Es bleibt dabei, wenn der 1. FC Normannia Gmünd und der TSV Essingen im Ostalb-Derby gegeneinander antreten, dann sind das immer enge Kisten. So auch diesmal wieder: Essingen hat sich dank eines Traum- und dann eines Duseltores am Ende mit 3:2 im Schwerzer durchgesetzt in einer Partie, die in der zweiten Halbzeit phasenweise hitzig wurde, aber insgesamt doch fair verlaufen ist. „Unterm Strich haben Kleinigkeiten entschieden, die Galligkeit bei Standards, da war Essingen einfach besser und dann müssen wir mit der Niederlage leben. Das tut weh, aber wir werden uns wieder aufrappeln“, resümierte Normannias Trainer Zlatko Blaskic. Der Schwerzer war mal wieder richtig voll, über 800 Zuschauerinnen und Zuschauer wohnten diesem Derby bei.
Der gegenseitige Respekt war den beiden Teams anzumerken, in den einzelnen Pässen schwang gar Nervosität mit. Die Normannia begann dominant, gewann die meisten Zweikämpfe und drang die Gäste in die eigene Hälfte. Der erste gelungene Angriff der Gmünder brachte direkt die Führung. Luca Molinari flankte den Ball von der linken Seite mustergültig in die Mitte, in der sich Rückkehrer Alexander Aschauer per Flugkopfball durchsetzte, ein wirklich schöner Treffer (9. Minute). In den vergangenen drei Partien musste der Österreicher rotgesperrt zuschauen. Die Normannia blieb dominant, war richtig im Spiel. Joao Victor Schick tankte sich stark auf rechts durch, drang bis an die Grundlinie durch, vergaß aber, den Ball in die Mitte zu bringen und wurde letztlich noch geblockt (22.). Da war deutlich mehr drin.
Sieben Minuten später probierte es Marvin Gnaase aus der Distanz, verfehlte das Gehäuse aber um rund einen Meter. Nach etwa einer halben Stunde dann aber kamen die Essinger, die bis dato überhaupt noch nicht in der Offensive aufgetaucht sind, stärker auf, trauten sich mehr zu. Nach einem Konter bediente Jannik Pfänder den schnell nach vorne geeilten Besnik Koci, der frei durch war, aber an Yannick Ellermann scheiterte (35.). Der anschließende Eckball aber sollte es in sich haben. Gmünds Trainer Zlatko Blaskic hatte auf kaum mehr aufmerksam gemacht als auf die Standards der Essinger – richtig zugehört hatten ihm seine Spieler offensichtlich nicht. Geburtstagskind Jannik Wiedmann schraubte sich so richtig hoch und wuchtete den Ball per Kopf zum 1:1 in die Maschen (35.). Spätestens jetzt war Essingen in diesem Derby angekommen.
„Wir haben uns so viele Videos angeschaut und so viel über die Essinger Standards gesprochen und es dennoch überhaupt nicht hinbekommen. Bei jedem Einwurf und bei jeder Ecke brannte es lichterloh bei uns“, ärgerte sich Blaskic nach der Partie maßlos über diesen Fakt, um das 1:1 noch weiter zu sezieren: „Wir haben nur zugeschaut. Da hat nur noch gefehlt, dass ich einen Stuhl und ein Getränk hinstelle und sage: hier bitte schön“, flüchtete sich Blaskic in Sarkasmus. Kurz vor der Pause kamen die Gastgeber noch einmal auf, nachdem sich Valerio Avigliano stark gegen mehrere Essinger durchsetzte und Nico Molinari bediente. Dessen Versuch landete aber in den Armen von Jerome Weisheit (45.). „In der ersten halben Stunde waren wir gefühlt gar nicht auf dem Platz. Das einzig Gute war, dass wir nur 0:1 zurücklagen. Normannia war klar besser. Mit dem 1:1 sind wir dann etwas besser reingekommen, aber die erste Halbzeit war eine Katastrophe von uns“, resümierte Essingens Trainer Simon Köpf ehrlich.
Die zweite Halbzeit war kaum angepfiffen, da legte sich Koci den Ball zurecht, circa 25 Meter vor dem Gehäuse. Er lief an und das Leder flog wuchtig und genau in den rechten Winkel, Ellermann war machtlos bei diesem Treffer, der das Attribut „Traumtor“ durchaus verdient hatte (48.). Blaskic jedenfalls bezeichnete diesen Treffer genauso. „Das war wieder so ein unnötiges Foul in Nähe des Strafraums. Wir bekommen in dieser Saison einfach zu viele Gegentore“, ärgerte sich Normannias Kapitän Ellermann nach dem Schlusspfiff. In der 56. Minute kam dann Alessandro Abruscia im Strafraum in einem Zweikampf mit Luca Molinari zu Fall. „Klarer Elfer“, wütete Köpf an der Seitenlinie und auch alle anderen Essinger auf der Bank sprangen wütend auf und forderten den Strafstoß – die Pfeife aber blieb stumm (56.).
