2024-06-04T08:56:08.599Z

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Das Training fand bei allen Bedingungen statt - notfalls auch mit einer „Schneeschipp-Einheit“ zu Beginn.
Das Training fand bei allen Bedingungen statt - notfalls auch mit einer „Schneeschipp-Einheit“ zu Beginn. – Foto: Brian Delkof

Arcadia Messestadt: „Mit Tränen in den Augen auf dem Feld“ - die sensationelle Meister-Story

U15 macht ihren Traum wahr

Quasi ohne Team zu Beginn der Vorbereitung hat die U15 von SC Arcadia Messestadt die Meisterschaft geholt und kämpft jetzt um die Qualifikation zur Bayernliga.

München - Es ist eine Geschichte, die so klingt, als wäre sie ausgedacht. Einige denken bestimmt an „Die Wilden Kerle“ oder den Hollywood-Blockbuster „Coach Carter“, wenn sie sich die Erfolgsgeschichte der U15 von Arcadia Messestadt anschauen. Anfangs einen Kader von nur sieben Spielern auf Kreisklasse-Niveau, Training auf Äckern und am Ende einer einzigartigen Story gewinnt das Team nach einem Sportgerichtsverfahren die Bezirksoberliga (BOL).

SC Arcadia Messestadt: Trainingsstart der U15 in Zweier-Gruppen auf Äckern

Bereits im März 2021 starteten Trainer und Mannschaft die Vorbereitung für die im Herbst beginnende BOL-Saison. Die Mission war klar: „BOL überleben!“, sagt Coach Brian Delkof. Jede andere Erwartung wäre utopisch gewesen. Das Team bestand damals aus sieben Jungs, die in der Kreisklasse zuvor mit einem Torverhältnis von 8:37 und einem Punkt aus neun Spielen Letzter wurden. Zu wenig Spieler, diese noch nicht ansatzweise auf einem BOL-Niveau, und dazu kein Trainingsplatz.

Somit stand Delkof vor einer komplett neuen Herausforderung. „Wichtig war, aus der hoffnungslosen Situation alles herauszuholen. Wir haben vier-bis fünfmal pro Woche in Zweier-Gruppen auf dem Bundesgartenschau-Gelände (Buga) trainiert“, beschreibt der Coach die Devise zu Beginn. Und weiter: „Wir machten Werbung, damit wir neue Spieler bekommen. Nach und nach meldeten sich dann auch ein paar Jungs. Zum damaligen Zeitpunkt dachten wir alle, wir würden Spiel für Spiel abgeschossen werden. Heute lachen wir darüber.“

„Wir haben mit einem Debakel gerechnet.“

Brian Delkof

„Nach drei Monaten waren wir immer noch im Buga-Park, dann schon mit 15 Spielern. Die ersten Testspiele standen an und die Jungs waren hoch motiviert - wir Trainer haben allerdings mit einem Debakel gerechnet“, erinnert sich Delkof. Doch es kam anders: In sieben Testspielen in den Sommerferien gab es nur einmal eine 1:2-Niederlage.

Während andere Teams die Sommerferien zur Erholung nutzten, war die U15 von Arcadia auch zu dieser Zeit aktiv. Per WhatsApp-Video-Anrufen blieben die Kicker regelmäßig in Kontakt. Außerdem gab es von den Coaches Trainingsprogramme, damit sich die Jungs fit halten konnten. Und die Trainer gingen mit gutem Beispiel voran. Co-Trainer Jürgen Hamen produzierten täglich ein Video, an dem die jungen Burschen teilnehmen sollten.

Trainingslager in Wagrain: Besonderer Zusammenhalt wird gefördert

Im September 2021 reisten die C-Junioren dann zum Trainingslager nach Wagrain. „Wer mich kennt, weiß, dass am ersten Abend im Trainingslager immer um 22 Uhr Nachtruhe ist. Aber dort war es anders. Wir sprachen über Ziele“, erinnert sich der 24-Jährige und warf seine Vorsätze bald über Bord. „Als ich merkte, dass es schon elf Uhr abends war und den Teamgeist in den Gesprächen sah und erlebte, dachte ich mir, dass es jetzt auch schon egal ist. Wir haben viel trainiert. Es war klasse.“

Das Trainingslager in Wagrain fand unter perfekten Bedingungen statt.
Das Trainingslager in Wagrain fand unter perfekten Bedingungen statt. – Foto: Brian Delkof

Nach den Tagen in Wagrain gab es für Delkof und seine Mannschaft einen Dämpfer. „Einige waren krank und im letzten Test haben wir eine Führung verspielten“, sagt Brian Delkof. Doch die Moral war trotz des Rückschlags intakt. Vor dem Auftaktspiel gegen die JFG Mangfalltal-Maxlrain spürte er eine „neue Euphorie und unfassbar gute Energie“.

