2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait
Mohammed "Bella" Amiq spielte zehn Jahre in der Seestadt für Bremerhaven 93 und dem OSC Bremerhaven. Foto: NZ-Archiv
Mohammed "Bella" Amiq spielte zehn Jahre in der Seestadt für Bremerhaven 93 und dem OSC Bremerhaven. Foto: NZ-Archiv

Weltenbummler "Bella" Amiq ist nun Berater

Bremerhavens Ex-Torjäger aus Zweitligazeiten in der FuPa-Story

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Der zu Bremerhavener Zweitliga-Zeiten als „Schwarze Perle“ bekannte Marokkaner ist dem Sport verbunden geblieben. Es gibt keinen Tag, an dem sich Amiq nicht mit der beliebtesten Nebenbeschäftigung der Welt beschäftigt: Fußball und Tennis bestimmen heute noch das sportive Leben des am 7. Juli 1949 in 158. Rue Casa Blanca Temara (Marokko) geborenen Fußballers, der noch die besseren Zeiten im Seestadtfußball erlebt und von 1972 bis 1982 mitbestimmt hat. Beruflich hat der ehemalige Topstürmer eine Spielerberatungs-Agentur (CFM) gegründet - immer auf der Suche nach talentierten Nachwuchskräften in der Region. Damals war er einer der Stars in Bremerhaven – seinen Abschied aus der Seestadt hatte sich Amiq nach Querelen mit dem damaligen Trainer Egon Coordes - Ex-Profi bei Werder Bremen und dem VfB Stuttgart und späterer Bundesligatrainer beim Hamburger SV, VfB Stuttgart oder Hannover 96 – aber anders vorgestellt.

Aber das ist lange her und Schnee von gestern. Amiq, zwischenzeitlich selbst Trainer, bezeichnet sich selbst als „harten Hund“. „Als Trainer war ich nie beliebt. Aber nach den Trennungen haben die Vereine meistens gejammert“, sagt der fünffache Opa, der 1963 in Marokko beim SC Taxi Rabat seine Fußballerkarriere begann und seitdem von der beliebtesten Ballsportart infiziert ist. Bevor der Mittelfeldspieler zum „legendären“ TuS Bremerhaven 93 auf den Zolli wechselte, kickte Amiq bei Union Sport Rabat in der ersten marokkanischen Division.

Von Marokko nach Bremerhaven

1972 wechselte Amiq zum TuS Bremerhaven 93, dessen größter Erfolg bis dahin die Teilnahme an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft 1955 war, in der der Club gegen die Kickers Offenbach, Wormatia Worms und Rot-Weiß Essen spielte. Bremerhaven 93 war eine echte „Hausnummer“ auf der Fußballlandkarte in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Danach verblasste der Ruhm etwas – bis sich die 93er mit „Bella“ Amiq im Mittelfeld in der Saison 1976/77 den Aufstieg in die Zweite Bundesliga sicherte. Vor 7200 Zuschauern bestritt die Mannschaft dann als OSC Bremerhaven – 1974 waren sämtliche Spieler vom insolventen TuS Bremerhaven 93 mit Ausnahme der ersten Mannschaft zum OSC übergetreten. Die Profi-Mannschaft folgte nach dem Zweitliga-Aufstieg - im nagelneuen Nordsee-Stadion ihr erstes Zweitliga-Spiel und verlor mit 0:3 gegen Arminia Bielefeld. An der Seitenlinie stand der gebürtige Wesermünder (heute Bremerhaven) und Bremerhaven 93-Eigengewächs Egon Coordes. Ein Jahr später stieg der OSC Bremerhaven aus der Zweiten Bundesliga ab, sicherte sich aber den sofortigen Wiederaufstieg und stieg dann erneut ab. Immer mittendrin: „Bella“ Amiq. Mit dem Bremer Verbandssportlehrer Willi Zander (Leher TS) bildete er damals eines der torgefährlichsten Angriffsduos der Zweiten Liga.

Amiq, der in Bremerhaven zum Publikumsliebling anvancierte, erlebte bis 1981 aufregende Jahre. Unvergessen bleibt sein einziger Platzverweis bei Fortuna Köln beim 0:5 in der 18. Spielminute am 18. August 1979, als Schiedsrichter Brückner aus Berlin den Torjäger nach einem rüden Foul an Mödrath vom Platz stellte und er für vier Wochen gesperrt wurde. Danach titelten die Gazetten: „Rot für Amiq – da sah Bremerhaven schwarz“ oder „Was ist nur mit Bella Amiq los?“. Amiq kann sich noch genau an die Szene erinnern: „So rüde, wie es die Zeitungen dargestellt hatten, war das Foul nicht. Ich war einfach eine halbe Sekunde zu spät im Zweikampf“, sagt der zweifache Familienvater, der in der OSC-Zeit parallel an seiner Trainerkarriere bastelte und die Ausbildung zum Fußball-Lehrer 1981 an der Sporthochschule in Köln erfolgreich abschloss. Seinen Abschied aus Bremerhaven hätte der beliebte Angreifer nach 66 Zweitligaspielen 1982 gerne anders gestaltet. Im Verein war man nicht sonderlich erbaut darüber, dass der torgefährliche Offensivspieler gemeinsam mit Mitspieler Andreas Waller zum SV Wilhelmshaven wechselte. Heute ist „Bellas“ Verhältnis zu Ex-Trainer Egon Coordes aber gut. Amiq und Coordes spielen relegmäßig gemeinsam Tennis.

