2024-05-08T14:46:11.570Z

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Neue Provokation: 1860-Investor Hasan Ismaik legt sich wieder einmal mit den Fans in seinem Verein an. 	foto: dpaDie Bayern-Fans sind weltoffen. Unsere Fans sind verschlossen, leben in einem kleinen Kosmos und haben Angst vor Veränderungen.Hasan Ismaik vergleicht Fußballfans mit West- und Ostdeutschland
Neue Provokation: 1860-Investor Hasan Ismaik legt sich wieder einmal mit den Fans in seinem Verein an. foto: dpaDie Bayern-Fans sind weltoffen. Unsere Fans sind verschlossen, leben in einem kleinen Kosmos und haben Angst vor Veränderungen.Hasan Ismaik vergleicht Fußballfans mit West- und Ostdeutschland

Befremdliche Geschichtsstunde von Ismaik: „Es ist wie eine Münchner Mauer“

Ismaik vergleicht 1860 und Bayern mit DDR und BRD

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Als er die Frage hörte, schmunzelte Michael Köllner. Seit genau 20 Tagen ist er jetzt Cheftrainer des TSV 1860 und es ist schon fast erstaunlich, dass es so lange gedauert hat, bis er eines dieser kleinen Beben miterlebt, die den Verein ja regelmäßig durchschütteln.

München – Ja, sagte Köllner also, er habe schon Auszüge jenes Interviews gelesen, er habe allerdings auch viel zu tun mit der SpVgg Unterhaching, gegen die seine Elf am Sonntag (14 Uhr) auswärts in der 3. Liga spielt. Sehr viel mehr wollte er dann dazu vor der Sponsorenwand in der Grünwalder Straße auch nicht sagen, ein paar Meter weiter warteten an diesem Mittwochnachmittag schon seine Fußballer auf ihn. Eingehüllt in seiner schwarzen Trainingsjacke versicherte Köllner aber ganz ohne Schmunzeln: „Es liegt bei mir oben, ich lese es schon noch durch.“

Kurz darauf war er weg, als neuer Trainer gibt es eben so einiges zu tun. Es wäre daher auch nicht schlimm, wenn er mit dem Lesen des Interviews noch warten würde, denn einiges spricht dafür, dass es den Verein noch weit über das Derby in Unterhaching hinaus beschäftigen könnte.

Nun jedoch der Reihe nach. Am Mittwoch hat die „Sportbild“ ein Interview mit Hasan Ismaik veröffentlicht und der 1860-Mehrheitsgesellschafter aus Jordanien hat sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, um zu schimpfen und zu poltern, wie er das halt so gerne tut. Er wies wieder einmal darauf hin, dass der Zwangsabstieg 2017 in die Regionalliga nicht sein Verschulden gewesen sei und der amtierende 1860-Präsident Robert Reisinger das angeblich auch zugegeben hätte. Er posaunte in die Fußballwelt, dass der TSV 1860 ohne die 50+1-Regel bereits in der Bundesliga spielen würde – „mit Blickrichtung Europapokal“. Und er erklärte dann noch, dass, falls 50+1 in seinen Lebzeiten nicht fallen sollte, er seine Kinder mit seinem Projekt in Giesing beauftragen werde. So weit, so typisch.

„Es ist wie eine Münchner Mauer“

Dann allerdings, zum Ende des Interviews, es ging gerade um Uli Hoeneß und seinen FC Bayern, leitete Hasan Ismaik plötzlich einen Vergleich ein, der wohl selbst in der ziemlich absurden Welt der Ismaik-Löwen einen neuen Maßstab setzte. Im Wortlaut liest sich das so: „Der Vergleich ist weit hergeholt, aber trifft zu: Es ist nämlich wie damals zwischen West- und Ostdeutschland, bezogen auf die Systeme. Die Bayern-Fans sind weltoffen, wollen weit hinaus. Unsere Fans sind verschlossen, leben in einem kleinen Kosmos und haben Angst vor Veränderungen. Es ist wie eine Münchner Mauer.“

Es hat nicht lange gedauert, bis die recht befremdliche Geschichtsstunde des Investors dann diskutiert wurde, an der Grünwalder Straße, im Internet ja sowieso. Auf den ersten Blick mag man das vielleicht auch lustig finden. Allerspätestens auf den zweiten Blick muss man sich jedoch schon sehr wundern, wie es eigentlich sein kann, dass ein Mehrheitsgesellschafter die Anhänger seines Fußballvereins mal eben zu DDR-Systemdenkern erklärt. Da ist es letztlich auch egal, dass Ismaik wohl nur eine kleine Gruppe meint (und ja, diese kann man sehr wohl für einige Dinge kritisieren).

Im ewigen Streit in Giesing werden die Vergleiche jedenfalls absurder. Was wohl Michael Köllner, der neue Cheftrainer, dazu sagen wird? Am Mittwoch, vor dem Training und vor der ausführlichen Interviewlektüre, flüchtete er sich vorsorglich schon mal in Diplomatie. „Ich bin eh für Meinungsfreiheit“, sagte er. „Von dem her werde ich mir nie anmaßen, eine Meinung eines anderen zu verurteilen oder zu bewerten.“ CHRISTOPHER MELTZER

Aufrufe: 028.11.2019, 09:24 Uhr
Münchner Merkur / tz / Christopher MeltzerAutor