2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Oliver Karl gab vor einer Woche sein Debüt für Schierling, am Sonntag wartet das Derby gegen Abbach. Foto: bjs
Oliver Karl gab vor einer Woche sein Debüt für Schierling, am Sonntag wartet das Derby gegen Abbach. Foto: bjs

"Auch mit 40 stinkt mir jedes Gegentor"

Keeper Oliver Karl verschiebt seine "Rente" für TV Schierling +++ Danach hört er auf - "außer es kommt Bayern" +++ Vor 20 Jahren wurde er fast Jahn-Profi

Oliver Karls Lebensgefährtin hat die Schmerzgrenze abgesteckt. ,,Wenn du dich vor dem Urlaub verletzt, brauchst du nicht mehr nach Hause zu kommen", habe sie angekündigt, erzählt der Bad Abbacher mit breitem Grinsen. Natürlich meinte das die Teuerste im Scherz. Karl (40), der beim Drittligisten SSV Jahn Regensburg Torwarttrainer ist, hat vor Wochenfrist als Nothelfer beim TV Schierling ,,debütiert". Warum er das tut, wie er Beruf, Jahn und Landesliga unter einen Hut bringt und wie er in den Fokus eines Junioren-Nationaltrainers rückte, erzählt er im Gespräch mit MZ-Mitarbeiter Martin Rutrecht.

Oliver Karls Lebensgefährtin hat die Schmerzgrenze abgesteckt. „Wenn du dich vor dem Urlaub verletzt, brauchst du nicht mehr nach Hause zu kommen“, habe sie angekündigt, erzählt der Bad Abbacher mit breitem Grinsen. Natürlich meinte das die Teuerste im Scherz. Karl (40), der beim Drittligisten SSV Jahn Regensburg Torwarttrainer ist, hat vor Wochenfrist als Nothelfer beim TV Schierling „debütiert“. Warum er das tut, wie er Beruf, Jahn und Landesliga unter einen Hut bringt und wie er in den Fokus eines Junioren-Nationaltrainers rückte, erzählt er im Gespräch mit MZ-Mitarbeiter Martin Rutrecht.

Herr Karl, wie kam’s zu Ihrem Engagement in Schierling?
Einen Tag nach dem Spiel des TV in Mitterteich (1. März; Anm. der Red.), wo sich Stammtorwart Michael Wehdanner verletzte, rief mich 2. Abteilungsleiter Steve Tetzlaff an. Ob ich einen Ersatzmann wüsste. Dass ich es sein sollte, war da nicht im Gespräch. Als drei Tage später noch immer kein Torwart in Sicht war, kam Steve nochmals auf mich zu.

Dann ging’s offenbar schnell.
Na ja, einen weiteren Tag später ist Tetzlaff bei mir im Geschäft in Kelheim angerückt und hat mich eineinhalb Stunden lang bearbeitet. Ich hab’ ihm gesagt: Der Jahn muss zustimmen und mein Heimatverein VfB Bach. Dann mache ich’s. Mein Chef von Sport2000 hat gleich sein O.k. gegeben, das ganze Team des Ladens stand hinter mir: Mach’s, Oli. Vom Jahn stimmte Sportlicher Leiter Christian Keller sofort zu und auch Bach gab grünes Licht. Beim VfB war ich bis dahin Torwart auf Abruf. Im August habe ich dreimal gespielt. Zwischen zwei Stühle wollte ich nicht geraten, Bach und Schierling sind ja Konkurrenten.

Warum tut man sich das mit 40 an?
Eigentlich wollte ich gar nicht. Was passiert, wenn ich mich verletze? Warum soll ich Beruf und die Tätigkeit beim Jahn aufs Spiel setzten? Andererseits: Ich bin durch und durch Fußballer. Der TV Schierling ist ein guter Verein mit netten Jungs. Trainer Christian Schießl kenne ich aus gemeinsamen Jahn-Zeiten. Der Reiz und der Spaß haben letztlich überwogen. Aber es ist meine letzte Station, definitiv, spätestens mit Saisonende ist Schluss. Gut, außer es kommt der FC Bayern. (Karl lacht)

Hatten Sie Bammel vor dem ersten Spiel mit dem TV in Burglengenfeld?
Nein. Auch wenn es überheblich klingt: Ich weiß, was ich kann. Ich war aber noch einen Tick konzentrierter als sonst, weil ich mir keinen Fehler leisten wollte. Sonst hätte es geheißen: Was wollen die Schierlinger mit dem alten Mann da?

