2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
In Höchst gibt Daniel Steuernagel als Cheftrainer der Offenbacher Kickers gewohnt lautstarke Anweisungen. 	Foto: erg
In Höchst gibt Daniel Steuernagel als Cheftrainer der Offenbacher Kickers gewohnt lautstarke Anweisungen. Foto: erg

»Das Spiel kann einen Schub bringen«

RL SÜDWEST: +++ Ex-Niddaer und -Lindheimer Daniel Steuernagel freut sich als Offenbacher Trainer auf spannende WM +++

HÖCHST/Nidder (flo). Den Notizblock mitsamt Kugelschreiber hatte Daniel Steuernagel stets in der Hand, ab und an schrieb er sich ein paar Gedanken auf. Ob der neue Trainer des ambitionierten Fußball-Regionalligisten, der schon in Diensten des SC Viktoria Nidda und des SSV Lindheim im Kreis Büdingen stand, aus dem 23:0-Testspielsieg (wie berichtet) seiner Truppe beim Büdinger A-Ligisten VfB Höchst allzu viele Erkenntnisse ziehen konnte, erscheint indes eher fraglich. Im Interview mit dem Kreis-Anzeiger zeigte sich Steuernagel jedenfalls zufrieden mit den ersten Tagen beim OFC. Zudem sprach der 38-Jährige über seine Ex-Vereine und die Weltmeisterschaft.

Herr Steuernagel, wie sind die Eindrücke von der OFC-Mannschaft nach der ersten Trainingswoche und zwei Testspielen?

Absolut positiv. Es ist auch gegen unterklassige Mannschaften wichtig, dass man die Spannung und das Tempo hochhält, dass wir im Abschluss zielstrebig und konzentriert sind. Das, was wir trainiert haben und was wir im Spiel sehen wollten, beispielsweise das Verhalten nach Ballverlust, haben die Jungs gut umgesetzt. Wir haben den Ball immer gut laufen lassen, uns gute Chancen rausgespielt. Daher bin ich mit der ersten Woche zufrieden.

Bisher haben Sie kleinere und provinziellere Vereine trainiert. Wie ist die Umstellung, nun beim OFC zu sein?

Inhaltlich und auf dem Platz ändert sich nicht viel, aber das Drumherum eben. Beim Trainingsauftakt waren über 1000 Leute, das war bei meinen vorherigen Vereinen natürlich nicht so. Die Fans, das Stadion, das Trainingsgelände – das ist schon etwas Besonderes. Das ist vielleicht der größte Unterschied zu den Vereinen, die ich vorher trainiert habe.

Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, hauptberuflich in den Fußball zu gehen?

Schon als Kind war das immer mein Ziel. Damals wollte ich natürlich Fußballprofi werden, das hat leider nicht geklappt. Nach einer schweren Verletzung mit 17 Jahren und ein paar Operationen wusste ich, dass es als Spieler nicht mehr funktionieren wird und habe mich danach auf meine Trainerkarriere konzentriert und das angeschoben. Aber es ist immer schwierig, so etwas zu planen. Daher bin ich froh, dass ich jetzt beim OFC arbeiten kann.

Wie soll sich das OFC-Spiel unter Ihrer Regie darstellen?

Wir wollen das zeigen, was die Fans sehen wollen. Die Fans wollen ein gutes Spiel sehen, sie wollen sehen, dass die Jungs immer alles geben. Wir wollen mit vielen Emotionen spielen, nach Ballverlusten sofort gegenpressen. Wir haben so gute Fußballer in unsere Reihen, dass wir ein gutes Positionsspiel haben, eine gewisse Dominanz ausstrahlen und Zielstrebigkeit in unser Spiel bekommen. Ich glaube, wenn wir das alles schaffen, werden wir eine sehr, sehr gute Runde spielen.

