2024-04-25T10:27:22.981Z

FuPa Portrait
Immer voll dabei: Schon als Trainer beim damaligen Brandenburger Verbandsligisten kannte Jans Härtel nur 100 Prozent. Das ist heute beim FC Magdeburg auch noch so.   Foto: MOZ
Immer voll dabei: Schon als Trainer beim damaligen Brandenburger Verbandsligisten kannte Jans Härtel nur 100 Prozent. Das ist heute beim FC Magdeburg auch noch so. Foto: MOZ

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Seine Spieler-Karriere beendete Jens Härtel beim damaligen Verbandsligisten Schöneiche. Vorher spielte er für Babelsberg, Union Berlin und Zwickau. Heute trainiert er den 1. FC Magdeburg und will in die 3. Liga.

Fußball ist ein wichtiger Teil seines Lebens – entsprechend konsequent versucht Jens Härtel seinen Weg in der Deutschen liebsten Sportart zu gehen. Einst als Spieler bei Union Berlin, in Babelsberg und Schöneiche, inzwischen als Trainer beim einst ruhmreichen, jetzigen Regionalligisten 1. FC Magdeburg.

Seinen bisherigen Weg ist der Sachse Härtel dabei immer konsequent gegangen. Oder um es mit einer Vokabel zu benennen, die immer wieder genannt wird, wenn es um den inzwischen 45-Jährigen geht – zielstrebig. Zielstrebig schreitet er auch über den sonnendurchfluteten Ulrich-Platz zum Treffpunkt, einem Café in der Magdeburger Innenstadt, um dann gleich einmal die schwierige Frage nach der Selbstcharakterisierung zu beantworten. Das Wort zielstrebig kommt ihm dabei nicht über die Lippen. „Ich bin realistisch und ehrgeizig sowohl als Spieler als auch jetzt als Trainer.“


Seine Spielerkarriere, die ihn bis in die 2. Liga (FSV Zwickau, SV Babelsberg) führte, beendete er beim damaligen Verbandsligisten Germania Schöneiche nach einer Kreuzbandverletzung. Mit dem Team feierte er zuvor den größten Triumph in der Vereinsgeschichte – den Gewinn des Landespokals 2004. Am Berliner Rand schloss er auch zielstrebig seine Ausbildung als Kaufmann ab und begann er dann seinen neuen Weg auf der Trainerbank. Aus seiner Sicht genau der richtige Einstieg. „Das war ein guter Start, denn ich kannte das Umfeld und den Verein, wusste was möglich ist. Und man stand nicht so im Brennpunkt, konnte eine Mannschaft zusammenstellen“, erzählt Härtel. Mit dem Aufstieg in die Oberliga 2006 und dem folgenden Klassenerhalt sammelte er seine ersten Meriten. Und doch hörte er zunächst mit dem Trainerjob auf.

Keine leichte Entscheidung, lässt er durchblicken, aber die Doppelbelastung mit Arbeit und Training war sehr hoch. Die Pause erwies sich als Segen, „Ich habe endlich mal Zeit gehabt für meine Familie und meine Kinder, konnte in Urlaub fahren, am Haus bauen“, sagt der leidenschaftliche Skifahrer Härtel.'
Doch der Fußball ließ ihn nicht los, die Arbeit in einem Autohaus in Erkner erfüllte ihn nicht ausreichend. Als der damalige Regionalligist SV Babelsberg ihm den Posten des Co-Trainers anbot, sagte er zu. „Von meinem Wohnort Wilhelmshorst bis Babelsberg waren es nur 10 Kilometer, nach Erkner gut 80“, führt er auch praktische Gründe an. Zu dieser Zeit reifte in ihm auch die Entscheidung für seine berufliche Zukunft. „Ich habe mir gesagt, ich mache jetzt mit aller Konsequenz alle Qualifikationen, um im Fußball zu überleben.“ Gesagt, getan.

Also zog er 2011, nachdem er sämtliche bürokratische Hürden dafür überwunden hatte, seine Ausbildung zum begehrten Fußball-Lehrer durch. Unter seinen Mitstreitern waren auch die heutigen Bundesliga-Trainer Markus Weinzierl, Roger Schmidt, Markus Gisdol und Tayfun Korkut. „Kontakt mit dem einen der anderen habe ich schon“, schmunzelt Härtel.
Damals waren sie alle aber noch nicht soweit und hätten kaum helfen können, als Härtels angestrebte Karriere auf einmal am seidenen Faden hing. Als der SV Babelsberg finanzielle Schlagseite bekam, hieß die lapidare Antwort auf Härtels Frage, wie es weitergehen sollte: „Geh zum Amt.“ Für den Vollblutfußballer „eine schwere Situation“, die alle Hoffnungen in Frage stellte. Es gab nur ein Angebot – vom Regionalligisten Berliner AK.

