2024-04-24T13:20:38.835Z

Ratgeber Medizin
F: Wolfgang Zink
F: Wolfgang Zink

Warum Fußballer O-Beine haben...

"Gesundheit im Fußball" - Teil 4: Muskuläre Dysbalancen

Bei den Profis wird besonders darauf geachtet sie zu verhindern, denn wenn sie auftreten bekommt ihr es nicht nur mit Krämpfen, Zerrungen und Schmerzen zu tun, sondern auch mit vielfältigen Problemen im Zusammenspiel von Muskeln, Gelenken, Bändern und Gewebe. Im 4. Teil unserer Reihe „Gesundheit im Fußball“ behandeln wir das Thema "Muskuläre Dysbalancen".

Grundlagen

Um eine Bewegung ausführen zu können, ist ein Zusammenspiel gegensätzlich wirkender Muskeln erforderlich. Jede Eurer Bewegungen ist also Ergebnis von der Zusammenarbeit des Hauptbewegungsmuskels (Agonisten), der die eigentliche Bewegung ausführt, mit dem Antagonisten, der für die Bewegung in Gegenrichtung verantwortlich ist. Der Antagonist bremst quasi den Agonisten und dosiert so seine Kraft.

Beispiele:

Agonisten ("Spieler") Antagonisten ("Gegenspieler") Brustmuskulatur (M. pectoralis) Rückenmuskulatur (M. teres major, M. deltoideus) Armbeuger (M. biceps brachii) Armstrecker (M. triceps brachii) Beinstrecker (M. quadriceps femoris) Beinbeuger (M. biceps femoris)

Beugt beispielsweise der Bizeps des Oberarms den Unterarm im Ellenbogen, so wird der Trizeps entspannt. Soll der Unterarm nun wieder zurück in eine gerade Position gebracht werden, spannt sich der Trizeps an und der Bizeps wird entspannt.

Viele Bewegungen erfordern eine Teamarbeit mehrerer Muskeln, die in die gleiche Richtung arbeiten. Diese Muskelgruppen nennt man Synergisten. Ein Beispiel: die Gruppe der Bauchmuskeln.

Ganz wichtig für die Trainingsgestaltung ist, dass Agonisten und Antagonisten gleichmäßig gefordert und trainiert werden. Die häufig auftretenden Verletzungen der Oberschenkelhinterseite sind bei Fußballern auf ein Ungleichgewicht im Training zurückzuführen. Oberschenkelstrecker und -beuger werden ungleichmäßig belastet (Folge --> muskuläre Dysbalance).

Warum Fußballer O- Beine haben...

Muskuläre Dysbalancen sind das Problem von vielen Sportlern und besonders Fußballern. Sie charakterisiert, dass Muskelspieler (Agonist) und Muskelgegenspieler (Antagonist) im Ungleichgewicht sind und ihre Zusammenarbeit nicht gut aufeinander abgestimmt ist.
Hervorgerufen werden sie durch:

  • einseitige Belastung einer bestimmten Muskelgruppe
  • Vernachlässigung der Dehnungsfähigkeit der Muskeln
  • zu kurze Regenerationszeiten
  • falsche Bewegungsausführung/ Haltung

Das Thema O- Beine ist besonders für junge Fußballspieler relevant: Der sich noch im Wachstum befindende Nachwuchskicker trainiert ausdauernd, spielt unzählige Schüsse und Pässe mit der Innenseite des Fußes, um den Ball möglichst gut kontrollieren zu lernen und am Körper führen zu können. Was sich dabei einstellt ist ein Ungleichgewicht zwischen der Ab- und Anspreizmuskulatur (Add- und Abduktoren) im Oberschenkel. Besonders die Anspreizmuskeln auf der Innenseite des Oberschenkels werden beansprucht und werden entsprechend kräftiger. Sie straffen sich wie ein Gummiband und ziehen das Bein zur Mitte des Körpers. Gegen das Wachstum entsteht ein muskulärer Widerstand, wodurch die Innenseite des Beins schließlich langsamer wächst als die Außenseite. Forscher vermuten, dass Kevin Prince Boateng und Pierre Littbarski auf diese Weise ihre O-Beine bekommen haben. Die Fehlstellung stellt eine Dauerbelastung für das Knie dar, die Beinachse krümmt sich nach außen. Littbarski hat unter dem verfrühten Gelenkverschleiß noch heute zu leiden. Ihm fehlt der Meniskusknorpel, was letztendlich 2012 dazu führte, dass er sich einer OP unterziehen musste.

