2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Noch immer kaum zu halten ist Tommaso Cavallo (r.) bei den "Laubis". F: Zink
Noch immer kaum zu halten ist Tommaso Cavallo (r.) bei den "Laubis". F: Zink

Cavallo: Der deutsch-italienische Relegationsweltmeister

Torjäger der SF Laubendorf im Portrait +++ Erster Torschütze der BOL-Geschichte des FSV Stadeln +++ Zwei Lieben namens Viktoria +++ Abschiedsspiel schon hinter sich +++ Bei Aufstieg Rücktritt?

Tommaso Cavallo ist mit seinen 34 Jahren bereits eine gefühlte Ewigkeit ein Begriff im hiesigen Amateurfußball. Seit dieser Saison spielt er für seinen Jugendverein SF Laubendorf. Außer für den TSV Langenzenn, den TSV Neustadt/Aisch, den FSV Stadeln, den Baiersdorfer SV und den TSV Röttenbach schoss er auch in Baden Württemberg seine Tore. In Wertheim fand er auch gleich zweimal seine große Liebe, die Viktoria!

Der in Nürnberg geborene Italiener Tommaso Cavallo („Pass italienisch, Eigenschaften deutsch!“) kam erst nach der WM 1990 zum Fußball. Von Maradona und Matthäus zeigte sich der kleine Steppke so begeistert, dass er seinen Vater so lange nervte, bis ihn dieser beim TSV Langenzenn anmeldete. Wohl nicht ganz den Regeln entsprechend kam der kleine Tommaso auch gleich zum Einsatz. „Ein gewisser Peter war an dem Wochenende nicht da und somit habe ich als Peter gespielt. Das ist aber hoffentlich schon verjährt“, zeigt sich Cavallo gewohnt ehrlich. Bereits in der D-Jugend stand der erste Wechsel an. Es ging zu den Sportfreunden Laubendorf. „Ich wurde nicht zur Auswahl von den Betreuern angemeldet. Da hat mein stolzer Vater sofort entschieden, dass ich wechseln müsste.“

In Laubendorf existiert eine Statistik, die Cavallo über 400 Tore zuschreibt und die ihn als zweitbesten Torschützen in der Jugend seit jeher führt. Was diese Statistik nicht zeigt, ist die erste Verletzung des eigentlich selbstbewussten Stürmers. „Im ersten Spiel bei der 1. Mannschaft mit 17 Jahren, im ersten Zweikampf habe ich mir einen Kreuzbandriss zugezogen.“ Acht Monate musste der Goalgetter zuschauen, wenn seine Kameraden dem Ball hinterherjagten. Er kämpfte sich zurück, hatte aber trotzdem 90 Kilo im Gepäck. Der Lebenswandel machte sich eben auf den Hüften bemerkbar. Seine ersten Gehversuche nach der Verletzung machte er in der Reserveliga und hatte eigentlich keine großen Ambitionen mehr. Im zweiten Jahr bekam er aber eine neue Chance und er nutzte sie. „Ich habe 18 Tore gemacht.“ Damit strafte er seine Kritiker Lügen, denn nicht nur einmal hörte der Youngster: „Aus dem Cavallo wird eh nichts mehr.“

Zu dieser Zeit fehlte es ihm an Unterstützung. Sein alter Bolzplatzfreund Sven Pelz erinnerte sich schließlich an ihn. „Er hat mich quasi in den Arm genommen und mich von einem Wechsel zurück nach Langenzenn überzeugt.“ Der langjährige SFL-Coach Walter Knoblich hörte bei den „Laubis“ auf, sodass ihn zu damaliger Zeit nicht mehr viel am Verein hielt. „Im ersten Spiel unter Trainer Stefan Hirtreiter wurde ich in der zweiten Mannschaft aufgestellt. In der zweiten Halbzeit durfte ich dann in der Ersten ran“, erinnert sich Cavallo. Pelz nahm seinen Kumpel zur Seite und prophezeite, dass er noch einen Hattrick schnüren würde. So kam es dann auch: Cavallo schien an der Ehre gepackt und erzielte beim 4:0-Sieg drei Tore. Im nächsten Spiel hieß der Gegner TSV Neustadt/Aisch mit Trainer Petr Skarabela. Mit einem 4:4-Remis endete die Partie gegen den eigentlich übermächtigen Gegner aus der Landesliga. Cavallo schnürte erneut einen Dreierpack und machte Skarabela damit hellhörig. Am Ende der Saison war Cavallo Torschützenkönig der Liga mit 33 Treffern und es folgte der Wechsel an die Weiße Marter – natürlich zusammen mit Pelz, der dort aber nie richtig Fuß fasste, weil er kurz vor dem Transfer einen Kreuzbandriss erlitt.

