Zehn Minuten vor Schluss konnte Cedric Teuchert nicht mehr. Die vergangenen Stunden hatten ihn viel Kraft gekostet, also holte ihn sein Trainer schweren Herzens vom Platz. Am Abend zuvor hatte der Nachwuchsstürmer zum Aufgebot der Zweitliga-Mannschaft gehört, zum ersten Mal. Ab der 89. Minute sollte er retten, was noch zu retten war für den 1. FC Nürnberg. Cedric Teuchert konnte seine späte Einwechslung auch am nächsten Nachmittag kaum fassen — obwohl für ihn und seinen Club nicht viel nach Plan lief. Als ihm Valérien Ismaël mitteilte, dass er nun an der Reihe sei, „ist mir das Herz in die Hose gerutscht“, sagt Teuchert. Die Nominierung „hat ihm gutgetan“, findet sein A-Jugend-Trainer Pellegrino Matarazzo.
Dass sein Debüt nicht mehr lange auf sich warten lassen sollte, hatte sich schon vor ein paar Wochen abgezeichnet. Valérien Ismaël wollte sich den hoch gelobten Angreifer im Kreis der Profis mal etwas näher anschauen. Teuchert schien sehr aufgeregt zu sein, es gelang ihm nicht viel. Dass er jetzt in der Zweiten Liga mitmischen durfte, ist somit wohl eher mit seinen Leistungen in der U19 zu erklären. Seine Premiere im tristen Hardtwaldstadion hatte er sich wahrscheinlich etwas anders vorgestellt. Der Club verlor mit 1:2, und „ich hatte keinen Ballkontakt“, berichtet Teuchert. Wegen der vielen Verletzten nahm ihn Ismaël unter der Woche dazu.
„Für einen Jugendlichen ist es natürlich etwas Besonderes, wenn der Trainer anruft und sagt, dass man bei den Profis mittrainieren darf“, sagt Teuchert, der sich gerade bei seiner Freundin aufhielt, als ihn die gute Nachricht erreichte. 17 Jahre und knapp zehn Monate ist der gebürtige Oberfranke erst alt und damit einer der Jüngsten, die jemals für die Profi-Mannschaft des 1. FC Nürnberg antreten durften. Viel Zeit, die Erlebnisse von Sandhausen zu verarbeiten, blieb ihm freilich nicht; am nächsten Vormittag um 11 Uhr stand bereits das U19-Derby gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth auf dem Programm.
Teuchert zählte, wie so oft, zu den auffälligsten Spielern seiner Elf. Hätte er wenigstens eine seiner beiden Großchancen genutzt, wäre die Begegnung vorzeitig entschieden gewesen, so aber musste der Club-Nachwuchs bis zur letzten Sekunde um den Prestigeerfolg zittern, Endstand 1:0.
Sieben Punkte trennen beide Vereine in der Bundesliga Süd/Südwest; Nürnberg, der Aufsteiger, hat sich im Kampf gegen den Abstieg etwas Luft verschafft. Der hierfür verantwortliche Trainer Pellegrino Matarazzo wirkte hinterher entspannt, als er die 90 Minuten analysieren sollte — und die Darbietung seines stärksten Angreifers. Sechs Tore hat Teuchert in dieser Saison schon geschossen, deren drei beim 3:2-Erfolg in Freiburg. Seine Zwischenbilanz nach zehn Partien kann sich wirklich sehen lassen — wenn man bedenkt, dass er zum jüngeren Jahrgang zählt, also im Sommer erst von der B- in die A-Jugend gewechselt ist. Teuchert ist dennoch eine feste Größe.
Dass er nach seiner überraschenden Dienstreise nach Sandhausen möglicherweise gegen Fürth hätte passen können, kam für die Teuchert nicht in Frage. „Er hatte voll Bock auf das Spiel“, sagt Matarazzo, trotz der verhältnismäßig kurzen Nacht. Aber Teuchert ist richtig fit, endlich; in den vergangenen Monaten musste er des Öfteren kürzertreten, weil ihn ein Virus schwächte.
In der U17-Bundesliga kam er in der vergangenen Saison deshalb erst gegen Ende der Hinrunde regelmäßig zum Einsatz (13 Spiele, acht Tore). Mittlerweile scheint er seinen Rhythmus aber wieder gefunden zu haben. Was auch damit zu tun haben könnte, dass er mit der Realschule fertig ist. Ab Dezember plant er ein Praktikum — in einem Kindergarten.
Wenn Teuchert so weitermacht, dürfte er auch die U 19 zeitnah verlassen. Spielertypen wie er sind rar im Club; sein Trainer beschreibt ihn wie folgt: „Cedric ist zielstrebig, schnell und hat einen guten Abschluss, mit rechts und mit links“, sagt Matarazzo, besser muss er im Strafraum werden, wenn ihm die Verteidiger auf den Füßen herumstehen, Matarazzo nennt es das „engmaschige Spiel“. Teuchert ist eigentlich ein Konter-Stürmer, der Platz braucht, um seine Dynamik zur Geltung zu bringen.
Bald vielleicht auch schon regelmäßig in der Zweiten Bundesliga. „Wenn er oben landet“, sagt Matarazzo, „habe ich meinen Job getan.“ In dieser Woche muss er erneut auf Teuchert verzichten; mit der U18-Nationalmannschaft nimmt er an einem Vier-Länder-Turnier in Belek teil. Die Wahrscheinlichkeit, dass er demnächst wieder an die türkische Riviera fliegen darf, ist groß. Mitte Januar beziehen die Club-Profis dort ihr Trainingslager.