Der frühere Verbandsligist SSV Lindheim spielt mittlerweile in der Kreisliga B, Viktoria Nidda hat sich aus der Verbands- in die Kreisoberliga zurückgezogen. Wie verfolgen Sie Ihre Ex-Clubs?

Die Ex-Vereine verfolgt man natürlich immer. Bei Lindheim ist es sehr schade, dass es damals so zu Ende ging. Zum Glück haben sie jetzt wieder eine neue Mannschaft. Es ist zwar eine ganz andere Liga, aber das ist ganz egal. Hauptsache ist, dass der Verein wieder eine Fußballabteilung hat. In Nidda hat es mich ein bisschen überrascht, weil in den letzten Jahren sukzessive gut weitergearbeitet wurde. Der Verein wird sich aber etwas dabei gedacht haben und jetzt geht es eben in der Kreisoberliga weiter.

Der SC Teutonia Watzenborn-Steinberg, Ihre vorherige Station, ist mit dem VfB 1900 Gießen zum FC Gießen fusioniert. Wie sehen Sie diesen Schritt?

Positiv. Da wurden jetzt Kräfte gebündelt, es ist ein städtischer Verein, dadurch gibt es wieder neue Möglichkeiten, sie spielen jetzt im Waldstadion. Vielleicht werden sie dadurch für neue Sponsoren noch attraktiver. Ich drücke die Daumen, dass sie dieses Jahr den Aufstieg schaffen.

Ein Blick zur Weltmeisterschaft. Deutschland hat sich mit Ach und Krach im Turnier gehalten. Wie bewerten Sie die bisherigen Leistungen der deutschen Mannschaft? Was ist drin für die DFB-Elf?

Es war natürlich nicht einfach, nachdem der Start gegen Mexiko alles andere als gut war. Körpersprache, Tempo im Spiel, Umschaltverhalten nach Ballverlusten – das war gegen Schweden besser, aber wohl auch noch nicht so, wie sich das Jogi Löw vorstellt. Aber es war ein Schritt in die richtige Richtung. Das Spiel mit zehn Mann zu drehen, kann einen Schub bringen. Fußball hat manchmal auch etwas mit Spielglück zu tun. Dass der Ball reinging, war für uns natürlich Gold wert. Ich gehe davon aus, dass wir weiterkommen, das Turnier geht für Deutschland jetzt los.

Die gezeigten Defizite war man von einer deutschen Nationalmannschaft so nicht gewohnt. Waren Sie überrascht?

Klar waren die Testspiele genauso wie es sich gegen Mexiko dargestellt hat. Aber man hätte schon gedacht, dass sie sich auf den Punkt fokussieren können. Das hat eine deutsche Mannschaft immer ausgemacht. Dennoch: Es war halt ein holpriger Turnierauftakt. Aber ich bin positiv gestimmt, dass es ab jetzt für Deutschland ein gutes Turnier wird. Im Achtelfinale hat man natürlich ein gefühltes Finale. Brasilien wird nach dem 1:7 im eigenen Land sehr, sehr heiß sein. Sollte es zu diesem Spiel kommen, dürfen wir uns darauf riesig freuen.

Nach den bisherigen Eindrücken des Turniers: Wer sind für Sie die Favoriten?

Nach dem ersten Spiel hätte ich auf jeden Fall Spanien gesagt, das hat mich schon sehr beeindruckt, das zweite Spiel war aber nicht so stark. Frankreich ist auch dazu zu zählen. Belgien war für mich unglaublich stark im letzten Spiel. Da muss man mal abwarten, wenn die Gegner besser werden. Brasilien kann ein Wörtchen mitreden, Kroatien war sehr stark, England ist auch gut unterwegs. Es sind unheimlich viele Mannschaften, die ein gutes Niveau haben. Dann entscheiden zum Schluss Kleinigkeiten. Es wird eine spannende Weltmeisterschaft.



Aufrufe: 026.6.2018, 08:00 Uhr
Kreis-AnzeigerAutor