2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
F: Michael Pauly
F: Michael Pauly

"Das Einzige was gefehlt hat, war eine Fußballmannschaft"

Spielertrainer des ASV Trabelsdorf Kàri Reyr Jonsson Beck (41) im FuPa-Interview +++ nach vier Jahren stellt der ASV in dieser Saison erstmals wieder eine eigenständige Mannschaft +++ Tabellenplatz eins in B-Klasse 4 Bamberg nach zehn Spieltagen

Es ist der kleine schräge Strich über dem a und das Jonsson im Namen, der einen fragen lässt, woher die Wurzeln des 41-Jährigen stammen. Während die Fußballwelt vieler Spieler oftmals im kleinen Kosmos beginnt und in einem solchen auch wieder endet, klopfte Beck schon bereits an das Tor der 1. Liga. Doch nicht in Deutschland, Spanien oder England – Beck spielte in dem Land höherklassig Fußball, welches uns bei der Europameisterschaft 2016 nicht nur mit dem kleinen runden Leder, sondern auch mit der Mentalität elektrisierte.

Herr Beck, um einmal kurz exotische Gewässer zu befahren: Ihr vollständiger Name lautet Kàri Reyr Jonsson Beck. Das klingt auf den ersten Blick skandinavisch.

Beck: Das stimmt. Ich komme ursprünglich aus Island. Der Gravis über dem a spricht man „au“ aus.

Dann lief die Fußball Europameisterschaft in diesem Jahr ja genau nach ihrem Wunsch.

Beck: Dass wir mal dabei waren, war für uns eine ganz neue Erfahrung. Was soll ich dazu sagen? Es war einfach irre. Man kann es nicht in Worte beschreiben und auch jetzt bei der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland sind wir voll im Soll. Ich habe im Landkreis Bamberg zum Teil mehr Island Fans mit Trikots gesehen als Deutsche. Die EM war wahnsinnig schön und noch schöner zu sehen ist, dass das Abenteuer weiter geht.

Was vor allem die anderen Nationen überrascht und elektrisiert hat, war die Euphorie, die durch ganz Island ging. Trügt der Schein oder haben die Isländer wirklich diese frenetische Mentalität?

Beck: Ich denke das beste Beispiel war die letzte Basketball Europameisterschaft. Wir haben unsere Gruppe in Berlin spielen müssen und haben jede Begegnung verloren. Dennoch standen Fans noch lange nach Schlusspfiff in der Arena und haben gejubelt. Wir sind eine kleine Nation mit nur 330000 Einwohnern. Egal bei welchem Event wir dabei sind, ob es von sportlicher Natur ist oder beispielsweise der Eurovision Song Contest, wir halten immer zusammen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir mal als schlechter Verlierer abgestempelt wurden. Als Fußballnationaltrainer Lars Lagerbäck uns 2011 übernommen hat, standen wir noch auf Platz 104 der FIFA-Weltrangliste. Da kannte uns niemand. Nur im Handball waren wir immer vorne dabei. Trotzdem werden wir nach dem Erfolg nicht hochnäsig. Wir werden immer so bleiben und gehen nicht davon aus, dass wir durch die WM-Qualifikation spazieren und locker ins Halbfinale einziehen werden. Egal wie es läuft: Das kleine Island bleibt das kleine Island!


Gaustadt ohne jegliche Chance im Spiel gegen Trabelsdorf. Die Partie endete mit 13:1 (3:0) für die Mannschaft um Spielertrainer Kari Beck. F: Michael Pauly

Kommen wir nun zu Ihnen: Erzählen Sie uns was über Ihre persönliche, fußballerische Laufbahn.

Beck: Ich habe mit sechs Jahren angefangen Fußball zu spielen in meinem kleinen Heimatdorf in Island. Bis 1993 habe ich die komplette Jugendlaufbahn absolviert, bevor ich dann vier Jahre lang dort im Herrenbereich gespielt habe. Dann habe ich mich bei vielen isländischen Vereinen ausprobiert und bis zur 2. Liga gespielt. Ich habe an vielen Probetrainings im Ausland teilgenommen, für den kompletten Durchbruch hat es allerdings nicht gereicht. 2003 bin ich dann nach Deutschland gekommen und habe bis 2006 beim FC Viereth gespielt. Danach habe ich als Spielertrainer bei der SpVgg Lauter begonnen und konnte mit der Mannschaft von der Kreisklasse in die Kreisliga aufsteigen. Nach vier Jahren zog es mich nach Walsdorf in die Kreisklasse. Drei Jahre später war ich dann für eine Saison in Kirchaich. Nachdem ich dann beim FC Viereth anheuerte und dort entlassen wurde, bin ich ab diesem Sommer als Spieletrainer für den ASV Trabelsdorf in der B-Klasse aktiv.