Es empfiehlt sich daher, ganz besonders im Wachstum, ein Ausgleichstraining! In diesem sollen die Gegenspieler der entsprechend stark geforderten Muskelpartien, im Fall des Oberschenkels die Abduktoren an der Beinaußenseite gekräftigt werden.

Es ist empfehlenswert, zeitig ausgewogene Kraft- und Koordinationsübungen in Euren Trainingsalltag zu integrieren, damit sie von Euch automatisiert und richtig ausgeführt werden.

In Medizin, Physiotherapie und im Sport gelten muskuläre Dysbalancen als Hauptursache für Verletzungen und Funktionsstörungen des Skeletts

Die Kräfte, die unserer Körper bei Bewegungen aufbringen muss werden durch muskuläre Ungleichgewichte auf den gesamten Körper ungünstig verteilt. Muskelpartien, die sowieso schon kräftig ausgeprägt sind, werden dadurch bevorzugt benutzt und automatisch immer weiter aufgebaut. Letztendlich besteht die Gefahr, dass sich ein Muskel nicht mehr mit seinem zugehörigen Gelenk versteht. Dann kommt es zu einer gestörten Muskel- Gelenk- Beziehung („Arthromuskulären Dysbalance“). Diese führt zur Abnutzung des Gelenks, zu schmerzhaften Muskelverspannungen, Überlastung der Sehnen und zu muskulären Koordinations- und Funktionsstörungen bei Bewegungen.

Was lässt sich tun?

Eure Trainer und Physiotherapeuten sind gefragt, Übungen in Euren Trainingsalltag einzubauen, die speziell auf diese Probleme abzielen. Werden einige ausgewogene Übungen bewusst zu jeder Trainingseinheit angeboten, werdet ihr schnell merken, dass Euer Körper ganzheitlicher und flüssiger arbeitet und seine Leistung ohne zusätzliche Anstrengung bringen kann. Der Muskelapparat lernt sich quasi blind aufeinander zu verlassen.

Um eine Muskelbalance herzustellen, ist ein adäquates, aus Krafttraining und Dehnung bestehendes Trainingsprogramm, notwendig.

Vorschlag unseres Gesundheits- und Fitnessexperten

Wir fragten Nico Beator was er als Experte den Spielern bzw. den Trainern für das Fußballtraining rät, seine Antwort: „Muskuläre Dysbalancen entstehen zum Einem aufgrund einseitiger Belastungen und zum Anderen aufgrund zu schwacher Muskulatur. Es ist wichtig zu beachten, den Bewegungsapparat immer agonistisch und antagonistisch zu trainieren. Wenn zum Beispiel Liegestütze für die Brust- und Armstreckmuskulatur gemacht werden, müssen auch zum Beispiel Klimmzüge für die antagonistische Rücken- und Armbeugemuskulatur gemacht werden. Intensitäten der Übungen sollten von Zeit zu Zeit gesteigert werden. Für die Oberschenkelmuskulatur halte ich zum Beispiel folgende Steigerung für sinnvoll: Kniebeuge, einbeinige Kniebeuge und Kniebeuge mit Partner auf dem Rücken. So findet eine effektive Kräftigung statt.“

Werft bezüglich der Vorbeugung von Muskelproblemen auch unbedingt einen Blick in das Programm FIFA 11+!

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Aufrufe: 027.8.2014, 13:28 Uhr
Carolin WengelAutor