2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
Jung und talentiert: Jonathan Marschner (li.), Abwehrspieler des SV Eichede. Foto: objectivo/Kugel
Jung und talentiert: Jonathan Marschner (li.), Abwehrspieler des SV Eichede. Foto: objectivo/Kugel

,,Abwehrspieler sind selbstkritischer"

Youngster Jonathan Marschner von SH-Ligist SV Eichede über seinen Aufstieg, ehemalige Weggefährten und Glück

Trainer Oliver Zapel hatte ihn unlängst zur ,,Zukunft des SV Eichede" erklärt: Jonathan Marschner. Der 19-jährige Rechtsfuß hat sich trotz seines jungen Alters bereits als verlässliche Stammkraft in der Dreierkette des SH-Ligisten etabliert. Der Schüler am Beruflichen Gymnasium Bad Oldesloe, der nach seinem Abitur im kommenden Jahr gern Medizin studieren möchte, gibt Auskunft über seinen Status im Team, ehemalige bekannte Mitspieler und die Rolle von Glück im Fußball.

Jonathan Marschner, Sie spielen gern Klavier. Welches Stück oder welcher Soundtrack beschreibt die aktuelle Situation des SV Eichede am besten?

Ein passender Soundtrack fällt mir dazu nicht ein.

In welchen Situationen greifen Sie in die Tasten? Um nach schwachen Spielen Ablenkung zu finden?

So würde ich das nicht sagen. Ich spiele seit zehn Jahren, aber rein aus Vergnügen und nicht, um mir bewusst etwas Ablenkung zu verschaffen. Ich bin darin auch weder besonders gut noch besonders schlecht.

Besonders gut sind Sie aber auf dem Fußballfeld. Trainer Oliver Zapel hat vor Kurzem erklärt, Sie seien die Zukunft des SV Eichede. Stellt das eine Bürde dar oder ist das eine Ehre?

Eine Bürde ist das ganz und gar nicht. Ich habe mich sehr darüber gefreut, weil es mir die Wertschätzung zeigt, die mir entgegen gebracht wird. Von zusätzlichem Druck kann ich daher nicht sprechen, es ist eher so, dass ich versuche, diese Meinung des Trainers mit guten Leistungen zu bestätigen.

Hat Ihnen Trainer Oliver Zapel dieses Lob denn auch schon persönlich mitgeteilt?

(lacht) So deutlich nicht, sondern eher durch die Blume. Ich habe das gemerkt, als ich als A-Jugendlicher schon in die Herrenmannschaft berufen worden bin und dann in den Regionalliga-Kader hochgezogen wurde. Da war mir klar: Der Trainer ist mit meinen Leistungen einverstanden.

Inwiefern profitieren Sie als junger Spieler von der Zusammenarbeit eines so erfahrenen Trainers wie Oliver Zapel?

Aus der gesamten Professionalität, die vorherrscht, nimmt man etwas mit. Das Training ist abwechslungsreich, man verbessert sich kontinuierlich. Bei mir habe ich das vor allem in körperlicher Hinsicht gemerkt, durch die Intensität der Trainingseinheiten. Ich kann mich besser gegen Gegenspieler behaupten. Aber auch durch meine Mitspieler lerne ich dazu. Von so erfahrenen Akteuren wie Malte Buchholz oder Jan-Ole Rienhoff kann ich mir noch einiges abgucken, wie man sich in bestimmten Situationen verhält.

Haben Sie selbst damit gerechnet, dass Sie sich so früh in der Ligamannschaft etablieren würden?

Ehrlich gesagt nicht. Auch, weil ich von meinen ehemaligen Teamkollegen aus der Landesauswahl, die vor mir in die Männermannschaften gekommen sind, immer gewarnt haben, wie schwierig dieser Sprung zu schaffen ist. Aber ich bin froh, es gepackt zu haben. Wobei auch immer ein bisschen Glück dazu gehört, welche Position gerade gefragt ist.

Was war denn Ihr Glück?

Eigentlich, dass die erste Mannschaft im Regionalliga-Spiel gegen St. Pauli drei Platzverweise (Rienhoff, Malik Issahaku und Moritz Hinkelmann) kassiert hat. So mussten Defensivspieler aus der Zweiten in der Ersten aushelfen - und ich wurde hochgezogen. So ist alles losgegangen.

Von Null auf 100 - hatten Sie Anpassungsschwierigkeiten?

Nein, ich habe mich recht schnell wohlgefühlt in dem Team. Es war nicht schwer, sich zu integrieren. Dabei lässt sich das gar nicht an einzelnen Personen festmachen, die dafür gesorgt hätten - es lag am Gesamtgefüge mit Mannschaft, Trainern, Verantwortlichen und auch dem Fanclub Alcatraz.

