2024-04-16T09:15:35.043Z

Vereinsnachrichten
Fußballerin und Trainerin mit ausgeprägter sozialer Ader: Rosi Ding hat mit ihrem Engagement Maßstäbe gesetzt. Archivfoto: Windolf
Fußballerin und Trainerin mit ausgeprägter sozialer Ader: Rosi Ding hat mit ihrem Engagement Maßstäbe gesetzt. Archivfoto: Windolf

Bündnis von Schule und Verein forcieren

Rosi Ding hört nach 24 ereignisreichen Jahren als Nachwuchstrainerin des FSV Schierstein 08 auf

Schierstein. Als Roswitha „Rosi“ Ding im Jahr 1990 aus beruflichen Gründen nach Wiesbaden zog und nach einer Fußballmannschaft suchte, heuerte die gebürtige Hunsrückerin beim FSV Schierstein 08 an. Mit der Damenmannschaft erlebte sie mehrere Auf- und Abstiege, spielte einige Jahre in der damaligen Frauen-Oberliga, Hessens höchster Spielklasse. Noch bedeutender für den Verein war allerdings ihr unermüdlicher Einsatz für den Mädchenfußball. Bis zu diesem Sommer trainierte sie 24 Jahre lang die B-Juniorinnen, also Mädchen im Alter bis 17 Jahre. Nun zollt die 53-Jährige ihren beruflichen und privaten Pflichten Tribut und hört auf. „Rosi Ding war knapp ein viertel Jahrzehnt das Gesicht des Mädchenfußballs beim FSV Schierstein. Wir sind ihr sehr dankbar für ihr besonderes Engagement und die Leidenschaft, mit der sie sich für den Verein eingesetzt hat“, betont Club-Präsident Hans Groth.

Frau Ding, erinnern Sie sich noch an den Zustand des Mädchenfußballs, als Sie so alt waren, wie Ihre Spielerinnen es jetzt sind?

Es gab lange Zeit gar keinen organisierten Spielbetrieb für Mädchen. Erst als das Frauenfußballverbot vom DFB im Jahr 1970 aufgehoben wurde, durften Mädchen ab einem bestimmten Jahrgang in männlichen Jugendmannschaften mitspielen. Da ich zwei Jahre zu alt war für diese Regelung, bin ich damals zum Sportplatz gelaufen und habe gehofft, dass ich als Lückenfüllerin bei den Älteren mitkicken darf. Irgendwann konnte ich mich dann einer Damenmannschaft anschließen. Mitte der 1990er-Jahre hat endlich ein Umdenken stattgefunden, dass Aktiventeams auch bei den Frauen eine Jugendabteilung brauchen, aus der sie Spielerinnen rekrutieren können. Zu dieser Zeit haben wir auch in Schierstein die erste Mädchenmannschaft an den Start gebracht.

Wie reagieren Ihre Mädels, wenn Sie ihnen von Ihren Erfahrungen berichten?

Die Mädchen können das nicht glauben. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie in einem reinen Mädchenteam Fußball spielen können. Verglichen mit meinen damaligen Möglichkeiten ist dies aber alles andere als eine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr ein Privileg. Deshalb ist es mir wichtig, dass Mädchen, die gemeinsam mit anderen Mädchen in einer Mannschaft spielen wollen, diese Chance bekommen.

Dennoch beenden Sie in diesem Sommer Ihr Engagement beim FSV Schierstein.

Es ist eine persönliche Entscheidung, die nicht leicht zu treffen war. Ich habe seit meiner Kindheit mein soziales Leben mit meinen Sportterminen in Einklang gebracht. Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr ständig absagen kann. Wenn mich meine Mutter, die allein im Hunsrück lebt, braucht, muss ich sie ohne Einschränkungen besuchen können.

In Schierstein soll weiterhin Mädchenfußball angeboten werden, um eine neue Mannschaft zusammenzustellen. Insgesamt scheint es aber zunehmend schwerer zu fallen, Mädchen vom Fußball zu begeistern. Würden Sie dieser Einschätzung zustimmen?

Ich denke schon, dass man von einem generellen Trend sprechen kann. Es gibt weniger Mädchen, die Fußball spielen wollen, was sicherlich auch am großen Angebot diverser anderer Sportarten liegt. Die Situation im Mädchenspielbetrieb ist dazu nicht gerade befriedigend. In unserer vergangenen Saison haben die ersten und letzten drei Mannschaften des Sechser-Wettbewerbs ständig gegeneinander gespielt, um dramatische Ergebnisse zu vermeiden. Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Es gibt zu wenige junge Fußballerinnen, wodurch sich nur schwer attraktive Modelle schaffen lassen, mit denen man den Sport interessanter machen kann.

Welche Lösungsansätze für dieses Problem sehen Sie?

Möglicherweise müssen strukturelle Veränderungen her. In der erfolgreichen Frauenfußball-Nation USA spielen Mädchen an der High School oder am College Fußball. Der Sport ist dort fest verankert und hat ein viel besseres Standing als hierzulande. Vielleicht müssen auch in Deutschland die Schulen und Vereine enger zusammenarbeiten. Wichtig ist es in jedem Fall, immer wieder die Werbetrommel für diesen wunderbaren Sport zu rühren und außerdem Menschen davon zu überzeugen, sich ehrenamtlich im Mädchen- und Frauenfußball einzubringen.

Das Interview führte Patrick Rupp.



Aufrufe: 011.7.2019, 19:30 Uhr
Patrick RuppAutor