2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Alexander Fischer

Vorsicht im Umgang mit den Vorsichtigen

KOMMENTAR: +++ Im nachvollziehbaren Ärger der in der Luft hängenden Vereine geht unter: Das Virus, nicht die Funktionäre ist weiterhin das Problem +++

Kicker, Zuschauer, Journalisten, Platzwarte, Kinder, Kreidestücke: Wir wollen alle möglichst schnell wieder zurück auf den Rasen und wünschen uns den Normalzustand herbei. Es ist ernüchternd und frustrierend, dass man nicht nur zur Pause gezwungen ist, sondern auch nicht genau weiß, ob und wie es weitergeht, mit allem, was an diesen Entscheidungen hängt: Aufstiege, Abstiege, Transfers, Geld in der Vereinskasse, Team-Zusammenhalt, Geselligkeit und so weiter. Heute soll ein Blick auf die Kreisfußballwarte und ihre "Entscheider"-Kollegen geworfen werden. Denn der verständliche Frust landet zu oft im falschen Kanal.

Vorab: Ja, natürlich spielen auch wir von FuPa oder die anderen Sportjournalistenkollegen in dieser Geschichte eine Rolle. Unsere Aufgabe ist es, möglichst gut und neutral zu informieren, auch mal (wie hier) zu kommentieren, Meinungen zu sammeln und diese einordnend (aber nicht manipulativ!) zu präsentieren. Erst gestern haben wir etwa vermeldet, dass die endgültige Entscheidung im juristisch haltbaren Sinn nun wohl erst für den 30. Mai zu erwarten ist. Und es war nicht die erste Meldung, dass sich die Entscheidung noch ziehen wird. Aber "erst", was heißt das? "Erst" nicht, weil die Kreisfußballwarte uns seit Wochen kommunizieren würden, es sei nur noch eine Sache von Tagen - haben sie nicht! - sondern weil wir alle immer auf schnelle Lösungen hoffen. Wir sehen, wie flott es im Handball oder Tischtennis ging, oder wir lesen, dass die Sachsen oder Südwestler abbrechen. "Warum dauert das hier nur so lange?" Die Ungeduld steigt und steigt.

Und das ist mehr als nachvollziehbar. Doch was ist im Fußball los? Liegen die Kreisfußballwarte auf der faulen Haut, oder verbocken sie einen Beschluss nach dem anderen, dass erst jetzt langsam die Entscheidnungen kommen oder abzusehen sind? Mitnichten!

Erst einmal muss man wissen, dass die KFWs ganz unterschiedlich in de Entscheidungsabläufe im HFV eingebunden sind, da mancher neben dem klassischen Amt auch andere Funktionen im Verband wahrnimmt. Seit die unübersichtliche Corona-Krise im Gange ist, bemühen sich die entsprechenden Personen wie Jörg Hinterseher (Büdingen), Henry Mohr (Gießen), Martin Seidel (Dillenburg), Thorsten Bastian (Friedberg) und Co. unabhängig von ihrer genauen Rolle unablässig, Klarheit in die Corona-Verordnungsnebelsuppe zu bringen. Teils medial etwas häufiger, teils zurückhaltender. Und bei 13 mittelhessischen Fußballkreisen ist es klar, dass es je nach Person zu leicht abweichenden Prognosen oder Einschätzungen kommt. Das ist normal, aber nicht Kern des aktuellen Problems, da wie erwähnt niemals eine schnelle Lösung angekündigt wurde. Der Gelnhäuser Frank Iling bat sogar öffentlich in einem Brief um Geduld. Da zwar jeder momentan mitreden will, man aber nicht so leicht den Hammer fallen lassen kann. Da unterscheiden sich im Übrigen auch die Satzungen der Landesverbände teils nicht unbeträchtlich.

Im Zuge des gestern öffentlich gewordenen weiteren Briefs an A-Jugendtrainer inklusive teils absurd anmutender Empfehlungen für einen bald wieder möglichen Trainingsbetrieb gerieten unsere Verbandansprechpartner wie zuletzt öfters unter verbalen Beschuss. Zum Glück weiterhin nur indirekt. Als realitätsfern und mit noch deutlich härteren Worten wurden die zu treffenden Maßnahmen bezeichnet. Was die Realitätsferne angeht - wohl in allen Augen zurecht. Unter den genannten Bedingungen ist ein "normales" Traning einfach nicht vorstellbar, teilweise muss man bei der Lektüre der Maßnahmen laut auflachen. Aber sind deshalb auch die Ersteller der Auflagen "saublöd, bescheuert, unfassbar dumm" und so weiter? Nein!