Mit einem 1:1 glückte das Debüt, oder?
Ja, auch wenn das 1:0 der Gastgeber vermeidbar war. Mir stinkt auch mit 40 noch jedes Gegentor.

Wie fit sind Sie eigentlich?
Als Torwarttrainer beim Jahn stehe ich zweimal in der Woche auf dem Platz, da bewege ich mich schon. Vor der ersten Partie war ich in Schierling einmal im Mannschaftstraining. Man hat mir das freigestellt, aber einmal pro Woche möchte ich dabei sein. Die Abwehr und die anderen Kollegen sollen wissen, wie ich mir das Torhüterspiel vorstelle. Aber eines habe ich auch gemerkt in meinem Alter: Wenn ich mich dreimal hinschmeiß’, tun mir Muskeln weh, die ich früher gar nicht kannte.

Wie wurden Sie aufgenommen?
Man hat schon gemerkt, dass die jungen Spieler ein wenig aufschauen. Viele sagten: Cool, dass du mit deiner Erfahrung da bist. Ich will mich aber nicht auf vergangenen Leistungen ausruhen. Wenn ich daneben greife, hilft es nichts, dass ich mal in der Landes- und Bayernliga gespielt habe. Da heißt’s: Viel hat der dort nicht gelernt.


Am Sonntag steht das Derby zu Hause gegen Bad Abbach an, ein besonderes Spiel?

Auf so ein Duell musst du dich ganz einfach freuen. Abbach ist Favorit, aber mit mannschaftlicher Geschlossenheit kann man beinahe jedes Landesliga-Team an einem guten Tag in die Knie zwingen.

Sie sind auch Torwarttrainer beim Jahn. Wie kam’s dazu und wie geht das mit Ihrem Beruf zusammen?
Der erste Anstoß kam vor zwei Jahren. Wir sind mit Bach in die Landesliga aufgestiegen. Gegen die U 23 des Jahn haben wir ein Testspiel bestritten. Da hat mich Trainer Ilija Dzepina gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, für die U 23 und die U 19 des SSV den Torwarttrainer zu machen. Meine aktive Zeit wollte ich damals beenden, weil mir die Landesliga zu viel wurde. Der Beruf hat für mich den ersten Rang, der Jahn hat das akzeptiert und so kam’s zur Zusammenarbeit.

Ein Jahr später rückten Sie zu den Profis.
Nach dem Zweitliga-Abstieg war im Sommer 2013 vieles im Umbruch. Offen war der Trainerposten für die Keeper. Einige meinten wohl, ich leiste gute Arbeit, und schlugen mich vor. Christian Keller kam auf mich zu, der Jahn war schon in der Vorbereitung. Ich trat gerade zwei Wochen Urlaub an. Gut, wir warten, sagte Keller. Nach der Rückkehr wurde alles unter Dach und Fach gebracht. Mein Chef hat abgesegnet, dass ich zweimal in der Woche beim Training sein kann und nach Möglichkeit auch bei den Spielen.

Mit Bernhard Hendl und Patrick Wiegers verfügt der Jahn über zwei starke Profi-Keeper. Hören die überhaupt auf einen früheren Amateur-Torhüter?
Ich habe beim Jahn vor 20 Jahren in der Bayernliga gespielt, das war damals dritte Liga. Natürlich haben sich Torwartspiel und Trainingsmethodik geändert. Da musste ich mit umstellen. Aber letztlich ist nicht entscheidend, ob jemand Profi oder Amateur war. Der wichtigste Punkt ist: Wie gut halten unsere Torleute? Und ich glaube, da kann man weder ihnen noch mir einen Vorwurf machen. Wir arbeiten sehr gut zusammen.

Träumten Sie mal davon, selbst Profi-Keeper zu werden?
Ja, im Alter von 15 bis 18 Jahren habe ich mit allem Einsatz darauf hingearbeitet. Ich stand in der bayerischen Auswahl, zusammen mit Uwe Gospodarek. Und bei einem Ländervergleich sagte der damalige U 17-Nationaltrainer Erich Rutemüller zu mir: Du bist ein guter Torhüter.

Es hat aber nicht gereicht. Warum?
Ich bin 1,74 Meter groß. Ich glaube, das sagt alles. Die Profi-Klubs suchen Torhüter ab 1,85.

Bleibt da Enttäuschung zurück?

Nein, ich hatte schöne Jahre beim Jahn, beim SC Regensburg oder beim TuS und so weiter. Und mit 40 bin ich noch in der Landesliga gefragt. Das macht dann schon ein bisschen stolz.

Aufrufe: 022.3.2014, 05:00 Uhr
Martin Rutrecht, MZAutor