2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Ob als Spieler, Spielertrainer oder „reiner“ Coach: Josef „Bobby“ Egen war bei all seinen Stationen immer mit vollem Ehrgeiz und Einsatz bei der Sache. Mittlerweile genießt der 63-Jährige zusammen mit seiner Frau die „gewonnene“ Freizeit in vollen Zügen.
Ob als Spieler, Spielertrainer oder „reiner“ Coach: Josef „Bobby“ Egen war bei all seinen Stationen immer mit vollem Ehrgeiz und Einsatz bei der Sache. Mittlerweile genießt der 63-Jährige zusammen mit seiner Frau die „gewonnene“ Freizeit in vollen Zügen. – Foto: Xaver Habermeier

„Dann würde mich meine Frau umbringen“

Sowohl als Spieler als auch Trainer hat sich Josef „Bobby“ Egen im regionalen Amateurfußball einen klangvollen Namen gemacht +++ Nach seinem Engagement in Joshofen (2014) hat der 63-Jährige jedoch ganz bewusst einen Schlussstrich gezogen

Nein, ein Leben ohne Fußball konnte sich Josef „Bobby“ Egen jahrzehntelang nicht vorstellen. Ob als Spieler oder Trainer – der Ball spielte im Leben des 63-Jährigen eine herausragende, ja dominierende Rolle. Seit Sommer 2014 haben sich jedoch beim Jüngsten der drei Egen-Brüder (Walter ist 73 Jahre, Roland 69) die Prioritäten deutlich verschoben.

Herr Egen, nachdem wir uns ja seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen haben, die wichtigste Frage gleich zuerst: Wie geht es Ihnen denn?

Egen: Mir geht es eigentlich sehr gut. Dem Alter entsprechend spüre ich zwar hin und wieder mal den einen oder anderen Knochen (lacht). Aber ansonsten kann ich nicht klagen. Seit dem 1. Februar dieses Jahres bin ich in Rente. Als Opa habe ich mit meinen Enkeln in Sachen Schule und Kindergarten daheim jedoch alle Hände voll zu tun und bin entsprechend eingespannt. Daher weiß ich noch gar nicht, wie es sich als echter Rentner anfühlt (lacht).

Halten Sie sich sportlich selbst auch noch aktiv oder sind Sie mittlerweile komplett auf die Couch zum TV-Sport gewechselt?

Egen: (lacht) Nein, ich bin in der Tat nach wie vor in der AH der SpVgg Joshofen-Bergheim tätig. Wenn es die Corona-Pandemie zulässt, wird einmal in der Woche trainiert. Dazu kommen am Wochenende noch Spiele. Das macht mir nach wie vor großen Spaß. Ansonsten gehe ich auch hin und wieder zum Joggen oder mache ausgiebige Spaziergänge beziehungsweise richtige Touren mit meiner Frau. Und auch das Radfahren kommt bei mir auf keinen Fall zu kurz.

Ihr letzter Trainerjob war bei der damaligen SpVgg Unterstall-Joshofen in der Saison 2014/2015. Als Sie diesen vorzeitig beendet hatten: War Ihnen bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass es Ihre finale Station war, oder hat sich dies erst im Laufe der Zeit so ergeben?

Egen: Ehrlich gesagt war es für mich eigentlich sofort klar, dass es das in Sachen Trainer nun war. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Die Vorbereitung lief noch ganz ordentlich. Doch als die Saison dann losging, haben sich zum zweiten Spieltag plötzlich immer mehr Spieler bei mir abgemeldet, da es ihnen einfiel, dass sie in den Urlaub auf „Malle“ fliegen. Ein weiterer konnte oder wollte ebenfalls nicht mitspielen, da er VIP-Karten für ein Heimspiel des FC Ingolstadt hatte. In dem Moment habe ich mir gedacht: Sag mal, geht’s eigentlich noch? Als Trainer reißt du dir den Hintern auf – und einigen Spielern ist das Ganze völlig egal. Dementsprechend sind die ersten Punktspiele dann auch verlaufen. Nach einem Unentschieden und einer Niederlage ging es in der dritten Saisonpartie zum SV Straß. An diesem Tag war es extrem heiß. Ich habe mich dennoch ganz bewusst in die Sonne gestellt, um meinen Jungs zu zeigen, dass ich quasi mit ihnen „schwitze“. Nachdem sich die meisten Spieler jedoch 90 Minuten ziemlich hängen ließen, habe ich den Verantwortlichen unmittelbar nach dem Schlusspfiff, als wir noch auf dem Rasen standen, meinen sofortigen Rücktritt mitgeteilt. Ich konnte mich damit einfach nicht mehr identifizieren.

Also hatten Sie quasi vom Trainer-Sein die Schnauze voll?

Egen: So kann man es sagen, ja. Vor allem meine Frau hat sich über diese Entscheidung sehr gefreut, da ich plötzlich Freizeit ohne Ende hatte und nicht mehr gebunden war. Ich habe gerade in den ersten Wochen und Monaten zum ersten Mal richtig gemerkt, wie viel Zeit ich eigentlich in diese Aufgabe mit allem drum und dran investiert habe und was mir dabei alles entgangen ist.

Trotzdem Hand auf’s Herz: Haben Sie in den vergangenen rund sechseinhalb Jahren auch mal die Arbeit als Trainer mit einer Mannschaft vermisst?