Von der Reserveliga in die Landesliga

Für Cavallo erfüllte sich mit dem Wechsel ein kleiner Traum. „Ich war so stolz auf mich. Zwei Jahre vorher habe ich noch in der Reserveliga gespielt und nun war ich auf einmal Landesligaspieler.“ Neustadt wurde damals als Absteiger Nummer eins gehandelt, denn die Verantwortlichen setzten bei den Neuzugängen ausschließlich auf junge Spieler aus unteren Klassen. Neben Pelz und Cavallo kamen auch Patrick Reichenauer (ASV Fürth) und Dietmar Kusnyarik (ASV Veitsbronn) aus der Kreisklasse (!). „Marco Mühlbauer und Michael Janousch aus Winkelhaid nicht zu vergessen", mit denen er über die Saison eine gute Bindung aufbaute. "Wir hatten ein Durchschnittalter von 21 Jahren und keiner hat uns was zugetraut.“ Neustadt aber spielte eine gute Rolle und Cavallo hatte mit 14 Treffern seinen Anteil daran. Gegen den ASV Neumarkt gelang ihm abermals ein Hattrick. „In der Woche zuvor hab ich mit dem Patrick Reichenauer gewettet, dass es mir gelingt“, blickt Cavallo mit breitem Grinsen zurück. Besonders die Auswärtsfahrten blieben ihm positiv in Erinnerung. „Nach Schalding-Heining oder Cham. Das war ein völlig anderes Leben, was mir aber auch gefiel.“

Im zweiten Jahr lief es dann nicht mehr so erfolgreich. „Im ersten Jahr ist der „Mühli“ alles für mich gelaufen. Ich musste nur richtig stehen und treffen. Jetzt musste ich mich umstellen, da Florian Brütting nun im Zentrum stand.“ Brütting wurde ebenso nach Neustadt geholt wie Gerd Schuster und weitere neue Spieler. Ein Mittelfußbruch bedeutete eine sechswöchige Auszeit für Cavallo und Neustadt grüßte vom Tabellenende, als er sein Comeback beim SC 04 Schwabach feierte. Mühlbauer brachte den Außenseiter in Führung und Cavallo machte als Joker mit dem 2:0 den Deckel auf den Auswärtsdreier. Im Winter war dann Schluss für Skarabela und Co-Trainer Ludwig Preis übernahm an der Weißen Marter. „Für mich wurde es schwieriger, auch wenn ich im Nachhinein sagen kann, dass Preis der beste Trainer war, mit dem ich trainieren durfte. Letztlich hat es aber nicht funktioniert.“

Kumpel Sven Pelz war inzwischen zum FSV Stadeln weitergezogen und bewies erneut perfektes Timing, als er Cavallo wieder in den Arm nahm. So wechselte er an den Kronacher Wald und feierte den Aufstieg in die Bezirksliga. „20 Tore hat man von mir erwartet, aber es war nicht so. Chancentod ohne Ende hätte man schreiben können“, wirft Cavallo seinen Blick zurück. „Die Kameradschaft in Stadeln war bekannt im Kreis und mit Tarik Toksöz hatten wir den besten Spieler der Liga.“ Aber auch die Ansprachen vor dem Spiel von Kapitän Armin Azadan blieben hängen. „Danach konnte man sich nur den Arsch aufreißen, so motivierte er uns.“

Der nächste Aufstieg in die Bezirksoberliga wurde über die Relegation perfekt gemacht. Beim SV 73 Süd hieß der Gegner TSV Winkelhaid und Cavallo spielte, trotz seines Tores zum 2:0-Endstand, nur eine Nebenrolle bei der Toksöz-Show. Der eigentlich verletzte Regisseur kam als Joker, jagte seinen ersten Freistoß an den Pfosten, um im zweiten Versuch die Kugel in die Maschen zu treten und damit den Stadelner Sieg einzuläuten. Pikant war dabei, dass der Aufstieg nach Spielschluss noch gar nicht feststand, denn es kam auf die SG Quelle Fürth an, ob in der BOL noch ein Platz für Stadeln frei wäre. Doch wenige Tage später war der Durchmarsch perfekt.