Für die Entwicklung von Härtel war die Entscheidung das Angebot als Cheftrainer in der Hauptstadt anzunehmen, in Nachhinein die richtige. „Als Co-Trainer wirst du nicht wahr genommen.“ Seine Erfolge beim BAK sorgten für das Gegenteil. Die Mannschaft etablierte sich in der Liga und wurde 2012 Berliner Pokalsieger. Härtels Arbeit wurde zweimal in Folge mit dem Titel als Berlins Amateurtrainer des Jahres gewürdigt. „So eine Auszeichnung ist natürlich eine schöne Bestätigung für die geleistete Arbeit“, sagt der Coach. Ein weit spektakuläreres Ereignis ebnete ihm den nächsten Karriereschritt. Als der BAK in der 1. Rundes des DFB-Pokals Bundesligist 1899 Hoffenheim mit 4:0 aus dem heimischen Poststadion schoss.

Die damaligen Spielanalysten der Hoffenheimer erinnerten sich, inzwischen bei RB Leipzig tätig, an Härtels taktische Meisterleistung als ein Trainer für die U19 des ambitionierten wie umstrittenen Vereins gesucht wurde.Für Härtel war ein Engagement beim umstrittenen Brauseklub beruflich wie privat interessant. „Eine Engagement in einem Nachwuchsleistungszentrum fehlte mir noch, da hatte ich Lust, das auszuprobieren. Zudem habe ich in Leipzig Fußball gespielt und meine Eltern wohnten nur 40 Kilometer entfernt. Dass RB deutschlandweit kritisch gesehen wird, ist Härtel bewusst. „Allerdings scheint der Weg, ein eigenes Projekt aufzubauen, der einzige zu sein, um in Ostdeutschland Bundesligafußball etablieren zu können. Für Leipzig ist das ein Segen“, hat Härtel beobachtet.

Auch in Sachsen blieb er sportlich erfolgreich, führte die A-Jugend Richtung Bundesliga. Dennoch gab es nach einem Jahr die Trennung. „In zwischenmenschlichen Bereich hat es geknackt und geknirscht. Alles wird dem Erfolg untergeordnet. Es fehlt ein bisschen Wärme. Selbst Klubs wie Bayern München, wo der Druck auch groß ist, strahlen das aus.“

Als die Anfrage vom 1. FC Magdeburg kam, zögerte Härtel nicht. „Die Wahrnehmung ist was ganz anderes. Hier hast du eine erste Mannschaft, wo die Stadt dahinter steht, mit großen Zuschauerinteresse. Das kannte ich von Schöneiche oder dem BAK nicht.“ Dabei weiß Härtel, dass auch in Magdeburg die finanziellen Rahmenbedingungen nicht einfach sind. „Hier kann keiner mal schnell in Salzburg anrufen und dann kommt Geld. Aber so ist der Wettbewerb. Wir müssen gucken was realistische Ziele sind und die erreichen“. Und da war sie wieder die Maxime von Härtel.

Aber mit seinem persönlichen Aufstieg erlebt Härtel auch die Schattenseiten des Trainerberufs. In Magdeburg hat Härtel eine kleine Wohnung, ist die meiste Zeit von seiner Familie getrennt. „Das ist natürlich ein Sieben-Tage-Job. Meine beiden Jungen sind 15 und 18 Jahre, die haben ihren eigenen Rhythmus, aber für meine Frau ist das nicht einfach. Sie muss alle Entscheidungen alleine treffen.“ Während seiner „kräftezehrenden Arbeitszeit kreisen alle Entscheidungen um Training, Aufstellungen, Spiel, Video-Vor- und nachbereitung etc. Auch von der Stadt bekommt er nicht viel mit, wohnt in Stadionnähe.

Was macht der Trainer Jens Härtel, wenn er doch mal nicht an Fußball denkt? Gibt es solche Momente überhaupt? „Die gibt es schon.“ Wenn er mal zu Hause in Wilhelmshorst ist, sorgen Spaziergänge mit seiner Frau für einen Ausgleich. Das gilt auch für Gegenbesuche in Magdeburg. Am liebsten in Richtung Dom. Schließlich hat auch die Kirche für Härtel eine Bedeutung. „Ich bin Christ. Das hilft mir die Dinge zu relativieren.“

Es scheint so, als sei Jens Härtel in seiner bisherigen Trainerkarriere, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Und ob sein Weg weiter nach oben geht, wird sich zeigen. Er selbst fühlt sich beim FCM derzeit pudelwohl, setzte mit dem Sieg im DFB-Pokal gegen den FC Augsburg mit dem Lehrgangskollege Weinzierl als Trainer ein erstes Ausrufezeichen. „Das macht schon Spaß, wenn der Erfolg da ist.“. Realistisch ist derzeit sogar die Regionalliga-Meisterschaft mit dem Europapokalsieger von 1974. Und das ist letztlich der Auftrag, den Härtel hat – Aufstieg in die 3. Liga. Und sollte dieser gelingen, hätte er zielstrebig die nächste Stufe der Karriere erklommen, wäre im Profifußball angekommen.

Aufrufe: 022.4.2015, 09:19 Uhr
MOZ.de / Uwe WuttkeAutor