2024-05-17T14:19:24.476Z

Ligabericht
Zahlreiche Willofser sind zu ihrem Heimatverein zurückgekehrt.	Foto: Diebel
Zahlreiche Willofser sind zu ihrem Heimatverein zurückgekehrt. Foto: Diebel

Das Comeback an der Jossa

KLC LAUTERBACH-HÜNFELD: +++ Fußball SV Willofs ist auf die Fußball-Landkarte zurückgekehrt / Das gesamte Dorf hat mitgeholfen / Beliebter Anlaufpunkt für Groundhopper-Szene +++

Willofs. Es war im Jahr 1996, als der SV Willofs seine Seniorenfußballmannschaft abmelden musste. Aus Mangel an Spielern war es vorbei mit dem Vereinsfußball in dem 400-Seelen-Dorf. Vor zwei Jahren gründete man dann eine Hobbymannschaft. Diese hielt zusammen mit einem Lauftreff den Verein am Leben.

Im Februar 2018, mehr als 20 Jahre nach der Auflösung, gab der Verein auf der Jahreshauptversammlung bekannt, dass man auf die Fußball-Landkarte zurückkehren möchte. Es waren wieder genug Spieler gefunden. Die Meisten dafür kamen aus der noch bestehenden Hobbymannschaft. Dazu wurden einige angeheiratete oder zugezogene Partner der Frauen aus Willofs rekrutiert. Ein paar Spieler lösten sich von ihren bis dato aktuellen Vereinen, um beim Wiederaufbau mitzuhelfen. Sie kamen meist aus den umliegenden Orten, wie zum Beispiel vom FSV Pfordt (wie Präsident Thomas Lorenz), aber auch von der SG Lautertal, der FSG Wartenberg/Salzschlirf, vom VfL Lauterbach, der SG Lauter und der FSG Vogelsberg. Aber auch aus dem Kreis Alsfeld von der Spvgg Leusel gab es einen Neuzugang. Doch auch einige Spieler, die schon vor längerer Zeit in einem Verein aktiv waren, entschlossen sich, sich dem SVW anzuschließen.

20 Mann im Kader

Im Dorf Willofs gibt es seit einiger Zeit auch eine Unterkunft, in der Geflüchtete leben. Als es noch eine Hobbymannschaft gab, waren auch einige der Bewohner dieser Unterkunft regelmäßig dabei. So ist es auch nicht verwunderlich, dass einer von ihnen auch jetzt zu Vereinszeiten noch aktiv ist. Er wohnt zwar mittlerweile in Alsfeld, doch nimmt der äthiopischstämmige junge Mann den Weg nach Willofs zum Spiel oder zum Training gerne auf sich. Aktuell zählt der Verein rund 20 aktive Spieler.

Auch wenn die Spieler nun vorhanden waren, musste bis zum Saisonstart noch einiges getan werden. Es mussten Geldgeber gefunden werden, um den Spielbetrieb wieder aufnehmen zu können. So konnte zum Beispiel der örtliche Anbieter von Helikopter-Rundflügen als Hauptsponsor gewonnen werden und die ansässige Metzgerei hilft bei der Bewirtung an den Spieltagen. Doch mehr als 20 Jahre gingen auch an der Spielstätte nicht spurlos vorbei. Das Jossastadion verwilderte zusehends. Es mussten zwei neue Drainagen gelegt werden, um das Feld zu entwässern, der Rasen musste gestutzt werden und die mehr als 40 Jahre alte Tribüne wurde vom Moos befreit. Dabei war der ortsansässige Bauunternehmer behilflich. Natürlich musste auch das Sportlerheim wieder auf Vordermann gebracht werden. Während die vorderen Räumlichkeiten, zum Beispiel zum Public Viewing bei Welt-und Europameisterschaften, immer noch in Betrieb und somit gut in Schuss sind, waren beispielsweise die Duschen verkalkt und wurden in der langen fußballlosen Zeit als Abstellräume genutzt. Das ganze Dorf half mit, um das Comeback möglich zu machen.

Am 12. August 2018 war es dann soweit. Das erste Pflichtspiel bei der SG Praforst II stand an und eine Woche später war dann endlich auch das Jossastadion wieder Schauplatz für ein Pflichtspiel. Der TSV Ufhausen II war zu Gast. Beide Spiele konnten gewonnen werden und man kassierte gerade einmal ein einziges Gegentor. Einige Spieler der früheren Hobbymannschaft bestritten mit Mitte 30 ihr erstes Pflichtspiel in einem Fußballverein überhaupt. Bereits im dritten Spiel kam es dann zum ersten Schlitzerlandderby nach 22 Jahren. Der FSV Pfordt II war zu Gast. Dieser entschied das Spiel auch deutlich für sich. Die Euphorie in Willofs fand aber auch durch die Derbyniederlage keinen Abbruch.

Zur Winterpause stehen fünf Siege, drei Niederlagen und ein Unentschieden zu Buche. Der Verein belegt Platz vier mit einem Torverhältnis von 18:12-Toren. Präsident Thomas Lorenz zieht ein positives Fazit: „Dass wir gerade zum Schluss der Hinrunde die Punkte geholt haben und aktuell so gut da stehen, ist wirklich toll.“ Sowohl auf die Saison gesehen, als auch für die nächsten Jahre, hat sich der Verein kein spezielles Ziel gesetzt. Der Spaß steht im Vordergrund, die Saison soll stabil zu Ende gespielt werden und man ist froh, wenn man keine Spiele absagen muss. Bezüglich der nächsten Jahre sagt Lorenz: „Wir haben keinen Fünf-Jahres-Plan und schauen von Jahr zu Jahr.“

Ein weiterer Höhepunkt in der Vorrunde war das Gastspiel des SV Lindenau III aus Leipzig. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, in jedem Bundesland, ein Freundschaftsspiel zu absolvieren. Der SV Willofs gesellte sich damit zu illustren Namen wie Eintracht Braunschweig und Tasmania Berlin. Das Spiel wurde im Rahmen des Oktoberfestes gefeiert und selbst der Hessische Rundfunk war vor Ort.

Auch in der Groundhopperszene ist der SV Willofs mittlerweile nicht mehr unbekannt. Der Groundhopper und Blogger Jonas Schulte, der außerdem Stadionsprecher beim Regionalligisten SC Hessen Dreieich ist, entdeckte diesen Verein beim ersten Heimspiel für sich und erklärte sich bereit, beim darauffolgenden Derby, in Absprache mit dem Viertligisten, den Job des Stadionsprechers zu übernehmen. Zur Erklärung: Beim Groundhopping ist es das Ziel, immer wieder neue Sportplätze oder Stadien kennenzulernen, beziehungsweise zu sammeln.

Am 24.März 2018 startet der SV Willofs in die Rückrunde der Kreisliga C Lauterbach-Hünfeld. Dann ist die SG Lautertal II zu Gast. Gerne möchte man an die Ergebnisse der Hinrunde anknüpfen. Und auch wenn mal ein Spiel verloren geht, der Spaß wird an der Jossa so schnell nicht vergehen.



Aufrufe: 028.12.2018, 08:00 Uhr
Christian Diebel (Lauterbacher Anzeiger)Autor