Eine jetzt schon ziemlich umfangreiche Karriere. War der Isländer im Team auch immer „der Isländer“?

Beck: Freilich haben am Anfang viele ein Problem gehabt, meinen Namen richtig auszusprechen. Irgendwann habe ich den Spitznamen „Ice-Man“ bekommen, der bis heute kurioserweise geblieben ist.

Nun sind Sie seit dieser Saison Spielertrainer beim ASV Trabelsdorf in der B-Klasse. Wie gefällt es Ihnen bisher?

Beck: Ich fühle mich wirklich sehr wohl hier und kann nur meinen größten Respekt gegenüber den Leuten aussprechen, die hier ihre Arbeit machen. Vor ein paar Jahren hatte man nicht einmal eine eigene Mannschaft, sondern ist eine Spielgemeinschaft mit der Tüteschengereuther Reserve eingegangen. Und wenn man nach vier Jahren Abstinenz wieder so etwas aufbaut, dann steht eine schöne Zukunft in Aussicht. Ich schließe beim Aufbau alle ein. Vorstandschaft, Spieler und Zuschauer, die zu Hause oder auswärts dabei sind. Die Anlage und das Sportheim sind exzellent aufgebaut. Das Einzige was gefehlt hat, war eine Fußballmannschaft. Umso glücklicher bin ich, dass man mich kontaktiert hat und mir den Trainerjob anvertraut.

Sportlich gesehen scheinen Sie die isländische Mentalität auf ihre Mannschaft übertragen zu haben. Sie führen die B-Klasse beeindruckend an.

Beck: Bisher läuft die Saison sehr gut, obgleich wir nicht daran gedacht haben. Wir haben neun der ersten zehn Spiele gewonnen. Die Niederlage gegen Bischberg vor zwei Wochen tut uns aber fast gut, denn wir waren etwas verwöhnt, haben Spiele gewonnen, die wir schlecht bestritten haben und trotzdem habe ich den Jungs erklärt, dass wir uns fußballerisch nur selber schlagen können. Die 7:1- Trotzreaktion des Wochenendes war das, was ich mir vorgestellt habe. Mit der sportlichen Leistung sind wir größtenteils zufrieden, denn wir haben alles in unserer eigenen Hand.

In der eigenen Hand also. Hört sich nach Aufstiegswünschen an.

Beck: Ich meine, es wäre nicht clever nein zu sagen. Meine Philosophie ist, dass du in jedes Spiel reingehst, um zu gewinnen. Da ist der Name des Gegners egal. Derzeit haben wir vier Punkte Vorsprung und wenn wir so weitermachen wie bisher, wäre es freilich logisch aufzusteigen. Das offizielle Saisonziel ist es jedoch nicht. Wir warten erstmal bis zur Winterpause ab und schauen dann weiter. Ich habe bei einem weiterhin so guten Verlauf aber nicht Angst zu sagen, dass wir jetzt da oben bleiben wollen. Aber für große Sprüche reicht es noch nicht. Die ganze Situation kann auch schnell kippen und wenn wir zwei Spiele in Folge nicht gewinnen, sind wir den Platz an der Sonne prompt wieder los. Wichtig ist und da spreche ich aus Erfahrung, der Teamgeist der Mannschaft. Wenn wir den so beibehalten, glaube ich auch daran, dass wir vieles schaffen können.

Wenn wir aber schon dabei sind: Wer könnte Ihnen den Titel denn am meisten streitig machen?

Beck: Meiner Meinung nach ist es Mühlhausen, die jederzeit Spieler aus der ersten Mannschaft holen können und ein eingespieltes Team verkörpern. Auf Victoria Bamberg müssen wir aufpassen wie auch auf Bischberg, die uns letzte Woche geschlagen haben. Den ETSV Bamberg sehe ich beispielsweise besser ein, als es die Tabelle aussagt.

Sie sind 41 und Spielertrainer. Heutzutage nichts Außergewöhnliches mehr. Weitere 20 Jahre Fußball spielen ist aber dennoch unrealistisch. Mit was verbindet man mit dem Namen Kari Reyr Jonsson Beck in Zukunft. Trainer in der Kreisklasse? Kreisliga? Bezirksliga?

Beck: Mein größter Wunsch ist es, die Zeit für einen Trainerschein zu haben. Es ist richtig, dass man mit 41 Jahren nicht daran denkt, selbst noch lange Fußball zu spielen. Ich traue mir durchaus zu, höherklassig zu trainieren oder im Ausland Fuß zu fassen. Aber mein primäressowie persönliches Ziel ist erstmal der Trainerschein, den ich in absehbarer Zeit machen möchte.

Aufrufe: 020.10.2016, 07:00 Uhr
Kai HeermannAutor