2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Frust und Ernüchterung: Holsteins Trainer Karsten Neitzel (re.) und sein Co-Trainer Jan Sandmann haben viel Arbeit vor sich.
Frust und Ernüchterung: Holsteins Trainer Karsten Neitzel (re.) und sein Co-Trainer Jan Sandmann haben viel Arbeit vor sich.

Viel Defensiv-Arbeit für Neitzel

Die Niederlage gegen Osnabrück offenbart erneut Probleme bei Holstein Kiel / Trainer fordert "Stollenschuh- statt Samba-Herangehensweise"

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Zweifellos, wie schon nach dem 2:4 in Chemnitz vor einer Woche und dem 2:2 gegen Köln am Mittwoch, gab es auch positive Erkenntnisse bei Holstein Kiel. Im Mittelpunkt standen die nach dem 2:3 in Osnabrück naturgemäß nicht. ,,Eine sehr gute zweite Hälfte", attestierte Neitzel dem Team nicht zu Unrecht. ,,Aber dafür können wir uns nichts kaufen."

Außer Pluspunkten für die Moral und einige, vor allem die eingewechselten Spieler, blieb von der Aufholjagd wenig hängen. ,,Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass wir zumindest die zweite Hälfte gewinnen wollen", erklärte Maik Kegel. ,,Das haben wir geschafft. Mit Anpfiff stand eine andere Mannschaft auf dem Platz. Am Ende wäre mit etwas Glück sogar ein Punkt noch möglich gewesen."

Der VfL war froh, den Sieg über die Zeit gebracht zu haben. ,,Man hat gesehen, wie stark die Kieler sind. Am Ende hat uns die Luft gefehlt und es war noch sehr eng", befand Osnabrücks Trainer Joe Enochs.

,,Die erste Hälfte haben wir klar verloren, die zweite ging klar an uns", resümierte Holstein-Torschütze Fabian Schnellhardt. ,,Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen. Aber ein 0:3 zur Pause darf eben nicht passieren."

Und da gilt es dann eben auch für die Kieler, den Hebel anzusetzen. ,,Wir haben zum wiederholten Mal Dinge zugelassen, die man nicht zulassen darf, wenn man auswärts etwas mitnehmen will", monierte Neitzel. ,,Wir haben nach dem 1:0 komplett die Ordnung verloren", ärgerte sich Kegel. ,,Das haben die Osnabrücker hart bestraft."

Zu hinterfragen ist dabei alles, vielleicht mit Ausnahme von Torhüter und Außenverteidigern, die an Gegentoren und Niederlage weitgehend schuldlos waren. ,,Wir haben keine Wucht entwickelt, den Gegner nicht unter Druck gesetzt", haderte Neitzel schon mit der Offensive, die nicht die Qualitäten der Vorsaison entwickelt, als dem Gegner selbst der Spielaufbau mit langen Bällen oft sehr schwer gemacht wurde. Zudem fehlte abermals im Defensivzentrum jegliche Abstimmung und entschlossene Zweikampfführung. ,,Das sah in der ersten Hälfte anders aus als in der zweiten", wusste Neitzel. ,,Da ist zu oft einer durchgerutscht."

Die Selbstverständlichkeit fehlt in fast allen Bereichen. Die Zweikampfführung im direkten Duell Mann gegen Mann machte selbst Kapitän Krause deutlich schlechter als in der so glänzenden Rückserie. Den beiden anderen Säulen der zentralen Defensive, Dominik Schmidt und Denis-Danso Weidlich, sind diese Abläufe noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Bleibt dann noch die Hilfe aus vorderen Reihen aus, ergeben sich Löcher und Fehlerketten, wie sie Sonnabend erneut zu sehen waren.

Nach Krauses Verletzung wird die Umsetzung in den kommenden Wochen noch schwieriger. Nicht zu vergessen: Mit den Abgängen von Rafael Kazior, Mikkel Vendelbo und Hauke Wahl sowie der Verletzung von Kenneth Kronholm sind den Kielern bereits zuvor vier Korsettstangen des (Defensiv-) Spiels verloren gegangen. Eine Abkehr von der Ausrichtung mit mutiger, hoher Verteidigung und strikter Manndeckung kommt eigentlich dennoch nicht in Betracht.

Gänzlich andere als die in den vergangenen zwei Jahren erfolgreichen - und in der Rückrunde sogar perfekt umgesetzten - Abläufe würden vermutlich noch einmal Zeit kosten. Zeit, die Neitzel offensichtlich lieber investieren will, um dem vorhandenen Personal jene taktischen Grundmuster so nahe zu bringen, dass eine ähnliche Weiterentwicklung möglich ist wie beim Team des Vorjahres.

Zur Erinnerung: Auch damals hatten die Kieler nach zehn Spielen nur zehn Zähler auf dem Konto, ehe der Aufschwung einsetzte. Im Unterschied dazu hat Holstein bereits jetzt größere Offensivqualität nachgewiesen, was Neitzel zu der Formulierung veranlasste, man müsse nun ,,weniger Ostsee-Brasilianer" sein und statt Samba- öfter die Stollenschuh-Herangehensweise wählen. ,,Erst die Zweikämpfe annehmen, dann Fußball spielen - umgekehrt funktioniert es nicht", erklärte er.

Und nun kommen am Sonnabend auch noch die Stuttgarter Kickers. ,,Die spielen anders", sagte Neitzel. Dem 4-3-3 der Schwaben begegnete Holstein im Vorjahr mit stringenter Manndeckung, die sogar die eigene Grundordnung auflöste und eher ein 3-5-2 entstehen ließ. Einer nicht gefestigten Defensive eine solche Aufgabe zu übertragen, dürfte bestenfalls unter ,,Opferung" eines Offensivmannes umzusetzen sein. Es wird keine leichte Woche für die ,,Störche".

Aufrufe: 031.8.2015, 16:00 Uhr
SHZ / cjeAutor