2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
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"Das sind die wahren Helden"

Der TSV Böbingen lässt sich von der Pandemie nicht ausbremsen: Am morgigen Samstag geht die Drive-In-Teststation an der Römerhalle in Böbingen in die mittlerweile achte Runde. Zwischen 120 und 180 Personen pro Samstag ließen sich in den vergangenen Wochen und Monaten so testen, berichtet Thilo Riek, Vorsitzender des TSV.

Tests für hunderte Personen und Spendengelder für die Stauferklinikum in Mutlangen – das ist die Bilanz der Drive-In-Teststation, die beim TSV Böbingen entwickelt wurde. Mit einem Weißwurst-Frühstück lockten die engagierten Helferinnen und Helfer am Morgen des 01. Mai wieder mehrere hundert Menschen in ihren Autos an die Römerhalle in Böbingen. Im kleinen Spendenkässle für die Würste konnten so insgesamt 1.300€ für das Stauferklinikum in Mutlangen gesammelt werden. Dort durften sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deshalb auf ein neues Ruhesofa freuen, erzählt der sichtbar stolze Vorsitzende des TSV, Thilo Riek. Uns hat er erklärt, wie sie in Böbingen auf die Idee mit der Teststation kamen und was das mit dem Zusammenhalt im Verein und der Gemeinde gemacht hat. Denn Riek und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollten etwas tun und nicht nur daheim rumhocken.

Der Zusammenhalt beim TSV Böbingen hat auch die für die Vereine so schwierigen Wintermonate ziemlich unbeschadet überstanden. Damals beschloss der Vorstand um Thilo Riek, alle Zuschauerinnen und Zuschauer auf dem Sportplatz mit einem eigenen Mund und Nasenschutz auszustatten, als Fußballspiele gerade noch möglich waren. Denn ganz allgemein versucht man in Böbingen, der knapp 5.000 Einwohner zählenden Gemeinde mit seinen 1.400 Mitgliedern im Turn- und Sportverein, auch in diesen Zeiten alles für seine Mitglieder zu tun und hält die Solidarität in der Gemeinde hoch.

Wie man sich als Verein in der Pandemie für seine Mitglieder und die Gemeinde engagieren kann

So sei es durch eine pfiffige Aktion auch zu Jahresbeginn schon möglich gewesen, Sport im Freien für Kinder anzubieten, als man jeweils ein Elternteil mit seinem Kind und einem weiteren sportbegeisterten U14-Jährigen in Dreierkonstellationen trainieren ließ. Auf diesem Weg schuf man auch Angebote für Kinder, bei denen die Eltern etwa weniger Zeit aufbringen können, die sportliche Betätigung ihrer Kinder zu fördern und niemand musste auf der Strecke bleiben. Wirklich alle Eltern seien gottfroh über die Torschussübungen der Kleinsten gewesen, weiß Riek, bei dem sich viele für diese Möglichkeit bedankten. Denn überall waren die Kinder und Jugendlichen ja schon einige Tage vor Weihnachten aus der Schule nach Hause geschickt worden und Sport bildete oft die einzige wirkliche Abwechslung zum Home-Schooling vor dem Bildschirm. Und auch bei den digitalen Möglichkeiten versuchte der TSV, die Möglichkeiten voll auszuschöpfen und installierte eine Kamera mit einem fest angelegten Zoom-Account, der die Kraft- und Koordinationsübungen der Böbinger Trainer direkt in die Wohnzimmer der Mitglieder streamte. Auch die vereinseigene Halle könne man zurzeit als Einzelperson zusammen mit einem weiteren Hausstand mieten, um Sport am vor und nach den Übungen desinfizierten Gerät zu ermöglichen, wirbt Riek im Interview. Mit vertretbarem Risiko die Sportbegeisterung in Böbingen aufrecht zu erhalten, darum gehe es dem TSV Böbingen.

Morgen zum bereits achten Mal: Die Drive-In-Teststation des TSV an der Römerhalle


Doch auch neben diesen sportlichen Angeboten unternimmt der TSV Böbingen wirklich alles und lebt gesellschaftliche Solidarität: „Wir haben unsere Mitglieder gefragt und waren auch selbst daran interessiert, die Testmöglichkeiten in Böbingen auszubauen. So kam es dann zur Idee mit der Drive-In-Teststation“, erklärt Riek. Gemeinsam mit dem DRK, das sonst in Aalen testet, habe man freiwillig helfende Mitglieder als Tester schulen lassen, um das Konzept einer Drive-In-Teststation umzusetzen. Denn die Testmöglichkeiten in Böbingen waren beim ersten Testtag am Ostersamstag noch relativ beschränkt gewesen. An der Römerhalle können sich nun schon seit dem Osterwochenende jeden Samstag von 9 bis 12 Uhr in erster Linie alle Mitglieder des TSV testen lassen, doch steht das Angebot natürlich auch jedem anderen Böbinger und darüber hinaus offen.