SC Arcadia Messestadt: Leerer Bilderrahmen als Motivation für die U15

Der Bilderrahmen motivierte die Jungs vor jedem Spiel.
Der Bilderrahmen motivierte die Jungs vor jedem Spiel. – Foto: Brian Delkof

Die Spielzeit der Jungs wurde von einem speziellen Ritual begleitet. Coach Brian Delkof hängte vor dem ersten Punktspiel einen leeren Bilderrahmen in den Trophäenraum von Arcadia Messestadt. Kurz vor dem ersten großen Auftritt ging er dann mit den Jungs in den Raum und fragte: „Was fällt euch auf?“ Einer der Jungs meldete sich und meinte: „Da ist ein leerer Bilderrahmen!“

„Da kommt unser Meisterfoto rein!“, sagte ein anderer Spieler. Von da an besuchte das Team vor jedem Spiel - egal ob daheim oder auswärts - den Raum mit dem leeren Bilderrahmen.

„Einige liefen mit Tränen in den Augen aufs Feld.“

Brian Delkof über den Last-Minute-Sieg in Geretsried.

Für Arcadia begann die Saison mit einem 1:0-Sieg Heimsieg. Im spannenden Spiel gegen die SG Raisting/Greifenberg legte Arcadia nach, ehe es in Fürstenfeldbruck „nur“ zu einem Remis reichte. „Nach dem Unentschieden gegen Fürstenfeldbruck wollten wir direkt eine Antwort geben. Das Spiel gegen Geretsried bleibt für mich besonders in Erinnerung. Wir haben den 1:0-Siegtreffer fünf Minuten vor Schluss erzielt. Einige liefen mit Tränen in den Augen aufs Feld. Es war sehr, sehr emotional“, so Delkof. Vor dem entscheidenden Kracher gegen Waldeck-Obermenzing wäre die neuformierte Mannschaft beinahe noch gestolpert.

„Bad Aibling hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Punkt. Wir sind zweimal in einen Rückstand geraten und fünf Minuten vor Schluss stand es 2:1 für Bad Aibling. Dass wir dieses Spiel noch drehen, passt zur ganzen Geschichte der Mannschaft. Das war Wahnsinn“, blickt Delkof zurück.

Arcadia Messestadt: Formfehler des SV Waldeck-Obermenzing bringt Meisterschaft am grünen Tisch

Im entscheidenden Spiel gegen den SV Waldeck-Obermenzing schienen Delkof und seinen Spielern die Felle davon zu schwimmen. „Nach einer undurchsichtigen Situation erzielte ein Waldecker aus fünf Metern die Führung. Wir waren nicht schlecht in der Partie, doch ein Freistoß segelte nach einem Abstimmungsfehler zum 2:0 ins Tor. Schließlich bekamen wir noch das dritte Tor und verloren Partie. Es war unglaublich traurig und schmerzhaft“, beschreibt Delkof die Gefühlslage nach Spielende. „Die Jungs meinten bereits nach dem verlorenen Spiel, dass wir den Bilderrahmen sofort zerstören sollten.“

Doch die Partie hatte ein Nachspiel. „Ich bin ein unglaublich schlechter Verlierer“, gibt Delkof zu. „Ich habe mir den Spielbericht nochmal genau angeschaut und gesehen, dass bei Waldeck eine Person ein Jahr älter war und gar nicht mitspielen hätte dürfen.“ Der Coach schaltete das Sportgericht ein: „Mir war zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht klar, dass wir das Verfahren gewinnen können. “

Der Bilderrahmen mit dem Meisterfoto der U15 im Trophäenraum des SC Arcadia Messestadt.
Der Bilderrahmen mit dem Meisterfoto der U15 im Trophäenraum des SC Arcadia Messestadt. – Foto: Brian Delkof

Und Arcadia Messestadt bekam Recht. Das Team gewann am grünen Tisch die Meisterschaft. Am Vorabend der Entscheidung gab es noch eine Diskussion im Vereinsheim. Die Mitglieder wollten zunächst die Geschichte über den leeren Bilderrahmen erfahren. Danach waren sich die Anwesenden einige, dass die Mannschaft auch ohne den Titel einen Platz im Trophäenraum verdient hätten. Eine weise Entscheidung, denn am nächsten Morgen hatte es Delkof schriftlich: „Ich konnte es kaum glauben: Das Sportgericht hatte für uns entschieden und wir waren tatsächlich Meister der BOL.“ (Marinus Savary)

Aufrufe: 06.2.2022, 15:59 Uhr
Marinus SavaryAutor