Nach der WM 1982 in Spanien zurück nach Marokko

1982 ging Bella Amiq für zwei Jahre als Trainer nach Marokko zurück. Zunächst als Coach bei Union Sport Rabat (1. Division), wo er von 1967 bis 1972 selbst in der ersten Division gespielt hatte. Ein Jahr später heuerte Amiq, der einst auch für die marokkanische B-Nationalmannschaft aufgelaufen ist, bei Tihad de Tanger Marokko an, bevor es für zwölf Jahre zurück in die Seestadt ging. Trainerstationen beim SC Sparta, OSC Bremerhaven und VfB Lehe/FC Bremerhaven folgten. „Ich hatte ein bisschen Angst, Trainer in Deutschland zu werden, genau wie zwölf Jahre zuvor, als es darum ging, als Farbiger aus der dritten Welt in Deutschland Fußball zu spielen“, blickt der einstige Torjäger zurück, der in der Saison 1973/74 für Bremerhaven 93 stolze 31 Buden schoss.

Amiq hat auch ein Auge für die kleineren Bälle

Den jüngeren Menschen aus der Region, die die Bremerhavener Zweitliga-Zeit nicht miterlebt haben, ist der Name Amiq in Verbindung mit einer anderen Sportart geläufig: Ab 1985 baute sich der heute 64-Jährige mit dem Erwerb der Tennis-Lizenzen C und B seine zweite Existenz auf. Bis 1996 war er parallel als Tennislehrer im Raum Bremerhaven/Bremen aktiv, in den vergangenen Jahren beim BTV Bremerhaven, Schwarz-Weiß Cuxhaven und TV Bexhövede.

Doch auch dem Fußball blieb er treu: 1996 zog es ihn für ein Jahr zum Regionalligisten SV Wilhelmshaven an den Jadebusen, von 1997 bis 99 war er verantwortlicher Coach beim Blumenthaler SV und 2007 und 2009 fügte er seiner Vita kurze Aufenthalte als Trainer beim FC Oberneuland hinzu.

Dann klopfte Al Nasr. Club Dubai bei Amiq an, wo er zur Jahrtausendwende aktiv war, bevor er 2001 seinen größten Erfolg im Emirat Kuwait in Vorderasien feierte. „Wir sind dort nach 22 Jahren in der Super-Leaque Meister geworden“, sagt Amiq, der gerne einmal die Seele baumeln lässt und in Bremerhaven bei seinem ehemaligen Spieler Jusuf Memisahovic in der Hafenstraße gegenüber der Pauluskirche ein Eis schleckert und in Erinnerungen schwelgt. Ob der Torjäger von einst auch mit dem Golfschläger umgehen kann, jetzt wo er zu den Fußball-Senioren zählt? Amiq überlegt kurz. „Nein. Ich habe es einmal während meiner Zeit in Wilhelmshaven versucht. Ich erinnere mich genau. Mein bester Schlag war 5,50 Meter weit. Einige meiner Spieler haben den Golfball über 100 Meter weit geschlagen.“

Sport ist und bleibt sein Leben. Der jung gebliebene Mohammed Bellarbi Amiq, der früher jeden Morgen um 6 Uhr gejoggt ist, hat im November 2012 die Vereinsmanager-Lizenz nach einjähriger Ausbildung beim Landessportbund Bremen erfolgreich abgeschlossen. Seit zwei Jahren bereitet sich der in Bremerhaven lebende Fußballer-Lehrer und Spielerberater intensiv auf seine nächste Aufgabe vor. Seit gut einem Jahr sieht man Amiq, der neben Deutsch und Arabisch auch Französisch spricht, wieder regelmäßig auf den Fußballplätzen bei der U19-Regionalligamannschaft des JFV Bremerhaven oder beim Bremenligisten FC Sparta.

Ab den 1. Juni 2015 will sich das CFM (Carlos Football Management) mit „Chief-Scout“ „Bella“ Amiq in Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei Werk & Wurtz um talentierte Nachwuchskicker kümmern, sie beraten und begleiten. „Unser Ziel ist es, junge Talente erst einmal in die Regionalliga zu bringen. Wir bieten unter anderem rechtliche Beratungen und medizinische Betreuungen an. Besonders bei Transfers spielen diese beiden Dinge eine ganz wichtige Rolle“, betont Amiq, der dem Sport noch möglichst lange erhalten bleiben will.

(Mehr Infos unter: www.c-fm.de ).

Fotos: Volker Schmidt. Zeitungsdokumentationen: Andreas Waller.

Aufrufe: 029.4.2015, 09:58 Uhr
FuPa Lüneburg / Volker SchmidtAutor