Im Hintergrund wirken insgesamt etwa 65 TSV-Mitglieder an etwa 200 Tests in den drei Stunden mit, teilen sich Aufgaben und Schichten. Und auch für die Ungelernten gibt es genügend zu tun: Sie weisen die Autos ein, übermitteln die Ergebnisse und packen mit an, wo es geht. Das Buchungsportal auf der Homepage hat ein IT-affines Mitglied aufgesetzt.

Tatkräftige Unterstützung erhält der TSV dabei von der Gemeinde. Die Tests und die Räumlichkeiten in der Römerhalle stellt sie bereit, Riek und Bürgermeister Jürgen Stempfle (selbst TSV-Mitglied und in der AH aktiv) stehen in engem Austausch miteinander. Und noch mehr: Stempfle hat sich selbst zum Tester schulen lassen und schon drei Mal mitgeholfen. Aus Rieks Sicht verdienen die Gemeinde und er ein riesiges Lob.

Vereine und Corona – was tun?

„Für mich hat das immer etwas von diesem Bild mit dem Kaninchen und der Schlange“, sagt Riek. „Entweder erstarrt man vor der Schlange, oder man versucht halt, was zu tun. Ich habe mich für Zweiteres entschieden – und das war auch das Richtige. Natürlich hatten wir am Anfang mit Unsicherheiten zu kämpfen. Im Großen und Ganzen engagieren wir uns hier, damit wir bald wieder mit 1.400 Mitgliedern Sport treiben können.“ Fragen, die alle Vereine umtreiben – Wie komme ich als Verein durch die Pandemie? Werden die Mitglieder bei der Stange bleiben? – werden hier mit praktischem Engagement beantwortet. „Ich mache das für die Bevölkerung und für meine Mitglieder. Aber auch für den Verein an sich, um nach der Pandemie genauso stark hervortreten zu können wie davor“, erklärt Riek, der das Konzept mit zwei anderen Mitstreitern beschlossen hat. „Aber es funktioniert natürlich nur, wenn du auch Mitglieder hast, die mithelfen. Und bei denen bedanke ich mich Woche für Woche. Das sind die wahren Helden, nicht wir im Vorstand, die nur die Rahmenbedingungen schaffen.“ Und einen weiteren positiven Nebeneffekt bringt die Idee der Teststation für den Zusammenhalt im Verein mit sich: Während auf ehrenamtlich organisierten Festen die jeweiligen TSV-Abteilungen sonst meist für sich blieben, stünde hier der 60-jährige Nordic Walker neben dem 30-jährigen Kicker und der 20-jährigen Turnerin. Sonst kennt man sich nur vom Sehen, jetzt kommen alle gemeinsam miteinander aus und unterhalten sich, obwohl man sich vorher gar nicht kannte.

Testkapazitäten verlagern, wenn der Ball wieder rollen kann

Perspektivisch möchte man beim TSV umschwenken, wenn der Breitensport, wie zu erwarten ist, in den nächsten Wochen und Monaten wieder in einem größeren Maße bei vorheriger Testung möglich sein wird. „Wenn die AH sich nachmittags zum Neun-gegen-Neun trifft, können sie sich vormittags testen lassen. Dann profitieren wir von dem Angebot, das wir im Vorfeld geschaffen haben.“ Die nächste Stufe könnte dann so aussehen, dass man unter der Woche an bestimmten Abenden teste, doch das sei noch nicht in Stein gemeißelt, berichtet Riek aus dem Vorstand.

Wer also noch mit einem guten Gefühl auf Pfingstbesuche zur Verwandtschaft gehen möchte, kann das mit vorheriger Terminbuchung auf der Homepage des Vereins tun – es gibt noch freie Plätze für morgen. „Lieber lässt man sich an einem Samstag testen als am Pfingstmontag und hat dann das ganze Wochenende die Sicherheit“, appelliert Thilo Riek. In diesem Sinne: Hier geht es zur Terminbuchung.

Aufrufe: 021.5.2021, 10:50 Uhr
Michael FeindertAutor