eingleisigen Zweiten Liga auf viele Reserveteams treffen. Archivfoto: hbz/Henkel

"Das wird eine Zwei-Klassen-Gesellschaft"

JENS KLEE Teammanger der Schott-Fußballerinnen spricht über die Probleme bei der geplanten eingleisigen Zweiten Liga

Mainz. Der Deutsche Fußballbund hat beschlossen, dass die Zweite Frauen-Bundesliga ab 2018 eingleisig wird. Eigentlich eine gute Sache, meint Jens Klee, Teammanager des TSV Schott Mainz. Die Umsetzung aber kritisiert er hart.

Herr Klee, die Vorsitzende des DFB-Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball, Margit Stoppa, hat gesagt, die eingleisige Zweite Frauen-Bundesliga werde zu Qualitätssteigerung und größerer Leistungsdichte führen. Das klingt doch erstmal gut, oder?

Es klingt erstmal gut, richtig (lacht). Ich glaube, die grundsätzliche Idee, die Qualität zu steigern, um auch Sponsoren an Land zu ziehen, ist gut. Nur muss man sich überlegen, dass in dieser neuen Zweiten Liga sechs bis zehn Teams drin sein werden, die außer Konkurrenz spielen.

Welche Teams meinen Sie?

Das sind die zweiten Mannschaften von Hoffenheim, Bayern, Frankfurt, Wolfsburg, Jena. Zudem werden die Regionalligen von zweiten Mannschaften angeführt, die alle aufsteigen. So kann es passieren, dass in eineinhalb Jahren, wenn die eingleisige Zweite Liga startet, zehn der vierzehn Teams Reserven sind. Wenn die dann alle unter den ersten zehn der Zweiten Liga landen, steigt der Elfte in die Bundesliga auf.

Der DFB wirkt dieser Dominanz scheinbar mit einer neuen Regelung entgegen. Demnach sind die zweiten Mannschaften reine U 20-Teams mit nur drei älteren Spielerinnen. Wird das helfen?

Da spielen dann sieben junge Nachwuchsnationalspielerinnen angeführt von drei erfahrenen Spielerinnen aus irgendeinem Erstliga-Kader. Wo ist denn da der Sinn? Wenn ich in meinem Team drei Spielerinnen der Sorte Meike Weber habe und der Rest besteht aus Spielerinnen wie Chiara Loos und Marleen Schimmer, dann hat doch kaum jemand eine Chance.

Sie stört also nicht die Idee der eingleisigen Liga an sich, sondern die Tatsache, dass dort auch zweite Mannschaften mitspielen dürfen, die dann zu dominant sein könnten.

Ja, denn man muss es mal so sehen: Die Bundesligisten haben es einfach. Sie locken junge Spielerinnen mit der Perspektive Bundesliga. Sie haben eine gute Infrastruktur, ein gutes Trainingsprogramm, eine gute Ausstattung. Die Talente gehen eher zu Wolfsburg, Bayern oder Hoffenheim und werden in der „Zweiten“ geparkt. Teams wie Saarbrücken, Wetzlar, Schott oder Meppen stärkt man so nicht, das ist das Problem.

Wie alle Zweitligisten war auch der TSV Schott am Entwicklungsprozess der Idee beteiligt. Wie war Ihr Vorschlag?

Wir wollten es so machen wie bei den Herren. Ab der Dritten Liga ist für die zweiten Mannschaften Schluss. So könnten sich auch Mannschaften, die keine Bundesligateams haben, etablieren. Diesen Vorschlag haben wir gemacht. Aber die Bundesligisten haben ihren Unmut geäußert. Und da ist der DFB nicht konsequent genug. Vielleicht will man den Großen nicht aufs Füßchen treten. Aber so kriegt man das Problem nicht in den Griff. Das macht es nur noch schlimmer.

Der Trainer einer Bundesliga-Mannschaft würde anders argumentieren und sagen: Wir brauchen eine starke Reserve in einer starken Zweiten Liga, um unsere Talente zu entwickeln.

Wenn ich mir Wolfsburg angucke oder Bayern, wann haben die denn zuletzt ein Mädel aus der eigenen Jugend hochgeholt? Das macht vielleicht eine Mannschaft wie Freiburg oder Leverkusen. Aber die ganz Großen nicht. Mit diesem Konzept wird die Zweite Liga eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.

Was müssen Sie tun, dass der TSV 2017/2018 eine Chance hat, unter die ersten Sechs zu kommen und sich so für die eingleisige Zweite Liga zu qualifizieren?

Wir müssen den Kader stark verbessern. Und auch dann wird es nicht einfach. Im Gegenteil: Das wird eine sehr schwere Nummer.

Auch die finanzielle Belastung wird größer, etwa durch die weiten Fahrten. Kann der TSV das stemmen?

Die Kosten müssen neu kalku-liert werden, aber das ist nicht das große Problem. Da stimmt auch das Konzept des DFB. Es gibt ein bisschen mehr Förderung und es wird bestimmt auch einfacher, Sponsoren zu finden. Da bin ich ganz beim DFB. Ich kritisiere nur den sportlichen Aspekt.

Was wird dieses Konzept langfristig gesehen mit kleineren Vereinen machen?

Man hört schon von einigen Mannschaften, die da nicht mitziehen. Weinberg etwa sagt jetzt bereits, dass sie die Segel streichen, weil sie das nicht schaffen. Auf Dauer werden die ersten acht Mannschaften in der Zweiten Liga Reserveteams sein und der Neunte steigt dann auf. Und das der dann in der Bundesliga keine Chance hat, liegt auf der Hand. Ich frage nochmal: Wo liegt da der Sinn?

Wird der Frauenfußball dadurch besser?

Ja und nein. Die Talente werden vielleicht in zweiten Mannschaften besser gefördert. Wobei ich glaube, dass ein Talent sich in einer starken ersten Mannschaft, die in der Zweiten Liga spielt, genauso entwickeln kann. Jedenfalls wird die Spanne zwischen den Vereinen immer größer. Viele kleinere Klubs werden nicht mehr mitkommen.

Das Interview führte Johannes Holbein.



Qualifikation zur Zweiten Liga

Aus den Zweiten Ligen Süd und Nord, die jeweils aus zwölf Teams bestehen, wird eine Klasse mit vierzehn Mannschaften- Die Saison 2017/2018 dient als Qualifikation. Die besten sechs Teams beider Ligen qualifizieren sich, auch zweite Mannschaften der Bundesligaklubs.

Hinzu kommt der Absteiger aus der Bundesliga sowie eine Mannschaft, die sich in einer Qualifikationsrunde durchsetzt, die zwischen den beiden Zweitliga-Siebtplatzierten sowie den Regionalliga-Meistern ausgespielt wird.

Aufrufe: 025.11.2016, 14:00 Uhr
Johannes HolbeinAutor