2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Die Referenten der Trainer-Gemeinschaft (hier Verbandstrainer Wagner in Schwarzenfeld im April 1981) geben in der Oberpfalz seit 50 Jahren Tipps in der Praxis und der Theorie. Foto: GFT/Jäckl
Die Referenten der Trainer-Gemeinschaft (hier Verbandstrainer Wagner in Schwarzenfeld im April 1981) geben in der Oberpfalz seit 50 Jahren Tipps in der Praxis und der Theorie. Foto: GFT/Jäckl
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Wo sich Oberpfälzer Trainer fortbilden

Die auf fast 700 Mitglieder gewachsene Trainer-Gemeinschaft feiert 50-Jähriges. So mancher Promi enttäuschte beim Vortrag.

Fußball ist einfach: 22 Spieler versuchen auf einem Feld von rund 7000 Quadratmetern das Runde ins Eckige zu bekommen. Das klingt einfacher, als es ist. Wie komplex Fußball ist, weiß die Person, die versucht, das Ganze von der Seitenlinie aus zu steuern. Deswegen kommen viermal im Jahr um die 200 Fußballlenker zusammen, um sich Anregungen zu holen und sich auszutauschen. Das hat Tradition, in der Oberpfalz heuer seit 50 Jahren: Was Walter Luschner am 18. Februar 1967 mit 24 Trainern im Sportheim des FC Schwandorf begann, hat in den vergangenen zehn Jahren noch einmal einen ganz besonderen Boom erlebt. Die „Gemeinschaft der Fußballtrainer Oberpfalz“, kurz GFT, steht kurz davor, das 700. Mitglied zu begrüßen.

Das Jubiläum wird groß, größer als anderswo und mit rund 240 Gästen und BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher als Festredner gefeiert: Der Vorsitzende Ernst Jäckl und seine Führungscrew laden am Freitag ab 19 Uhr in die Nordgau-Halle in Nabburg mit Moderator Armin Wolf und der krachledernen Oberpfälzer Kabarettistin Lizzy Aumeier, die sich mitten in eine überwiegend männliche Welt begeben wird. Das erste weibliche der heute exakt 688 Mitglieder wurde übrigens erst über 20 Jahre nach der Gründung begrüßt und hieß 1988 Elisabeth Gall. Heute sind immerhin 14 Fußballtrainerinnen GFT-Mitglied – also nur zwei Prozent.

Die Trainer-Gemeinschaft ist in ihrer Organisation stabiler besetzt als der DFB mit seinen zehn Bundestrainern bis Joachim Löw in acht Jahrzehnten der Nationalmannschaft. Nur drei Vorsitzende standen bisher an der GFT-Spitze: Auf die zwölf Jahre von Gründer Luschner und ein Jahrzehnt Gerd Reindl, das in den vergangenen drei Jahren verstorbene Ehrenvorsitzenden-Duo, folgte von 8. April 1989 bis heute Ernst Jäckl. Der 64-jährige Maxhütter und Personalratsvorsitzende am Amtsgericht in Regensburg, der mit Hans Dammer einen GFT-Geschäftsführer an seiner Seite hat, der sogar schon 40 Jahre tätig ist, hatte früh und ohne Zwang seine aktive Fußballerzeit beendet, um Trainer zu werden. Mit Spielertrainern kann er übrigens nur wenig anfangen. „Das sehe ich ganz kritisch. Du musst das Spiel von außen sehen.“ Genauso früh („Mit 47, 48“) beendete Jäckl nach Stationen in Maxhütte, Katzdorf, Klardorf, Pielenhofen, Ramspau und Linde Schwandorf auch das Coach-Dasein. „Der Bezug zum Fußball über die Trainer-Gemeinschaft hat mir gereicht.“

Grünwald platzte aus allen Nähten

Nach Jäckls Recherchen ist das bayerische Netz der Trainer-Vereinigungen in Deutschland einmalig. „Der damalige Verbandstrainer Horst Stürze, inzwischen 94 Jahre alt, hat gemerkt, dass die Fortbildung in der damaligen Sportschule Grünwald allein nicht mehr durchgeführt werden kann und hat gefragt, ob die Gemeinschaften das dezentral organisieren können.“ Sie konnten und sorgen bis heute zwar in Abstimmung mit dem BFV, aber nach wie vor als eigenständige Organisationen dafür, dass Fußballtrainer die in drei Jahren zum Erhalt der Trainerlizenz notwendigen 20 Stunden der Fortbildung absolvieren können und führen jährlich auch die Eignungstests für B-Lizenzbewerber durch, bei dem die zur Zulassung notwendigen praktischen Fähigkeiten überprüft werden.