Erste Stadelner Tore in der BOL-Geschichte

In der Bezirksoberliga lief es für den italienischen Deutschen besser und gleich im ersten Spiel beim SC 04 Schwabach schrieb er sich in die Geschichtsbücher des FSV ein. „Ich habe die ersten beiden Tore der BOL-Geschichte für den FSV geschossen. Darauf bin ich noch sehr stolz." Als weiteres Highlight führt er das Heimspiel gegen den FC Hersbruck an, wo damals die Ex-Profis Martin Driller, Thomas Ziemer oder Reinhold Daschner aktiv waren. „Vor 1000 Zuschauern haben wir mit 4:0 geführt und das Spiel wurde abgebrochen, weil Hersbruck vier Platzverweise kassiert hat.“

In der Folge wurde die Arbeit immer wichtiger. Cavallo arbeitete im Puma-Outlet in Herzogenaurach. Da die BOL-Spieltage oft auf den Samstag fielen, stand er ebenso oft nicht im Kader, da die Arbeit rief. Im Winter ging es also zurück nach Langenzenn, wo sonntags in der A-Klasse gespielt wurde und er auf alte Freunde traf. Lang blieb er aber nicht in der alten Heimat, denn ein gewisser Taner Koc stand bei Cavallo im Outlet. „Im Sommer habe ich es dann ein zweites Mal in der BOL versucht.“ Samstags hatte er nun meist frei, weil er die Stunden unter der Woche abarbeitete, wie er mit seinem Chef vereinbaren konnte.

Der Baiersdorfer SV als BOL-Aufsteiger war sein Ziel, wo er zusammen mit Koc („Er war der Maradona der Amateurligen“) unter dem Trainerduo Enzo Penna und Helmut Wolff spielte. „Sie waren ein super Trainerteam und ich habe viel dazugelernt.“ Am Ende landete der Aufsteiger auf einem mehr als respektablen dritten Rang und auch mit der Zweiten gelang der Aufstieg in die Kreisliga. „In der Halle wurden wir außerdem Kreismeister mit dieser tollen Mannschaft.“ Als Penna ein Angebot vom TSV Röttenbach in der Hand hielt, wollte er seinen Stürmer mitnehmen. Dort wurde Cavallo aber nicht glücklich. „Den Wechsel bereue ich. Die Ambitionen waren hoch, aber es hat überhaupt nicht gepasst. Im Nachhinein habe ich ein halbes Jahr verschenkt“, findet Cavallo klare Worte.

Nach einer halben Saison ging es schließlich zurück nach Baiersdorf. Dort machte er sich einen Namen, indem er sich gerade gegen die Ex-Vereine als treffsicher zeigte. „Ich weiß auch nicht warum, aber gegen ehemalige Vereine treffe ich immer.“ Zweimal ging es gegen Stadeln, zweimal hieß es am Ende 2:1 für den BSV und zweimal traf Cavallo in der 80. Minute zum 2:1-Endstand. Außerdem erzielte er im Pokal beim 3:1 gegen Röttenbach zwei Tore.

Am Ende der Saison beendete der quirlige Mittelstürmer mit seiner Mannschaft einen guten 6. Rang, aber neben dem Platz fing ein neues Leben an. Er bekam das Angebot ins Wertheim Village zu wechseln und dort als Store Manager die Puma-Filiale zu leiten. Deshalb wechselte er abermals nach Langenzenn und pendelte ein Jahr lang, um sonntags für den TSV zu spielen. „2012 habe ich dann einen Verein gesucht, um unter der Woche trainieren zu können.“ Wie es der Zufall wollte, kam ein Spieler des SV Viktoria Wertheim zum Vorstellungsgespräch und eine gewichtige Verbindung war geknüpft. „Bis zum Winter habe ich noch für Langenzenn gespielt und dort in zehn Spielen 19 Tore gemacht“, rechnet der Statistikfreak vor. „Dann bin ich fest nach Wertheim gegangen. Ich habe noch gesagt, dass sie bis zum Winter in Schlagdistanz zur Spitze bleiben sollen und dann würde ich kommen.“ Die Viktoria mit ihrer Multikulti-Truppe machte ihre Hausaufgaben und war Tabellendritter. „Die Erwartungen in mich waren hoch. Ich habe aber am Anfang noch wie ein Fehleinkauf gespielt“, kann Cavallo heute über seine Leistungen lachen. Erst im vierten Spiel war der Knoten geplatzt. Am Ende ging es in die Relegation zur Landesliga.