Insgesamt wurde es etwas hitziger, die Zweikämpfe ruppiger, unfair aber nie. Nach einem langen Ball war Dean Melo am Start, Gmünds Valerio Avigliano jedoch nicht. So tankte sich Meli fast mühelos an ihm vorbei, scheiterte im kuren Eck aber an Ellermann (64.). Der anschließende Einwurf von Patrick Auracher sorgte für reichlich Verwirrung in der Gmünder Defensive. Noch einmal Melo am aus etwa sieben Metern zum Schuss, fand aber erneut im gut reagierenden Ellermann seinen Meister (65.). Auf der anderen Seite verzog Nico Molinari aus etwa acht Metern knapp (72.). Essingen war gefährlicher. Wieder ging es heiß her im Gmünder Strafraum, ehe der Ball doch geklärt wurde, jedoch nicht weit genug. Aus rund 25 Metern nahm Yusuf Coban den Ball direkt, der dann gleich zweimal abgefälscht wurde und vom linken Innenpfosten ins Tor trudelte, Ellermann wurde auf dem falschen Fuß erwischt – 3:1 für Essingen (79.).
Die Entscheidung aber sollte es noch nicht sein, Blaskic wechselte weiter offensiv durch und die Gmünder versuchen auch noch einmal alles. Einen scharf getretenen Freistoß des eingewechselten Mert Arslan klärten die Essinger (81.). Nach einer Ecke von Nilas Staiger probierte es Luca Molinari direkt, doch wieder blockten die Essinger den Ball noch weg (84.). Zwei Minuten später dann aber durfte auch der Normannia-Anhang noch einmal jubeln. Eine Flanke von Nico Molinari flog auf den zweiten Pfosten zu Arslan, der geschickt durchsteckte zu Tim Grupp, der schließlich im Liegen den 2:3-Anschusstreffer herstellte. Gmünd hatte nur noch zwei Verteidiger auf dem Feld, warf alles nach vorne, fand aber keine Lösung mehr. Einen letzten Freistoß verzog Arslan deutlich (90.+5), sodass die Essinger jubeln konnten. Bevor der übliche Derbysieger-Gesang der Essinger einsetzte, feierte die Mannschaft zunächst Janik Wiedmann, der seinen 24. Geburtstag feierte. Und er war es schließlich auch, der den Anstoß für die Essinger gab, diese Partie noch zu drehen. „Unterm Strich wäre ein Unentschieden vermutlich gerechter gewesen, aber wir nehmen die drei Punkte natürlich gerne mit. Uns tun sie unheimlich gut“, sagte Köpf nach der Partie.
Stimmen zum Spiel
Yannick Ellermann, FCN-Torwart und Kapitän: „Das ist extrem bitter, wieder haben wir drei Gegentore bekommen und das ist auf Strecke einfach viel zu viel. Wir haben vor dem Spiel lange darüber gesprochen, dass Essingen bei Standards stark ist und bekommen dann das 1:1 nach einem Standard. Da gehen wir überhaupt nicht mit zum Ball. Er kann relativ frei köpfen, macht das aber auch überragend. Dann machen wir ein dummes Foul vor dem Sechzehner in so einer Situation. Den macht er dann natürlich auch gut. Dann bekommen wir das 1:3 recht unglücklich, was aber zu diesem Tag passt. Dann noch zwei Tore aufholen zu müssen, ist schon eine Aufgabe. Wir sollten tunlichst daran arbeiten, dass wir nicht mehr so viele Gegentore bekommen. In den vergangenen Jahren war die Defensive immer der Faktor, warum wir erfolgreich waren.“
Janik Wiedmann, Geburtstagskind, Torschütze und TSV-Kapitän: „Die erste Halbzeit war auf jeden Fall nicht unsere beste Halbzeit. Da haben wir nichts umgesetzt von dem, was wir uns vorgenommen. Trotzdem haben wir dann noch einen Treffer gemacht, was in dieser Situation natürlich gut war. In die zweite Halbzeit sind wir dann viel besser reingekommen, haben die Zweikämpfe besser angenommen, hatten vorne mehr Druck und standen in der Defensive so wie in den vergangenen Spielen. Es war insgesamt ein harter Kampf. Jetzt haben wir in den vergangenen fünf Partien gepunktet, müssen aber weiter punkten, Woche für Woche. Wir hatten nach diesen acht Niederlagen dennoch eine gute Stimmung in der Mannschaft, haben immer an uns geglaubt. Vielleicht war das der Schlüssel.“