2024-04-25T14:35:39.956Z

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Vor den Augen der Rassler zeigt Jane Paschen, was sie am Ball kann. Foto: Ketterl
Vor den Augen der Rassler zeigt Jane Paschen, was sie am Ball kann. Foto: Ketterl

Von Öschelbronn über Niefern nach Karlsruhe - und in die Bundesliga

Öschelbronnerin steigt mit der KSC-U17 in die Bundesliga auf

So viele Zuschauer wie noch nie peitschen die Blau-Weißen nach vorne. Die Karlsruher Ultras singen, klatschen, bejubeln die Treffer ihres Teams, entzünden auch Bengalos – und am Ende steht das Double: Pokalsieg und Aufstieg in die Bundesliga.

Welch ein Gefühl für die Akteure auf dem Platz, welch ein Gefühl für die Anhänger des Karlsruher SC. Wovon die Fußballmänner derzeit nicht einmal zu träumen wagen, wurde für die U-17-Frauen im Juni Realität. Meister in der zweithöchsten Spielklasse (Oberliga), Erfolg in den Aufstiegsspielen, dann ein 7:1 im Pokalfinale gegen die eigene U 16. Angeführt wurden die Seriensiegerinnen von einer Öschelbronnerin: Jane Paschen.

„Abwehrturm“ oder auch „Baum“ nennen ihre Mitspielerinnen die 1,70 Meter große Abwehrchefin. Weil die etatmäßige Spielführerin ausfiel, wurde die 17-Jährige zudem zur Kapitänin. „Souverän und zuverlässig“, habe sie die Aufgabe gemeistert, sagt U-17-Trainer Steffen Stadler. Eine ihrer Aufgaben: die Ansprache vor den Spielen. „Als wir im Kreis zusammenstanden, habe ich jedes Spiel – wie in einem Buch – in ein Kapitel eingeteilt“, blickt Jane zurück. Für sie sei das Ziel stets klar gewesen: „Das letzte Kapitel soll mit einem Happy End enden.“

Das tat es. Und wie. Bayern München und der FFC Frankfurt sind zwei der attraktiven Gegner, auf die die B-Juniorinnen in der kommenden Saison treffen. Nicht aber Jane Paschen. Sie wird sich mit einem kleinen Derby gegen den FV Niefern statt einem großen gegen die TSG Hoffenheim zufrieden geben müssen. Da sie zu alt für die U 17 ist und es keine U 19 gibt, läuft sie in der neuen Runde für die KSC-Frauen in der Ober- und Verbandsliga auf.

Ihre Ziele sind andere. Größere. „Ich möchte in der Bundesliga spielen. Und natürlich ist auch die Nationalmannschaft ein Ziel.“ Bei deren EM-Aus hat sie vor dem Fernseher mitgelitten. „Der letzte Funken Motivation scheine gefehlt zu haben, analysiert sie. „Und mMan hat gemerkt, dass die Mannschaft durch die Verlegung völlig aus dem Rhythmus gekommen ist“, analysiert sie. Daher sollten die Verantwortlichen an Nationaltrainerin Steffi Jones festhalten: „Sie kriegt das bis zur WM wieder hin.“

Im Land des amtierenden Weltmeisters möchte Jane ihren nächsten Karriereschritt gehen: Erst das Abi 2018 am Reuchlin-Gymnasium, dann peilt sie ein Sportstipendium an einem US-amerikanischem College an. Dort sei der Frauenfußball weiterhin angesehener als in Deutschland, wo sie auch heute noch Vorurteilen begegne: Will sie bei einem Freizeitkick mitspielen, werde sie schräg angeschaut, müsse sich einige Sprüche anhören – und gebe dann die Antwort mit dem Ball am Fuß: „Nach ein paar Minuten sind es dann die Jungs, die ausgelacht werden, weil sie gegen ein Mädchen verlieren“, sagt sie, lächelt – und wird dann noch einmal ernst. Denn nicht immer reicht das aus: „Damals wurde ich ziemlich übel über Whatsapp beleidigt“, erinnert sie sich an ihre Zeit bei den Jungs der Kickers Pforzheim.Danach spielte sie nur noch beim KSC und nicht mehr mit Zweitspielrecht auf der Wilferdinger Höhe. „Aber irgendwann ganz aufzuhören, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.“

Dass die AC-Mailand-Anhängerin vor rund zwölf Jahren die Liebe zum runden Leder entdeckte, ist ihren älteren Geschwistern zu verdanken: „Meine Schwester hatte ein Plakat der ,Wilden Kerle‘ an der Wand. So cool wollte ich auch sein.“ Zudem habe sie die Fußballschuhe ihres Bruders bewundert. Es folgte eine Laufbahn von Öschelbronn über Niefern bis Karlsruhe, die mit dem Double einen vorläufigen Höhepunkt fand. Ihre Übersicht, Ruhe sowie ihr Stellungsspiel und ihr Zweikampfverhalten lobt Coach Stadler. Und die Schwächen? Da verweisen Trainer und Spielerin nahezu identisch auf die Schnelligkeit.

Geld verdient Jane Paschen mit ihrem Sport trotz der Erfolge noch nicht. Im Gegenteil: Zu Saisonbeginn sei gar diskutiert worden, ob die Spielerinnen ihre Trikots selbst bezahlen sollen. „Bis vor einem halben Jahr wurden wir im Verein fast gar nicht beachtet“, sagt die Abwehrchefin. Als das vorentscheidende Spiel gegen Heidenheim anstand, habe ihre Mannschaft Platz 4 im Wildpark räumen müssen – zugunsten eines Testspiels der U-11-Jungs. „Gespielt haben wir dann in einer besseren Matschpfütze.“

Mit dem Aufstieg ist die Aufmerksamkeit etwas gestiegen. „Und Günter Pilarsky ist ohnehin ein großer Unterstützer“, hebt Jane den Vizepräsidenten hervor. Dieser habe etwa beim Aufstiegsspiel in Fürth (2:0) die Übernachtung bezahlt. Und die Fans machten beim zweiten Aufstiegsspiel gegen Wetzlar (1:1) deutlich, dass sie die U 17 auf dem Schirm haben: 600 Blau-Weiße feuerten da das Team an – und feierten mit ihm den Aufstieg.

Aufrufe: 04.8.2017, 15:15 Uhr
Pforzheimer Zeitung / Simon WalterAutor