Glücklich mit seinen Viktorias

In der ersten Partie stand es bis kurz vor dem Ende 1:1. „Das war eins der schlechtesten Spiele meiner Karriere.“ Trotzdem gelang ihm kurz vor Schluss noch das entscheidende 2:1 per Kopf. Im zweiten Spiel hieß der Gegner SV Nassig, der Erzrivale der Wertheimer. „Das ist echte Rivalität dort. Wir als Kreisligist gegen Nassig als Landesligist. Das war wohl das Spiel meines Lebens.“ Vor 2000 Zuschauern stand es nach 120 Minuten 4:4 und im folgenden Elfmeterschießen behielt die Viktoria die Oberhand. Die Rückkehr der Wertheimer in die Landesliga war nach vier Jahren perfekt. „Außerdem haben wir in dem Jahr auch die Wertheimer Stadtmeisterschaft geholt, quasi das Double. Dort geht es ums Prestige. Wir waren wieder die Nummer eins in Wertheim“, beschreibt Cavallo sein Karriere-Highlight. Auch im Folgejahr ging es in die Relegation, diesmal gegen den Abstieg. „Die haben wir aber mit zwei Siegen (4:2 gegen Türk. SV Mosbach und 4:0 gegen Erfeld/Gerichstetten) eher locker gemeistert.“

Während der Saison bekam der Goalgetter die Nachricht, dass er am vom früheren Kreuzbandriss lädierten Knie einen Knorpelschaden erlitten hat. „Eigentlich hätte ich aufhören sollen. Ich bin aber zu drei Ärzten gegangen und der Dritte hat gemeint, dass es mit einer OP schon noch ein bisschen geht.“ Der Fußballverrückte konnte einfach nicht aufhören. Nachdem im dritten Jahr der Klassenerhalt ohne Relegation dingfest gemacht werden konnte, wurde Cavallo eine besondere Ehre zuteil. Er bekam ein Abschiedsspiel, bei dem er mit alten Freunden wie Sven Pelz, Dietmar Kusnyarik, Ralf Ortloff, Miguel Gonzalez oder auch Dennis Weiler gegen seine eigene Mannschaft spielte. „In Italien-Trikots natürlich.“ Nach einem Jahr in der Wertheimer Zweiten als spielender Co-Trainer verabschiedete sich mit dem Aufstieg in die Kreisliga Richtung Heimat, mit einer Frau im Gepäck. „Ich habe zwei große Lieben und beide heißen Viktoria.“ Damit sind zum einen der SV Viktoria Wertheim und seine jetzige Ehefrau gemeint, die wie es das Schicksal so will, auf den gleichen Namen hört.

Eigentlich hatte Cavallo mit dem Fußball nach der Rückkehr nach Mittelfranken abgeschlossen. Die Rückkehr wurde nötig, da er ein Angebot aus dem Puma-Office in Herzogenaurach bekam, das er nicht ablehnen konnte. Außerdem ist er seit einem Vierteljahr stolzer Vater der kleinen Letizia und die Prioritäten haben sich dementsprechend verschoben. Doch ein Anruf von Markus Knies durchkreuzte die Pläne. Den Kapitän des SF Laubendorf trainierte Cavallo zu C-Jugendzeiten und damals machten die beiden aus, dass sie einmal in einem Team zusammenspielen wollten. „Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich der Mannschaft weiterhelfen kann. Aber Coach Michael Bayer und das Team haben mich letztlich überzeugt. Als ich das mit Steinachgrund gehört habe, habe ich es als große Herausforderung begriffen.“

Und es läuft mehr als gut für ihn und die Laubis. Der SFL ist bis zur Winterpause ungeschlagen („Das hab ich und auch die Sportfreunde vorher noch nie geschafft“) und auch im Spitzenspiel gegen die aufgrund der Namen vor der Saison als Übermacht bezeichnete SpVgg Steinachgrund gelang ein für den Favoriten schmeichelhaftes 2:2 – freilich traf dabei auch Cavallo. „Die Runde läuft überragend für uns und wir haben eine unheimliche Geschlossenheit im Team. Dazu kommt, dass viele Spieler treffen können“, spricht Cavallo auch seine Offensivpartner Johannes Keppner und Daniel Benkert an. „Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Wir wollen es so lange wie möglich spannend machen. Mein letzter Wunsch wäre der Aufstieg mit den Jungs und für den Verein.“ Danach soll endgültig Schluss sein. „Ich habe versprochen, dass ich meine Karriere in Laubendorf beende und meistens halte ich meine Versprechen ein“, öffnet er die Hintertüre einen Spalt. Sollte es in der Endabrechnung mit dem Direktaufstieg nicht klappen, dann eben über die Relegation. In fünf Relegationsspielen hat Cavallo fünfmal getroffen und noch keines dieser Spiele verloren – und das soll auch so bleiben.

Aufrufe: 022.2.2017, 10:47 Uhr
Matthias JanouschAutor