Warum wird so etwas dann erstellt und veröffentlicht? Man darf bei allem Ärger nicht den Hintergrund solcher Kataloge vergessen: Trainingsbetrieb wird grundsätzlich (!) erlaubt, das ist toll und lässt alle jubeln, doch die Bestimmungen dafür sind streng und der Fußball als Kontaktsportart (aber draußen) hat da im Vergleich zu anderen Sportarten wie Tennis (kein Kontakt) oder Handball (drinnen, eh undenkbar) eine unangenehme Hybridfunktion inne. Einfach ist also anders. Da würde wohl keiner von uns, ob Journalist, Spieler oder Bratwurstchef, gerne eine Regel-Übersicht erstellen. Da kann es nur Spott und Überreaktionen geben, aber gleichzeitig erwartet die Szene ja auch konkrete Ankündigungen, was denn nun wieder möglich ist nach den Bekanntgaben der Regierung.

Fakt ist aber leider: Wir müssen uns einfach weiter gedulden. Die Kreisfußballwarte und ihre ehrenamtlichen "Entscheider"-Kollegen müssen gleichzeitig höchste Vorsicht walten lassen. Nicht nur für sich selbst, sondern auch mit Blick auf ihre "Kinder", die Vereine, die sich ohne Kenntnis aktueller Bundes-empfehlungen oder konkreter Vorgaben auch auf heikles Terrain begeben könnten, wenn sie diesen nicht nachkommen. Dabei kann aktuell kommunikativ nur Unbefriedigendes rauskommen. Das wissen die Verfasser solcher Info-Blätter auch. Und das frustriert sie sicherlich am allermeisten. Da haben sie in der ohnehin aktuell schweren Zeit die berühmte Arschkarte gezogen, das muss man wohl unabhängig von sonstigen Erlässen von weiter oben (unterstützt der Verband genug, warum setzt der DFB Fördertrainern Geld aus usw.) einfach lokal gaz klar so feststellen. Denn es wird immer Verlierer geben, egal, wie die große Saisonabschlussentscheidung am Ende ausfällt. Sportlich sowieso, und juristisch wünscht man sich da natürlich erst recht keine Benachteiligten.

Das Virus, und nicht der HFV gibt den Takt vor, und wir können alle nur zuschauen und versuchen, etwas zu antizipieren. Dass KFWs und Co. sich da genügend Zeit nehmen möchten, um am Ende möglichst wenige Verlierer im Topf zu haben und juristisch abgesichert zu sein - das sollte man ihnen zugestehen, auch wenn es innerlich noch so brodelt und man nicht mehr nur gefühlt seit Monaten in der Luft hängt

Was heißt das jetzt? Keine Berichte mehr über Verzögerungen, über das gesamtgesellschaftliche Chaos im Sport, und keine Kritik mehr erlaubt? Doch, natürlich. So wie es unsere Pflicht ist, zu berichten, was passiert, oder wie es die Pflicht von KFWs und Co. ist, sich gemeinsam um eine Lösung zu bemühen, ist es euer gutes und wichtiges Recht, Abläufe zu kommentieren. Das ist als Stimmungsbild ja auch unabdinglich für alle Entscheider. Aber macht euch nochmals bewusst: Dass wir in dieser Situation sitzen, ist Schuld einer tückischen und weiterhin nicht in allen Punkten erforschten Krankheit, und manchmal ist es besser, wenn sich Entscheidungen noch so ermüdend ziehen, damit es hinterher möglichst wenig Verlierer gibt. Und manchmal sind veröffentlichte Vorgaben, so blöd sie erscheinen mögen, trotzdem enorm wichtig. Der Ton macht also mal wieder die Musik. Wir sollten die KFWs und Co nicht verbal dafür abstrafen, dass sie sich Zeit nehmen, kuriose Konzepte erarbeiten müssen oder sich absichern wollen. Kritisch bleiben: Ja! Hinterfragen und Schwachpunkte benennen: Auf jeden Fall! Aber in der Wut auf Covid 19 dran denken: Vorsicht mit den Vorsichtigen!

Aufrufe: 08.5.2020, 09:49 Uhr
Dennis BellofAutor