Egen: Nein, überhaupt nicht. Es war bei mir wirklich so, als würde man einen Schalter umlegen – und plötzlich ist es vorbei! Ich hatte niemals das Gefühl, dass ich jetzt unbedingt wieder als Trainer einsteigen müsste. Hinzu kam, dass ich in diesem Zeitraum auch kaum auf Sportplätzen war, um mir – beispielsweise bei meinen Ex-Vereinen – eine Partie anzuschauen. Hin und wieder war ich mal in Joshofen oder beim VfR Neuburg, wenn es die Zeit zugelassen hat.

Wenn Sie heute auf Ihre komplette Fußball-Karriere – sei es als Spieler oder Trainer – zurückblicken: Was war Ihre schönste Station?

Egen: Grundsätzlich kann man schon sagen, dass ich meine schönste Zeit als Spieler beim VfR Neuburg verbracht habe. Allein schon von den Spielklassen her – Bayernliga, Landesliga, Bezirksliga – war das richtig klasse. Aber auch unsere legendären Auswärts-Busfahren, gerade nach einem Sieg, waren schlichtweg gigantisch. Nicht zu vergessen natürlich auch die eine Saison, in der ich gemeinsam mit meinen beiden Brüdern Walter und Roland bei den Lilaweißen war. Auf meine Trainer-Tätigkeit bezogen: Mit einer Ausnahme habe ich bei all meinen Vereinen schöne Erfahrungen gesammelt, viele neue Freunde gewonnen und eine super Zeit erlebt, sodass es fast unmöglich ist, eine Station hervorzuheben.

Wie kam es eigentlich zu Ihrer ersten Trainer-Station beziehungsweise war Ihnen schon frühzeitig klar, dass Sie einmal diesen Weg einschlagen wollen?

Egen: Ich hatte diesen Gedanken in der Tat schon relativ früh. Als ich im Alter von 28 Jahren als Spieler zum VfR Neuburg zurückgekehrt bin, gab es im weiteren Verlauf gewisse Unstimmigkeiten in finanzieller Hinsicht, wodurch ich schon etwas angefressen war. Zur gleichen Zeit gab es dann zwei Anfragen vom SV Ludwigsmoos und SV Karlshuld, ob ich dort nicht als Spielertrainer einsteigen wolle. Nachdem sich meine ursprünglich bevorzugte Option Karlshuld jedoch zerschlagen hat, bin ich schließlich zum damaligen A-Klassisten (heute vergleichbar mit der Kreisliga, Anm. d. Red.) nach Ludwigsmoos gewechselt. Im Nachhinein war es für mich jedenfalls der perfekte Einstieg ins Trainer-Geschäft.

Was hat Sie in all den Jahren am Trainer-Job besonders gereizt?

Egen: In erster Linie war es der Umgang und die Kameradschaft mit den oftmals jungen Spielern sowie der Gedanke, dass man mit diesen etwas erreichen kann und erfolgreich ist. Persönlich war ich selbst schon immer sehr ehrgeizig – was sich im Übrigen bis heute nicht geändert hat. Wenn ich jetzt in der AH spiele, möchte ich auch unbedingt gewinnen (lacht).

Was würden Sie sagen, wie sich der Amateurfußball während Ihrer fast 30-jährigen Trainer-Laufbahn verändert hat?

Egen: Was mir definitiv am meisten aufgefallen ist: Die Einstellung der Spieler hat sich gewaltig verändert – und das nicht unbedingt zum Positiven! Diesen Eindruck hatte nicht nur ich exklusiv. Auch in zahlreichen Gesprächen mit Trainer-Kollegen oder Verantwortlichen kam das immer wieder zur Sprache. Bei all meinen Stationen habe ich immer versucht, diesen unbedingten Willen den Spielern zu vermitteln – was mir gerade in jüngeren Jahren meistens ganz gut gelungen ist. Im Laufe der Zeit wurde das jedoch immer schwieriger. Natürlich hat so etwas im Umkehrschluss auch einen Einfluss auf die Leistungen und das allgemeine Niveau.

Heutzutage gibt es immer mehr unterklassige Vereine, die gleich mit zwei Co-Trainern aufwarten. Wie denken Sie über eine solche „Entwicklung“?

Egen: (lacht) Spontan würde ich sagen, dass ich so etwas früher auch gerne gehabt hätte. Wenn überhaupt, dann hat mich bei einigen wenigen Vereinen ein Torwart-Trainer unterstützt. Lediglich beim BSV Neuburg hatte ich mit Peter Leimser einen Co-Trainer, mit dem ich mich super verstanden und hervorragend ergänzt habe. Wenn man die Möglichkeit hat, das Ganze in zwei Gruppen aufzuteilen und gezielt zu trainieren, ist es natürlich schon ein großer Vorteil. Inwieweit sich die Vereine einen zweiten bezahlten Co-Trainer leisten können und wollen, muss jeder letztlich selbst für sich entscheiden.

Eine Frage darf zum Abschluss selbstverständlich nicht fehlen. Angenommen, Ihr Telefon würde klingeln und ein Vereins-Verantwortlicher sagen: „Bobby, wir brauchen deine Hilfe als Trainer“. Würden Sie nochmals schwach werden?

Egen: Nein, definitiv nicht! Zum einen würde mich meine Frau umbringen (lacht). Zum anderen ist mir, wie bereits gesagt, nach meinem letzten Engagement 2014 erst so richtig bewusst geworden, wie viel Freizeit ich gewonnen habe. Und darauf möchte ich nicht mehr verzichten.

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Aufrufe: 010.3.2021, 08:54 Uhr
Neuburger Rundschau / Dirk SingAutor