Inwiefern kam Ihnen bei der Integration auch das Spiel des SV Eichede entgegen?

Der Vorteil, den die Dreierkette hat, ist, dass ich mehr Anspielstationen in die Tiefe habe. So können wir geordneter hinten raus spielen. Ich muss in manchen Situationen zwar weiter nach außen rücken und spiele dann teilweise Außenverteidiger, aber das macht sogar Spaß und ist ja nur situativ.

Bevor Sie zum SV Eichede gewechselt sind, haben Sie in der Jugend für den VfL Oldesloe und Preußen Reinfeld gespielt, zwischendurch auch noch für den VfB Lübeck. Gibt es einen Trainer, der Sie in diesen Jahren besonders geprägt hat?

Ich würde nicht behaupten wollen, dass einer von denen heraussticht. Alle haben mich auf meinem Weg weitergebracht und ihren Anteil daran, dass ich so jung bereits in der SH-Liga spielen kann.

Damals standen Sie bei Preußen Reinfeld mit Matti Steinmann auf dem Feld. Der hat mittlerweile beim Hamburger SV sogar in der Bundesliga gespielt. Vergleicht man sich noch mit so einem ehemaligen Mitspieler?

Überhaupt nicht. Schon damals in der C-Jugend hat man gesehen, dass er fußballerisch weiter ist als alle anderen Spieler. Das fand ich aber nicht ungerecht oder ungerechtfertigt. Er war talentiert, aber vor allem auch sehr ehrgeizig, daher gönne ich ihm das. Wobei ich damit nicht sagen will, dass ich nicht ehrgeizig bin. (lacht)

Immerhin haben Sie es mit dem SV Eichede in der vergangenen Saison auch zu Einsätzen in der Regionalliga gebracht. Wie sehr bedauern Sie, dass Sie dort nicht mehr spielen?

Die Klasse fehlt mir doch sehr. Die Spieltage waren etwas ganz Besonderes. In Meppen oder Oldenburg sind wir in richtigen Stadien aufgelaufen vor Tausend Zuschauern. So etwas bringt Spaß - und es wäre cool, dort wieder zu landen.

Mit Eichede spielen Sie in der SH-Liga insgesamt eine gute Rolle in der Spitzengruppe. Zurückgeworfen hat Sie aber eine kurze Schwächephase. Wie erklären Sie diese Ergebniskrise von vier Pleiten in Folge?

Das ist nicht ganz so einfach. Ergebniskrise ist aber schon der passende Begriff, da wir in den Spielen nicht wirklich schlecht waren. Wir hatten einfach Pech. Wenn ich mich nur daran erinnere, wie wir beim 2:3 gegen den FC Dornbreite einen Elfmeter an die Latte setzen - und im Gegenzug das Gegentor kassieren. Da wussten wir alle gar nicht, was passiert ist und warum wir verloren haben. Ich bin aber froh, dass das jetzt wieder in die andere Richtung gekippt ist.

Vereinsboss Olaf Gehrken hat zuletzt mehr Selbstkritik nach Niederlagen aus der Mannschaft heraus gefordert. Teilen Sie diese Ansicht?

Dass wir nicht selbstkritisch mit Niederlagen umgehen würden, habe ich noch nicht mitbekommen. Aber natürlich ist auch in dieser Hinsicht Verbesserungspotenzial bei uns vorhanden. Fehler werden aber intern in der Mannschaft angesprochen. Meist schon direkt nach dem Spiel.

Geht man nach solch knappen Niederlagen denn als Abwehrspieler mit sich selbst besonders hart ins Gericht?

Man macht sich sicherlich etwas eher dafür verantwortlich, ist selbstkritischer, als als Stürmer, und spielt nochmal durch, was man in einigen Szenen besser hätte machen können, um Gegentore zu verhindern. Ich versuche ohnehin an Spieltagen länger über Situationen nachzudenken, sie anschließend aber abzuhaken. Das bringt nichts, weil einen übertriebene Selbstkritik dann auch runterziehen kann.

Das versuche ich zu verhindern. Außerdem sprechen wir ja intern auch nochmal darüber - und zusätzlich haben wir die Videoanalyse, die uns unsere Fehler viel besser vor Augen führt, als man sie selbst auf dem Platz wahrnimmt.

Wie sehen denn Ihre Ziele in naher und ferner Zukunft aus?

Das ist schwer zu formulieren. Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Kurzfristig wünsche ich mir natürlich Verletzungsfreiheit und weiterhin eine gute Entwicklung. Etwas Weitergehendes zu formulieren, wäre Quatsch, weil ich ja noch so jung bin und nicht weiß, wie sich die nahe Zukunft entwickeln wird.

Aufrufe: 022.1.2015, 10:00 Uhr
SHZ / Interview: Bengt-J. LüdkeAutor