2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
So berichtete die Ð am Montag, 18. Mai 1992, einen  Tag nach dem Spiel in Meppen, über den knapp verpassten Bundesliga-Aufstieg der Oldenburger. Ulf Middendorf
So berichtete die Ð am Montag, 18. Mai 1992, einen Tag nach dem Spiel in Meppen, über den knapp verpassten Bundesliga-Aufstieg der Oldenburger. Ulf Middendorf

Vor 25 Jahren fehlte ein Tor zum Aufstieg

Es war eine verwegene Vision, die Fußballfans am 17. Mai 1992 auf einem Banner im Meppener Stadion kundtaten: "VfB Oldenburg Deutscher Meister ...
1993!"

25 Jahre später, real zwei und gefühlt vier Spielklassen tiefer, kann man sich nicht mehr vorstellen, dass das möglich gewesen wäre. Dem VfB fehlte damals ein Tor zum Aufstieg in die Bundesliga. Und wer dort spielt, kann auch Meister werden wie Kaiserslautern 1998 als Aufsteiger. Aber die Oldenburger sind eben damals nicht der 43. Bundesligist seit 1963 geworden.

Das mit dem einen Tor muss erklärt werden. Der FC St. Pauli hätte es gleichzeitig am letzten Spieltag im Wilhelm-Koch-Stadion gegen Bayer Uerdingen schießen müssen (siehe Infokasten). Doch Uerdingens Torwart Bernd Dreher hielt einfach alles. Das 0:0 reichte den Krefeldern zur Bundesliga-Rückkehr.

Aufgeregt meldete sich unser Hamburger Mitarbeiter Manfred Heun in der Redaktion: "Das könnt ihr euch nicht vorstellen! Alle Hamburger Fans haben pausenlos ,Oldenburg, Oldenburg skandiert. Die wollten nicht, dass Uerdingen aufsteigt!"

Die Sprechchöre in Meppen stimmten 8000 Oldenburger an. Sie waren den 4000 Einheimischen haushoch überlegen. Tage vorher war davor gewarnt worden, am 17. Mai die B 401 zu nutzen, es sei denn, "man wolle unbedingt nach Meppen". Für Stunden wälzten sich Oldenburger Wagenkolonnen über die Küstenkanalstraße. Bei der Rückfahrt wurden allerdings weniger Hupen betätigt.

Die Mannschaft musste mit zwei Toren gewinnen. Carsten Linke schoss das 1:0 (14. Minute), Mathias Jack das 2:0 (50.). Noch heute sehe ich "Jacki" zum Solo übers ganze Feld losziehen. Einen ähnlich weiten Sprint legte später Jörg Wawrzyniak hin nach dem Schlusspfiff. Zwei, drei Minuten, die sich anfühlten wie eine Ewigkeit, lag so etwas wie hektisches Grummeln und Raunen über dem Platz. Dann rief jemand: "Ende auf Pauli, 0:0 geblieben" zu den Spielern. Worauf Libero "Waffel" stracks enttäuscht in die Kabine flüchtete.

Noch auf dem Feld wurde die Mannschaft trotzdem von den Fans gefeiert. Ihre Stärke hatte im Zusammenhalt vieler unterschiedlicher Typen bestanden. Trainer Wolfgang Sidka (er bestritt selbst noch fünf Spiele in jener Saison) hatte zudem extrem an den spielerischen Verbesserungen gearbeitet. "Und mit kämpferischer Einstellung haben wir diese neue Stärke auch durchgesetzt", resümierte er.

Vor der Saison hatte der VfB-Trainer die Stärken und Schwächen der zwölf Vereine fast seherisch eingeschätzt, hatte vor Außenseitern wie Stahl Brandenburg gewarnt - und "Uerdingen vielleicht um das entscheidende Quäntchen besser als die anderen" bewertet.

Tja, dann wurde ausgerechnet Brandenburg dem VfB zum Verhängnis. Als im August 1991 im "Stadion der Stahlwerker" der Ball zum 1:0 der Gastgeber über VfB-Torwart Fred Kröger knapp unter der Torlatte einschlug, unkte ich zu meinem Nachbarn: "Wenn uns diese Punkte von heute mal nicht am Ende fehlen!" Zum Klassenerhalt das hatte ich damals in der Normalrunde noch gemeint. Auch am Marschweg schaffte der VfB nur ein deprimierendes 0:0 gegen den einstigen DDR-Oberligisten und späteren Absteiger.

Viel wurde nach dem Finale darüber gesprochen, dass es nun gelte, den VfB im oberen Profifußball zu etablieren. Bei aller Euphorie über die sensationelle Saison taten sich auch Stimmungslöcher auf. "Sportsfreund Männe" etwa, unsere damalige Kultfigur mit eigener Kolumne, unkte, dass nach solchen Erfolgen oft entscheidende Fehler gemacht würden: "Da sind viele Vereine abgestürzt. Mal sehen, wie das bei uns wird..."

Tatsächlich passierten irreparable Fehler. Etwa jener, den überragenden Torwart Rainer Brauer durch den von Manager Rudi Assauer geholten Andreas Nofz zu ersetzen. Dem Zugang aus Berlin unterliefen entscheidende Patzer. Als Sidka dann Brauer ins Tor zurückholte, wirkte der nur noch verunsichert. Den grauen Alltag in der neuen eingleisigen Mammutliga mit 24 Vereinen meisterte der VfB nicht. Als Werner Fuchs spät Sidka als Trainer ablöste, war der VfB längst in der morastigen Zone der sieben Absteiger versunken.

Nun möge man aber, bitteschön, dem damals grüblerisch gestimmten "Sportsfreund Männe" nicht die Schuld am Niedergang des VfB in die Schuhe schieben.

Aufrufe: 017.5.2017, 10:10 Uhr
Horst HollmannAutor