Über all die Jahre sorgten dafür rund 120 Referenten aus allen Betätigungsfeldern in und um den Fußball herum. „Da waren DFB-Trainer, Bundesligaspieler und Uefa-Schiedsrichter genauso dabei wie Buchautoren, Rechtsanwälte, Manager und Physiotherapeuten“, blickt Ernst Jäckl auf eine lange Liste, auf der auch, aber nicht nur prominente Namen wie Klaus Eder, Dettmar Cramer, Lorenz-Günther Köstner oder Markus Weinzierl stehen. Nicht immer war ein prominenter Name der Garant für große Vorträge. Der knorrige Löwen-Trainer Werner Lorant etwa ließ die versammelte Trainerschar ewig warten und hinterließ nach seinem Referat Fragezeichen in den Gesichtern der anwesenden Trainer. „Er hat morgens angerufen und wollte absagen, weil er kein Auto habe“, erzählt Jäckl, „hat aber dann doch eines bekommen.“ Auch Oscar Corrochano verpasste mit einem Mini-Referat die Chance als damals neuer Jahn-Trainer, sich positiv bei den Oberpfälzer Trainer-Multiplikatoren ins Bild zu setzen. „Er hatte uns sehr wenig zu sagen“, trifft Jäckl den Nagel auf den Kopf.

Für erinnerungswürdige Montagabende (Jäckl: „Früher war es mal der Samstag. Da mussten aber dann viele zu Spielen weg“) spielte aber nicht immer ausschließlich vertiefendes Wissen über Muskeln, Paragrafen und Spielsysteme sein, um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben. Das berühmte Nähkästchen taugt bei profunder Befüllung selbstredend genauso zur Fortbildung wie der einstige Bundesligatrainer Lorenz-Günther Köstner oder vor allem DFB-Chefankläger Toni Nachreiner bewiesen, von dessen „hintergründigem Witz“ in den Anekdoten Ernst Jäckl noch immer schwärmt.

Einer brachte Trikots mit

Mancher Referent verzichtete sogar auf den üblichen kleinen Obulus – im Gegenteil: „Ein Egon Coordes (u. a. früher Co-Trainer bei Bayern München unter Udo Lattek und Jupp Heynckes, d. Red.) brachte sogar eine Garnitur Trikots und 15 Bälle mit“, erzählt Jäckl. Und der ehemalige Bundesliga-Torwart und DFB-Nachwuchstrainer Jörg Daniel war „einer der Besten, die ich gehört habe“. Im bayernweiten Vergleich steht die Oberpfalz als der kleinste Bezirk übrigens gut da – und ist in einem Punkt sogar Spitzenreiter, ohne dass Ernst Jäckl eine rechte Begründung dafür hat. „Wir haben den besten Zulauf von allen. Bei unseren Tagungen sind immer um die 200 Teilnehmer“, freut sich Jäckl. „Selbst Oberbayern, das an die 1000 Mitglieder hat, kommt nur auf 150, 160.“ Die wenigsten Mitglieder haben übrigens die Schwaben mit um die 500.

Der Gründungsort Schwandorf blieb über die Jahrzehnte – mit ein paar Kilometern der Abweichung nach Schwarzenfeld oder Wackersdorf – der von allen Seiten gleich gut erreichbare Fortbildungsort, nachdem die Fußballtrainer zu Beginn ihrer Geschichte durch die einzelnen Kreise vagabundiert waren. Jetzt hat Ernst Jäckl dank der großzügigen Unterstützung der Stadt Schwandorf mit dem Sepp-Simon-Stadion und der Oberpfalzhalle bestens geeignete Anlagen gefunden. Jäckl hofft, dass die letzten Probleme in Wackersdorf („Da haben zum Schluss viele nichts mehr gesehen und gehört“) damit „für lange, lange Zeit“ erledigt haben. Ob sich der Sinn und Zweck der Trainer-Gemeinschaft irgendwann einmal erledigt? Ernst Jäckl überlegt. „Kann ich mir nicht vorstellen. Den persönlichen Kontakt braucht’s doch“, sagt er. „Denn um die Unterhaltung untereinander geht es bei uns schon auch. Viele kommen einfach nur zum Quasseln miteinander.“

Na denn: Auf das 75-Jährige 2042.

Aufrufe: 015.6.2017, 19:00 Uhr
Claus-Dieter Wotruba, MZAutor