2025-02-13T12:31:16.459Z

Ligabericht
Brauchte in seiner Karriere bereits Polizeischutz: Alfred Schneider bekommt dennoch nicht genug.
Brauchte in seiner Karriere bereits Polizeischutz: Alfred Schneider bekommt dennoch nicht genug. – Foto: Florian Glatki

Alte Pfeifen (8): Mit 82 Jahren ist noch lange nicht Schluss

Schiedsrichter-Urgesteine auf Kreisebene: Alfred Schneider wird im Februar 82 Jahre - und ist heiß, wenn der Ball im Frühjahr wieder rollt...

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Schiedsrichter werden eigentlich nur wahrgenommen, wenn sie schlecht pfeifen. Dann wird geschimpft. Sind sie gut, werden sie ignoriert. Nix g'sogd is g'lobt gnuah - ist oft das Motto. FuPa will das in der Winterpause ändern. Mit der Serie "Alte Pfeifen", in deren Rahmen altgediente Unparteiische auf Kreisebene in den Fokus rücken. Männer (und auch Frauen), die jede Woche dafür sorgen, dass die unzähligen Amateurspiele überhaupt über die Bühne gehen können. Teil 8: Alfred Schneider (82 Jahre/SpVgg Pondorf-Oberzeitldorn)

Bitte stelle zunächst einmal die Eckpunkte Deiner Schiedsrichter-Karriere dar.
Als ich mich langsam zu alt gefühlt habe, um selber zu spielen, habe ich mich entschlossen, Schiedsrichter zu werden. Das war 1977, mit 35 Jahren. Wir hatten im Verein keinen Schiedsrichter mehr, deshalb hat mich der Vorstand darum gebeten, die Prüfung zu machen, um keine Strafe mehr bezahlen zu müssen. Obwohl ich dann doch noch bis zu meinem 40. Lebensjahr selber aufgelaufen bin und u.a. mit meinem Sohn zusammengespielt habe, habe ich bis zu 50 Partien pro Jahr geleitet. Weil ich schon relativ alt war, habe ich es nur bis hinaus in die Kreisklasse geschafft.

"Nie im Leben“, ist oft zu hören, wenn eigentlich Fußballbegeisterte darauf angesprochen werden, ob sie denn nicht Unparteiischer werden möchten. Warum gilt für Dich „liebend gerne“?
Als ich selber noch Spieler war, habe ich die Aufgabe eines Schiedsrichters komplett anders gesehen. Die andere Sichtweise hat mich dann mehr begeistert als ich zunächst angenommen habe. In den 90ern habe ich mir eingebildet, dass ich nicht mehr mag, weshalb ich ein paar Jahre ausgesetzt habe. Irgendwas hat mir aber in dieser Zeit gefehlt, weshalb ich 1997 wieder angefangen habe.

– Foto: Albert Pinkl

Das wohl gewichtigste Contra-Argument gegen eine Karriere an der Pfeife sind Anfeindungen. Wie oft wirst Du verbal angriffen? Wie gehst Du damit um? Wurdest Du sogar schon einmal körperlich angegangen?
In den 80ern habe ich ein Spiel geleitet, Letzter gegen Erster. Es muss keiner wissen, welches genau es war. Jeder meinte damals, diese Partie hätte keine Brisanz. Dann allerdings hat der Letzte gewonnen. Die Stimmung kochte hoch. Man hat mir nahegelegt, in der Kabine zu bleiben, wenn mir mein Leben etwas wert ist. Ich habe dann die Polizei gerufen, die mich zum Auto begleitet hat. Ja, das war was... Abgeschreckt hat mich diese Geschichte aber nicht. Generell lässt mich vieles kalt. Kommen blöde Kommentare von außen, höre ich diese nicht. Fallen allerdings böse Namen, kann es schon sein, dass der Absender nicht mehr zuschauen darf.

Wie würdest Du Dein Auftreten als Schiedsrichter beschreiben? Bist Du eher der autoritäre Typ, der keinen Widerspruch duldet – oder eher der Freund auf dem Feld, der vieles über Zwischenmenschlichkeit regelt?
Ich war als Schiedsrichter nie aggressiv. Mit mir kann man auf dem Platz enorm viel reden, solange es nicht böse ist, was gesagt wird. Wichtig ist auch, nie nachtragend zu sein. Karten gibt's bei mir nicht viele. Aber wenn's nicht hilft, hilft's nicht. In den 47 Jahren als Schiedsrichter habe ich so zehn bis zwölf Rote vergeben.

Was hat sich im Umgang auf dem Sportplatz im Vergleich zu früheren Tagen verändert?
Früher war alles noch hektischer. Insbesondere bei Nachbarderbys waren die Zuschauer unmöglich. Da gehörten kleinere Ausschreitungen nach den Spielen beinahe schon dazu. Das gibt's so heute nicht mehr. Die Strafen haben Wirkung gezeigt.

Wenn Du einen Wunsch frei hättest: Welche Regel würdest Du sofort abschaffen?
Da gibt*s eigentlich nichts. (überlegt) Oder doch: Die Handspiel-Regel ist schon sehr schwierig...

Wann ist ein Handspiel ein Handspiel: Kannst Du das möglichst einfach erklären?
Ich lege es so aus: Wenn die Hand zum Ball geht, ist es ein Handspiel. Wird eine am Körper anliegende Hand angeschossen, pfeife ich nicht. Vor allem nicht im Sechszehner. Genauso, wenn sich ein Spieler selber anschießt und die Hand trifft...

– Foto: Patrizia Himmelstoß

Gibt es das eine Spiel in Deiner Karriere, das hängengeblieben ist?
Ja. Das war irgendwo im Bayerischen Wald. Vor 30, 35 Jahren. Hinter einem der Tore war unmittelbar eine Steinmauer. Mauer und Netz waren praktisch eins. Und so kam es, dass ich einen Treffer nicht gesehen habe, weil der Ball von der Steinmauer abgeprallt und aus dem Tor gesprungen ist. Das war eine Mordsgaudi! Es wurde sogar Einspruch eingelegt, aber es ist nichts dabei herausgekommen.

Die Schiedsrichter werden immer weniger, manche Spiele können nicht mehr besetzt werden. Wie lässt sich diesem Trend entgegenwirken?
Schwierig. Ich schaue selber vielen Nachwuchsschiris zu. Und diese 15-jährigen Burschen werden bei Jugendspielen durch die Eltern der Spieler kaputt gemacht. Das geht nicht, was da passiert und wie diese jungen Kerle beschimpft werden. Da müsste sich was ändern, es wird sich aber nichts ändern...

Abschließend der Blick in die Zukunft: Wie lange bleibst Du noch am Ball?
Ich pfeife so lange, wie ich laufen kann. Im Februar werde ich 83. Und ich kann es jetzt schon kaum erwarten, wenn es im Frühjahr wieder losgeht...

Aufrufe: 019.1.2025, 12:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor